Frauen in Deutschland sollen künftig von ihrer Krankenkasse einen innovativen Test bezahlt bekommen, damit ein großer Teil der Neuerkrankungen an Gebärmutterhalskrebs vermieden werden kann. Der BARMER GEK Vorstandsvorsitzende Dr. Christoph Straub begründete seine Forderung mit Hinweisen auf eine Überlegenheit des sogenannten HPV-Tests gegenüber bisherigen Methoden. Der Test erkennt humane Papillomaviren, die als der wichtigste Risikofaktor für den Gebärmutterhalskrebs gelten. „Dieser Test ist sensitiver und erkennt bösartige Zellveränderungen früher als die seit Jahrzehnten von der Kasse bezahlte Abstrichuntersuchung. Es gibt genügend Hinweise für seinen Nutzen, so dass wir darauf ein neues Programm zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs aufbauen können“, sagte Straub bei der Vorstellung des BARMER GEK Arztreports 2015 heute in Berlin. Jährlich erkranken in Deutschland rund 5.000 Frauen neu an Gebärmutterhalskrebs, etwa 1.600 Frauen sterben daran. Voraussetzung für den neuen Test auf Kassenkosten wäre eine positive Bewertung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Das Gremium muss seine Richtlinie zu den Krebsfrüherkennungsuntersuchungen ohnehin bis April nächsten Jahres anpassen. Der Gesetzgeber hatte den G-BA im Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz beauftragt, die Krebsfrüherkennungsrichtlinie so zu ändern, dass mehr Frauen von den Untersuchungen profitieren können. Bislang verhindern unterschiedliche Vorstellungen von Ärzten und Kassen über das künftige Screening auf Gebärmutterhalskrebs jedoch eine Änderung. Die Ärzte wollen an dem konventionellen Test festhalten, für den die Frauen zukünftig alle zwei Jahre in die Arztpraxis kommen müssten. Der von den Kassen vorgeschlagene HPV-Test wäre dagegen nur alle fünf Jahre notwendig. Es stelle sich die Frage, warum Ärzte Frauen so oft in die Praxis einbestellen wollten, obwohl es sinnvollere medizinische Alternativen gebe, so Straub. Allein für die Früherkennungsuntersuchungen bezahlen die Krankenkassen derzeit jährlich etwa 380 Millionen Euro. Für ein rein auf dem HPV-Test basierendes Screening rechnen die Kassen mit 436 Millionen Euro jährlich. Eine halbe Million Betroffene Auf dem Höhepunkt dieser Diskussion liefert der diesjährige Arztreport der BARMER GEK eine Schwerpunktanalyse zur Versorgung bei Gebärmutterhalskrebs in Deutschland. Auf der Basis von Abrechnungsdaten von über acht Millionen Versicherten der BARMER GEK haben Wissenschaftler des Aqua-Institutes Göttingen unter anderem analysiert, wie häufig diese Krebsart in Deutschland auftritt, wie die Früherkennung genutzt wird und wie sich die Behandlung des sogenannten Zervixkarzinoms und seiner Vorstufen verändert hat. Dabei zeigten sich gegenläufige Tendenzen. Auf der einen Seite sank zwischen den Jahren 2002 und 2012 die Sterblichkeit aufgrund von Gebärmutterhalskrebs um 16 Prozent. Zugleich ist die Zahl der Behandlungen im Krankenhaus gesunken. Während es im Jahr 2000 noch 51,5 Fälle je 100.000 Frauen waren, sind im Jahr 2012 nur noch 35,5 Fälle gezählt worden – ein knappes Drittel weniger. Andererseits sei der Anteil der Frauen gestiegen, bei denen ein Zervixkarzinom oder eine Vorstufe davon dokumentiert wurde. Seit dem Jahr 2005 ist ihr Anteil um ein Drittel gewachsen. Für das Jahr 2013 gehen die Studienautoren für Deutschland von 77.000 Frauen aus, die mit der Diagnose Zervixkarzinom leben müssen. Weitere knapp 60.000 waren an einer lokal begrenzten Form des Krebses erkrankt. Wesentlich häufiger sind Diagnosen von Fehlbildungen von Zellen des Gebärmutterhalses dokumentiert, die als Vorstufe einer Krebserkrankung gelten. Hier gehen die Forscher von 364.000 Fällen im Jahr 2013 aus. Ausgaben für ambulante Behandlung erneut gestiegen Für die ambulante ärztliche Versorgung in Deutschland verzeichnet der BARMER GEK Arztreport neue Rekorde. So habe sich die Zahl der Behandlungsfälle je Person im Jahr 2013 gegenüber dem Vorjahr um 2,8 Prozent auf 8,44 erhöht. „Patienten haben also etwas mehr als zwei unterschiedliche Ärzte in einem Quartal aufgesucht“, so Studienautor Dr. Thomas Grobe vom Aqua-Institut Göttingen. Im Jahr 2013 zeigten sich beträchtliche Unterschiede in der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen zwischen den Regionen, Geschlechtern und Altersgruppen. Die Behandlungskosten lagen im Jahr 2013 bei 505,24 Euro pro Versichertem und damit um 3,4 Prozent höher als noch im Jahr zuvor. Daten aus dem BARMER GEK Arztreport 2015 Facharztgruppen Insgesamt 34,5 Prozent aller ambulanten Behandlungsfälle wurden 2013 von allgemeinmedizinischen oder internistischen Hausärzten abgerechnet. Ihr Anteil an der Vergütung lag bei 31,7 Prozent. Ein einzelner Behandlungsfall beim Hausarzt verursachte Kosten von 55 Euro. Fallbezogen die höchsten Kosten weisen mit 403 Euro die psychologischen Psychotherapeuten auf (Report S. 68 ff.). Regionale Variationen Für Bremen, Hamburg und Berlin zeigten sich erneut überdurchschnittlich hohe versichertenbezogene ambulante Kosten. Auch in Bayern lagen die geschlechts- und altersstandardisierten Behandlungskosten sechs Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Alle neuen Bundesländer kommen demgegenüber auf Behandlungskosten unterhalb des Bundesdurchschnitts (S. 79 ff.). Diagnosen 2013 wurden auf Basis einer Hochrechnung der BARMER GEK Daten je Person in der ambulanten ärztlichen Behandlung 32 formal gültige Diagnoseschlüssel dokumentiert. Dies entspricht hochgerechnet auf die bundesdeutsche Bevölkerung insgesamt 2,63 Milliarden Diagnoseschlüsseln. Je Person wurden im Jahr 2013 durchschnittlich zehn unterschiedliche Diagnoseangaben im Sinne von Erkrankungen erfasst (S. 99 ff.). Gebärmutterentfernung Zu den häufigsten Operationen bei Frauen zählen weiterhin vollständige Entfernungen der Gebärmutter. Ihre Zahl sank zwischen 2006 und 2013 um etwa 30 Prozent auf rund 100.700. Weiterhin sind diese Eingriffe in unterschiedlichen Regionen Deutschlands sehr unterschiedlich häufig (S. 200 ff.). HPV-Impfung Entsprechend den seit März 2007 gültigen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission wurden bislang Frauen aus dem Jahrgang 1996 am häufigsten gegen humane Papillomaviren (HPV) geimpft. Bis Ende 2013 erhielten 55 Prozent mindestens eine HPV-Impfdosis, bis Ende 2014 dürften knapp 60 Prozent geimpft worden sein. Für die folgenden Jahrgänge ist mit höheren Impfraten zu rechnen, in Sachsen-Anhalt sind Impfraten oberhalb von 80 Prozent zu erwarten (S. 259 ff.). Pressemitteilung der BARMER GEK
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