Arzneimittel-Informationen werden wichtiger Der Wunsch von Patienten, ausführlich über die ihnen verschriebenen Arzneimittel informiert zu werden, wird zunehmend stärker, aber nur die wenigsten Ärzte entsprechen bislang dieser Anforderung und haben ihr Aufklärungsverhalten verändert. Parallel ist die Besuchstätigkeit von Pharma-Referenten bei niedergelassenen Ärzten auf den Arzt und seine Information über die angebotenen Präparate konzentriert. Doch beide Eckpunkte der […]
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Bewegung bei Open Access [akt.]
Was sind die Entwicklungen beim freien Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen (Open Access)?
Open Access Logo | CC0 via Wikimedia designed by PLoS
Open Access meint den freien Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen. Der grösste Teil der Forschung wird öffentlich, also durch Allgemeinheit, bezahlt. Da scheint es geradezu widersinnig, dass das Lesen dieser Publikationen mit grossen Kosten, für Private wie auch für Universitätsbibliotheken, verbunden ist. Es ist im Interesse der Forschung, dass möglichst viele Zugang zu den Erkenntnissen haben und darauf aufbauen können.
Die wissenschaftlichen Zeitschriften versuchen mit aller Kraft das alte auf Papier basierende Modell zu bewahren und weiter zu führen. Dieses garantiert ihnen eine grosse Macht, welche sie durch hohe Gebühren und Kosten finanziell zu ihrem Vorteil ausnutzen, obwohl ihr eigener Anteil an einer wissenschaftlichen Publikation bescheiden ist. Das Internet bringt heute jedoch ganz neue und günstige Möglichkeiten zur Wissensverbreitung, auch von wissenschaftlichen Publikationen.
Prices for online content from two providers have increased by about 145% over the past six years, which far exceeds not only the consumer price index, but also the higher education and the library price indices.
Leider versuchen die Zeitschriftenverlage, das aktuelle Modell nicht nur zu bewahren, sondern andere Entwicklungen auch aktiv zu behindern. Ende letzten Jahres haben die drei grossen Zeitschriftenverlage Elsevier, Thieme und Springer ein Klage gegen die ETH-Bibliothek eingereicht (Ein Bärendienst an der Forschung: Wie Wissenschaftsverlage den freien Zugang zu Informationen zu blockieren versuchen, Neue Zürcher Zeitung, 25. Jan. 2012). Und in den USA versuchen die Wissenschaftsverlage das Gesetz zu ihren Gunsten zu ändern und Open Access einzuschränken.
Mit ihrer Klage wollen die Wissenschaftsverlage eine Regelung des schweizerischen Urheberrechtsgesetzes unterlaufen, die das auszugsweise Kopieren aus Zeitschriften ausdrücklich erlaubt. Diese Regelung ist, im Vergleich etwa zur Situation in Deutschland, wo derartige Kopien verboten sind, ein eindeutiger Standortvorteil für den Forschungsplatz Schweiz.
Was ist die Leistung der Zeitschriftenverlage?
Das Vorgehen der Verlage erstaunt auch deshalb, weil sie in einem rechtlichen Sinne weder die Urheber noch die Qualitätskontrolleure der von ihnen publizierten Arbeiten sind. Der Forschungsförderer bezahlt nämlich nicht nur die ganze Forschung, sondern auch die wissenschaftliche Beurteilung von Fachartikeln, die meist durch Fachleute in solchen Forschungsinstitutionen erfolgt. Die Verlage bekommen also ein fertiges und extrem hochwertiges Produkt, das sie formatieren und vertreiben. Mit der Umstellung auf elektronische Publikationsformen ist ein erheblicher Teil der mit diesem Vertrieb verbundenen Kosten weggefallen. Trotzdem sind die Abonnementspreise dieser Zeitschriften von Jahr zu Jahr rasant gestiegen.
Leider scheinen die Forscher selbst noch zu wenig sensibilisiert und nehmen ihre Verantwortung nicht wahr, wie das Beispiel eines Forschers des Universitätsspitals Lausanne (CHUV) zeigt, der seine vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) finanzierte Forschung nicht frei verfügbar publiziert, obwohl der SNF die unterstützten Forscher zu Open Access verpflichtet. Der SNF finanzierte seine Assistenzprofessur.
