Seit Anfang 2014 ist zu mir das Thema „Minimalismus“ 1 wieder durch verschiedene Blogs klarer ins Leben gerutscht, wie in „Die Entdeckung der Schlichtheit“2. Ich bin den AutorInnen dankbar. Gut, deutlich wurde mir auch bei der Webschau, es besteht aktuell ein kleiner Hype auf diese Lebenseinstallung (oder Lebensphilosophie?); diese taucht wiederholt in den „großen“ Medien auf. Verschiedenste Menschen zeigen auf, was sie darunter verstehen. Ein großes Thema ist die Reduzierung der angesammelten materiellen Dinge (Kleider, Küchengeräte, Auto). Die Reduzierung dieser auf das Nötigste. Ist dies alles?
Seit meiner Jugend bin ich mit dem Thema verwand, sei es durch die Nähe zum Vegan, zu Menschen, die sich auf ihre Projekte konzentrierten unabhängig der Konsumgüter-Welt, sei es, weil ich ein DDR-Kind bin und die Konsumgüterflut ab der Wende gleichzeitig wahrnahm mit den Texten vom Psychoanalytiker Erich Fromm („Haben und Sein“).
Damals waren mir die Begriffe oder Definitionen „Minimalismus“ oder „einfaches Leben“ fern und es war gut so. Wenn ich zurück blicke, ist es mit dieser Lebensstil, der mein Leben damals wie heute streift.
Ohne die Definition „Minimalismus“ gab es für mich keine Schublade, in der ich hinein gestopft werden würde und somit war ich frei von Verbindlichkeiten, etwas zu erfüllen, was ich gar nicht will. Ich war frei davon, diese Lebenseinstellung nicht als einen Besitz zu betrachten, um mich von anderen abzugrenzen.
Intensivzimmer im einfachen Leben
Ich glaube, dieser „Minimalismus“ half mir sehr, das Leben mit einem lebensbedrohlichen erkrankten und schwer behinderten Kind, dem Intensivkind, anzunehmen und zu gestalten. Doch auch meine frühere Arbeit mit Krebspatienten förderte die Kraft für das Leben mit dem Intensivkind. Durch diese Arbeit reifte in meinen Leben die Einstellung heran und breitete sich aus: Was mir geschieht, auf das, was ich stoße und was ich wirklich brauche im Leben. Ich sollte, ich wollte es reflektieren. Ich will meinen „wirklichen“ Bedürfnissen klar werden, meine Gefühle kennen lernen. Was fühle ich, wenn ich den Abschied eines Sterbenden gesehen / erlebt habe. Was brauche ich, um wieder eine Klarheit zu finden, wenn ein Mensch gestorben war. Was wünsche ich mir, um wieder einen Krebspatienten zu pflegen, zu begleiten.
Was mich in meinen Leben, in meinen Wohlsein nicht weiter brachte war der schnelle Konsum von Produkten, die Berieselung durch die Medien und das Sammeln von „Gegenständen“. Begab ich mich in „diese Welt“, spürte ich, wie ich mich von mir entfernte und wie ich an Kraft verlor, in schwierigen Situationen klar bei mir, konzentriert zu bleiben. Das Intensivkind bot viele Krisen und ich wollte mich darauf einlassen, denn nur so kann / konnte ich diese Krisen gestalten und aushalten. Eine gute Pflege erfordert eine Empathie bei sich und bei den zu Pflegenden. Eine gute Pflege erfordert die Distanz vom Kranken, um Entscheidungen zu treffen, die schmerzlich sind, aus denen sich aber eine neue, gute Lebensqualität ergeben kann.