Das. Wochenende. Beginnt. Jetzt.

Jetzt.
Genau jetzt.
Alles erledigt?
Alle Krankenakten noch einmal durchgeschaut?
Noch ein Blick zum Faxgerät: alles leer? Keine weiteren Befunde mehr eingetrudelt?
Alle Patienten versorgt?
Der Dienst habende Kollege über alle Problemfälle instruiert?
Blick auf die Uhr: Ich liege ja nicht mal so schlecht in der Zeit!
Also ein fröhliches “Bis Montag!” gehaucht, dann umgedreht…
….Abmarsch.
Kittel ausgezogen. Zivilklamotten angezogen. Kittel in den Schmutzwäscheabwurf. Namensschild vorher abgeknibbelt, alle Kugelschreiber, Essensmarken und Geldscheine entfernt.
Diensthandy steckt im Ladegerät.
Steckt da und….
….blinkt…
Ton ist natürlich abgeschaltet.
Aber das Ding blinkt. Und vibriert.
Blick aufs Display: Natürlich die Station.
Wenn es der Chef wäre oder ein anderer Kollege würde ich drangehen.
Aber die Station?
Muss da noch irgendein Entlassbrief unterschrieben werden?
Wollen die Angehörigen von Herrn Schrumpelköter unbedingt und genau jetzt einen Arzt sprechen, weil der Schwiegersohn noch bei der Arbeit war?
Oder kriegt Herr Schrumpelköter etwa plötzlich keine Luft mehr, ist blitzblau angelaufen, verdreht die Augen und stirbt gerade den schrecklichsten aller Tode bloß weil der Doktor immer noch tatenlos aufs Display starrt anstatt endlich…
Nein!
Herr Schrumpelköter wird nicht sterben. Also… jetzt noch nicht… Aber falls doch…?
Oder vielleicht Frau Plauzinger, die kriegt jetzt die falschen Tabletten, weil der Doktor nicht erreicht werden konnte und…. Nein!
Auch Frau Plauzinger wird nicht sterben.
Das Handy hat aufgehört zu blinken.
“1 verpasste Anrufe” steht jetzt auf dem Display.
Ich drehe mich um und lasse die Arztzimmertür hinter mir ins Schloss fallen, springe die Treppe hinunter und nicke dem Pförtner zu….
Ob Herr Schrumpelköter wirklich nicht gestorben ist?
Meine Hand krallt sich um das Privathandy in der Hosentasche.
Und lässt es wieder los.