Vier Sichten zu Open Access aus unterschiedlicher Perspektiven: einem Forscher, einer gemeinnützigen Forschungsförderungsinstitution, einem Zeitschriftenverlag und der staatlichen Forschungsförderung.
Richard Smith
Der Arzt Richard Smith ist eine profilierte Persönlichkeit in der Medizin. Er arbeitete 25 Jahre beim renommierten British Medical Journal (BMJ), davon 13 Jahre als Editor. Er ist Inhaber zweier (unbezahlter) Professuren. Er ist Begutachter (Reviewer) von wissenschaftlichen Publikationen (Peer-Review). Er ist Direktor des Gesundheitsprogramms gegen chronische Krankheiten in der dritten Welt von UnitedHealth. UnitedHealth ist ein grosses amerikanisches Gesundheitsunternehmen. Richard Smith ist Verfechter von Open Access. Er führte Open Access beim BMJ ein und war Direktor beim gemeinnützigen Open Access Verlag PLoS.
In seinem Blogbeitrag A bad bad week for access, BMJ, 28 Jun, 12 beschreibt er seinen Ärger, der ihm nicht frei zugängliche Publikationen machten.
Er fand über Google einen interessanten Artikel. Kostenpunkt: $48. Er erhielt den Artikel vom Autor. Leider konnte er keinen Tweet machen, da es keine Sinn macht, einen Link zu verschicken, der erst nach Zahlung von $48 zugänglich wird.
Er begutachtete einen Artikel für den (unbezahlten) Peer-Review Prozess und wollte eine referenzierte Publikationen lesen. Der referenzierte Artikel kostet £12. Der Zugriff auf den Artikel über seine Universitätsbibliothek wäre aus technischen Gründen erst nach Änderungen möglich gewesen. Er hätte den Artikel vor Ort in der Bibliothek erhalten können. Aber das im Zeitalter des Internets?
The vested interests are huge, powerful, and well connected. None of the people who wrote the articles I’ve been accessing were paid for writing them. They are supported by public money, and publishers are making money by restricting access to their work.
Wellcome Trust
Der Wellcome Trust aus Grossbritannien ist weltweit die zweitgrösste Stiftung zur Förderung der medizinischen Forschung. (Die Bill und Melinda Gates Stiftung ist noch grösser.) Der Wellcome Trust hatte 2006 ein Stiftungskapital von 13.4 Mrd £ (26.8 Mrd USD) und gibt jährlich 400 Millionen £ für die biomedizinische Forschung, davon hauptsächlich Grundlagenforschung aus.
Die Stiftung führte 2006 Open Access für Publikationen ein, die mir ihrer Unterstützung entstanden sind. Sie stellten nun fest, dass nur 55% der unterstützten Publikationen frei verfügbar sind. Die Stiftung ist anscheinend äussert unzufrieden mit der Situation, dass ihre Publikationen nach wie vor hinter einer Kostenmauer verschlossen sind.
We are firmly committed to ensuring that research publications that result from our funding are made freely available to all. Yet, despite our open access policy having been in place for over five years, still almost half of these publications remain restricted behind subscription paywalls. This is simply unacceptable and so with immediate effect we will be tightening up enforcement of our policy.
Der Wellcome Trust hat nun zur Durchsetzung seiner Richtlinien verschiedene Massnahmen mit sofortiger Wirkung beschlossen:
- Im Schlussbericht müssen die unterstützten Forscher bestätigen, dass die Wellcome Trust Richtlinien, inkl. Open Access, eingehalten wurden. Wenn sie dies nicht bestätigen können, behält der Wellcome Trust die letzte Zahlung zurück.
- Publikationen, die die Richtlinien verletzen, z.B. Open Access, werden bei Verlängerungen oder neuen Unterstützungsgesuchen nicht gezählt. Diese Publikationen werden also aus dem wissenschaftlichen Leistungsausweis des Forschers bei der Beurteilung des Gesuches «gelöscht» und vermindern so die Chancen des Gesuches.
- Die bisher unterstützten Forscher müssen vor Gesucherneuerungen oder neuen Gesuchen sicherstellen, dass die Richtlinien bei den Publikationen, auch Open Access eingehalten werden.
Für 2013 werden die Richtlinien verändert, dass wenn die Stiftung einen Beitrag an eine Open Access Publikation zahlt, die Publikation voll verwertbar sein muss, auch kommerziell.
