Vegane Kosmetik – Ethische Kaufmotive im Aufwind

Elfriede Dambacher ist langjährige Branchenexpertin und hat sich auf den Naturkosmetikmarkt spezialisiert. Sie ist Inhaberin des Dortmunder Beratungsunternehmens naturkosmetik konzepte und Geschäftsführerin des naturkosmetik verlags. Sie beobachtet den Markt und gibt verschiedene Marktstudien dazu heraus. Die aktuelle Trendstudie Vegane Kosmetik powered by VIVANESS nehmen wir zum Anlass, sie zur Entwicklung des Trends zu befragen.

Der naturkosmetik verlag hat mit Unterstützung der VIVANESS eine Trendstudie zu veganer Kosmetik in Auftrag gegeben. Gab es Ergebnisse, die Sie überraschten?

Elfriede Dambacher: Ja und nein. Ganz klar ist ein enger Zusammenhang zwischen Ernährungsstil und Kosmetikverwendung zu sehen. Zunächst ergab die Befragung von über 600 Bioverwendern, dass für 82 % der Befragten Naturkosmetik wichtig ist. 71 % der Veganer verwenden vegane Kosmetik. Für die befragten Bio-Allesesser spielt Naturkosmetik mit 67 % eine große Rolle. Vegane Kosmetik dagegen wird nur von 7 % der Allesesser verwendet.

Kann man denn von einem Trend sprechen, da die Gruppe der Veganer so klein ist?

Elfriede Dambacher: Hier geht es vor allem um die Signalwirkung. Durch das Marktforschungstool biopino des Marktforschungsunternehmens pollion, das für uns die Befragung durchgeführt hat, können wir mithilfe der App schnell und zielgerichtet junge urbane Menschen erreichen. Wir sind mitten in der Zielgruppe unterwegs. Deutlich ist zu erkennen, dass ethische Kaufmotive mehr und mehr das Kaufverhalten beeinflussen. Vegan ist in.

Wo liegen denn die Unterschiede zwischen Naturkosmetik und veganer Kosmetik?

Elfriede Dambacher: Für zertifizierte Naturkosmetik gelten sehr hohe Standards, die durch die einzelnen Siegel geregelt werden. Darunter sind einige wenige tierische Substanzen wie Bienenwachs oder Lanolin, die als natürliche Alternative zu synthetischen Inhaltsstoffen Verwendung finden. Viele Naturkosmetikmarken sind zum größten Teil vegan. Doch Veganer wollen es genauer wissen. Sie wollen überhaupt keine tierischen Substanzen in ihrer Kosmetik haben.

Ist vegane Kosmetik eigentlich immer Naturkosmetik?

Elfriede Dambacher: Nein, keinesfalls, das ist für viele nicht so klar. Die wenigen erlaubten tierischen Substanzen bei Naturkosmetik stellen ja die natürliche Alternative zu synthetischen Inhaltsstoffen dar. So kann schon sein, dass ein Veganer, der keine Lederschuhe mehr trägt sondern Kunstleder vorzieht, vor der Wahl steht, Kosmetikprodukte mit synthetischen Ingredienzen zu verwenden, die bei Naturkosmetik längst verboten sind.

Und was ist mit Tierversuchen?

Elfriede Dambacher: Tierversuche sind in der EU seit einigen Jahren für alle Kosmetikprodukte generell verboten. Weltweit sieht das anders aus. Neben der EU gilt lediglich in Israel ein generelles Verbot. Jetzt sind viele Staaten unterwegs, Tierversuche für Kosmetik zu verbieten bzw. einzuschränken. Zudem ist Tierschutz ein sehr emotionales Thema. Tierschutzzeichen erfahren daher wieder mehr Beachtung in der Kosmetik. Es geht ja nicht nur um Tierversuche, sondern auch darum, dass Tiere nicht gequält werden.

Wird der Trend vegane Kosmetik anhalten?

Elfriede Dambacher: Wir haben die Studie innerhalb eines halben Jahres zum zweiten Mal durchführen lassen, um den Verlauf sehen zu können. Wir können ein ungebrochen hohes Interesse an Naturkosmetik feststellen, allerdings zeigt die zweite Befragung eine leicht rückläufige Tendenz bei veganer Kosmetik. Hier ist 8 % der Befragten das Vegansiegel nicht mehr so wichtig. Jedem 2. Veganer ist wichtig, dass Kosmetik ein Vegansiegel trägt. 65 % der Veganer wollen keine tierischen Inhaltsstoffe. 87 % sind gegen Tierversuche, dieser hohe Wert wird auch von den andern Gruppen annähernd geteilt.

Natur oder Ethik – was ist am wichtigsten?

Elfriede Dambacher: Der Hype um vegane Ernährung und Kosmetik ist Ausdruck eines veränderten Konsumverhaltens. Veganer sehen darin einen Beitrag beispielsweise zur Lösung von Umweltproblemen und für mehr Ernährungsgerechtigkeit auf der Welt. Sicher ist es kein Massenphänomen, aber die Botschaft ist klar: Immer häufiger werden ethische Kaufmotive herangezogen, um Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung zu nehmen, das zeigt sich deutlich auch bei der guten Entwicklung von Naturkosmetik. In Deutschland, dem größten europäischen Kosmetikmarkt, wurde letztes Jahr über 1 Mrd. mit Naturkosmetik erwirtschaftet. Die Käuferreichweiten steigen seit Jahren kontinuierlich. Ich gehe davon aus, dass Naturkosmetik weiterhin das stärkste Wachstumssegment im Kosmetikmarkt sein wird. Die Nachfrage hält an. Nachhaltigkeit, Glaubwürdigkeit und Transparenz sind heute wichtige Punkte, an denen sich die gesamte Kosmetikindustrie messen lassen muss.

Textquelle: beautypress.de