In diesem Jahr hat sich die Bundesregierung die Volkskrankheit Diabetes auf die Agenda gesetzt. Mit 6,7 Millionen bereits Erkrankten und 270.000 Neuerkrankungen jährlich, tut ein “Nationaler Diabetesplan” not. Früherkennungs- und Versorgungskonzepte braucht es laut Dietrich Monstadt (CDU). Zudem muss die Fähigkeit, mit der Krankheit im Alltag umzugehen gestärkt werden – und am besten sollte alles getan werden, um gar nicht erst an Diabetes Mellitus Typ2 zu erkranken.
Auch hier lohnt der differenzierte Blick auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede, für eine bessere Versorgung, in jedem Fall aber für eine noch bessere Prävention – wenigstens von möglichen Folgeerkrankungen. An der Medizinischen Universität Wien erforscht Professorin Alexandra Kautzky-Willer die Zusammenhänge zwischen dem biologischen und psychosozialen Geschlecht im Kontext der “Zuckerkrankheit”.
Geschlechtsspezifische Unterschiede
Übergewicht ist bei beiden Geschlechtern Risikofaktor Nummer 1. Das Zusammenspiel von Hormonen und Fettverteilung kann aber zu unterschiedlichen Auswirkungen führen. Ein niedriger Testosteronspiegel kann bei übergewichtigen Männern zu einer Insulinresistenz führen; wogegen Frauen mit einem erhöhten Androgenspiegel ein höheres Risiko haben, an Diabetes zu erkranken. Das Risiko einen Schlaganfall als Folgekrankheit zu erleiden, ist für Frauen drei- bis siebenmal höher als für Männer.
Während Frauen häufig erst nach der Menopause mit der Diagnose Diabetes mellitus Typ 2 konfrontiert werden, sind Männer wesentlich früher informiert. Beim Diabetes Typ 1 sind es dagegen die Mädchen, die bereits im Kindesalter erkranken, während es die Jungen eher in der Pubertät treffen kann.
Der hormonelle Einfluss auf Diabetes-Medikamente ist ebenfalls noch Gegenstand der Forschung.
Genderspezifische Unterschiede
Das psychosoziale Geschlecht (Gender) spielt dagegen überwiegend bei der Bewältigung der Diabeteserkrankung eine Rolle:
Diabetes greift tief in den Alltag ein und hier vermissen Frauen häufig die notwendige Unterstützung. Im Unterschied zu den männlichen Leidensgenossen, verfügen sie in den meisten Fällen über keine abgeschlossene Berufsausbildung, arbeiten vielfach in Teilzeit, versorgen Haushalt und Familie und zum Teil auch zu pflegende Angehörige. Sie sind also häufiger einer Doppelbelastung ausgesetzt, die den richtigen Umgang mit der Krankheit im Alltag erschwert. Die Einhaltung eines gesonderten Speiseplans kann hier durchaus als zusätzliche Belastung empfunden werden – und für die erforderliche sportliche Betätigung bleibt ohnehin keine Zeit mehr. Als Folge kann sich das Gefühl allein gelassen zu werden einstellen und zu psychischen Störungen, im schlimmsten Fall zur Depression führen.
Männer bedürfen dagegen einer gezielten Ansprache, um sie für präventive Maßnahmen zu gewinnen – nicht nur bei Diabetes…
Auch das Geschlecht der Behandler spielt eine Rolle
Der Einfluss des Geschlechts ist für eine erfolgreiche Therapie der Stoffwechselkrankheit gleichfalls nicht unerheblich. Eine kanadische Studie hat 2008 gezeigt, dass Ärztinnen insgesamt bessere Behandlungserfolge verzeichnen konnten als ihre männlichen Kollegen. Der vermeintlich weiche Faktor “Kommunikation” scheint für eine effektive Therapie und v.a. Compliance bei den Patienten und Patientinnen nicht unerheblich.
Bundeskongress GenderGesundheit 2015
Nach den medizinischen Themenfeldern Herzinfarkt und Depression in den Vorjahren – wird sich der 3. Bundeskongress Gender-Gesundheit neben strukturpolitischen Themen zu Ausbildung und Gremienarbeit in diesem Jahr dem medizinischen Schwerpunkt “Gender und Diabetes” zuwenden. Am 22. Mai 2015 wird Frau Professorin Alexandra Kautzky-Willer von der Universitätsklinik Wien in ihrem Vortrag “Gender und Diabetes” nach den geschlechtsspezifischen Ausprägungen in Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus fragen.
Forschungspreis GenderGesundheit
Da wir den Kongress stetig weiterentwickeln wird dieses Jahr den Forschungspreis Gender-Gesundheit 2015 verliehen.
Gemeinsam mit dem Institut für Gesundheits- und Versorgungsforschung der praxisHochschule in Köln (igv Köln) lobt der Bundeskongress Gender-Gesundheit 2015 zum ersten Mal den Forschungspreis Gender-Gesundheit aus.
Bis zum 15.04.2015 können sehr gute Abschlussarbeiten aus den Fachbereichen der Medizin, Pharmazie, Pflege, Soziologie, Gesundheitsökonomie und Politikwissenschaften (Bachelor, Master, Diplom oder Magister) in Papierform beim Institut für Gesundheit und Versorgungsforschung, Neusser Str. 99, 50670 Köln eingereicht werden, die den folgenden Themenkomplex abbilden und nicht älter als drei Jahre sind: Gendergesundheit in Gesellschaft, Versorgung und Arbeit.
Mögliche Themenbeispiele:
Gendergesundheit, Geschlechterspezifische Inhalte in der Gesellschaft oder in der Versorgung, Neue Berufsbilder im Gesundheitswesen, Gendermedizin, Neue Perspektiven auf geschlechtstypische Krankheiten, Geschlechtsspezifische Forschungsansätze in der Arzneimittelversorgung.
Der Preis ist mit 2.000,- € dotiert und wird, im Fall zweier gleich guter Arbeiten geteilt. Die Preisverleihung findet am Parlamentarischen Abend des 3. Bundeskongress Gender-Gesundheit am 21. Mai 2015 in Berlin statt.
Die GewinnerIn bzw. GewinnerInnen sind selbstverständlich Gäste des Bundeskongresses Gender-Gesundheit (21. und 22. Mai 2015). Die Teilnahmegebühr, Reise- und Übernachtungskosten werden übernommen.