Wellcome Trust strengthens its open access policy, Press Release Wellcome Trust, 28 June 2012
Springer Verlag
Springer preist auf seiner Webseite die Vorzüge von Open Access an. Teil davon ist ein Youtube Video.
Springer ist ein riesiges deutsches Verlagshaus, unter anderem der deutschen Bildzeitung und dem Schweizer Beobachter. Springer ist ein wichtiger Verlag bei wissenschaftlichen Publikationen und ist nicht zu verwechseln mit dem Axel Springer Verlag, der die Bild-Zeitung herausgibt.
Britische Forschungsförderer verschärfen Open Access Richtlinien
Die wissenschaftlichen Zeitschriftenverlage stellten in einem britischen Bericht fest, dass ein Übergang zum freien Zugang werden sehr teuer würde. Klar, wenn es nach ihren Preisen gehen würde.
Dass dies nicht geschieht, verschärfen die staatlichen Forschungsförderungsinstitutionen die Open Access Richtlinien. Eine Forschungsförderungsinstitution will nur noch Open Access Publikationen beim Leistungsausweis von Forschern beachten, die Open Access sind.
How did this overestimate come about? Because the Finch group was made up of members who «represented different constituencies who have legitimately different interests and different priorities». In particular, a large proportion of the group were subscription-based publishers whose business model stands to be undermined by open access, and who had every reason to undermine the report.
Mehr dazu auf online heise Open Access: Freier Zugang zur britischen Forschung, heise online, 17.07.2012, Guardian Blogartikel Open access means a bright future for scientific research. the Guardian Blog. 17. Juli 2012 und im Guardian Free access to British scientific research within two years, the Guardian, 15. Juli 2012.
Weitere Neuigkeiten
Die EU setzt ebenfalls auf Open Access: EU-Kommission will „Open Access“ vorantreiben, heise online, 17. Juli 2012
Forscher haben zum Boykott von Elsevier aufgerufen: The Cost of Knowledge
Das einflussreiche britische Wochenmagagzin The Economist hat ebenfalls einen lesenswerten Artikel über Open Access geschrieben: Scientific publishing: Brought to book, The Economist, Juli 2012.
Harvard soll Open-Access-Leuchtturm werden, heise online, 25.04.2012
Ich habe noch einen Artikel der Schweizerischen Ärztezeitung gefunden. Der Inhalt hat mich regelrecht schockiert. Die selbständigen Ärzte, d.h. niedergelassene Fachärzte oder Hausärzte, haben häufig gar keinen Zugang mehr zur wissenschaftlichen Literatur.
Vom Literaturzugang weitgehend abgeschnitten sind Ärztinnen und Ärzte in der Praxis. Für diese gilt: Wer ohne grossen Aufwand Zugang zu medizinischer Fachliteratur möchte, muss diesen aus der eigenen Tasche bezahlen. Und das ist nicht ganz billig.
Und so lassen sie es dann bleiben. Was ich verstehen kann.
Sie SAMW hat nun ein Programm zum verbesserten Zugang zu wissenschaftlicher Literatur gestartet.
Im Magazin «Horizonte» (Nr. 94, September 2012) des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und der Akademien Schweiz wurde ein Artikel über Open Access publiziert.
Die Allgemeinheit bezahlt also die Texte. Das Problem ist nur: Sie hat nach der Publikation keinen Zugriff auf die Texte.
Die Hochschulen müssen die Artikel und Zeitschriften durch Lizenzierung von den Verlagen zurückkaufen, also Zeitschriften-Abonnemente erwerben, damit zumindest die Wissenschaftler Zugang zu den Texten haben. Das kommt die Steuerzahler sehr teuer.
Kommentar
Ich kann den Ärger von Richard Smith voll und ganz nachvollziehen. Ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht.
Ich begrüsse den Schritt des Wellcome Trusts zur Durchsetzung seiner Open Access Richtlinien ausdrücklich. Dies ist ein wichtiger Schritt. Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) hat ebenfalls eine Open Access Richtlinie. Leider sind keine Sanktionsmöglichkeiten vorgesehen.
Wie kann man nach dem Plädoyer von Springer Open Access nicht unterstützen oder gar behindern?
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