Seit gestern läuft die 65-tägige Finanzierungsphase meines Projekts „Migräne Sichtbarmachen” bei Sciencestarter. Fünf Euro sind schon in der Kasse. Achttausendfünfhundertfünfundneunzig fehlen noch. Worum geht’s? Wer meinen Blog bei SciLogs regelmäßig liest, insbesondere die Beiträge über Migräne, der ahnt es vielleicht. Ein Blog ist halt doch eher ein Zettelkasten. Ende 2013 habe ich zumindest mal ein Inhaltsverzeichnis meiner Beiträge über Migräne erstellt. Dort sind sie nun zumindest thematisch sortiert. Doch wenn das Inhaltsverzeichnis zum Zettelkasten auf einem Zettel im Zettelkasten steht, dann ist halt irgendetwas falsch.… weiter
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Gefühlt
Ein schlechtes Herzgefühl wäre das. Als ob es gleich aus der Brust falle. So könne er auf keinen Fall die Nacht noch aushalten. Nein, nein keine Schmerzen. Ein schlechtes Herzgefühl! So.
Herr Gisami krümmte sich missmutig vor der Notaufnahme zusammen und zur Vorsicht ließen ihn die Schwestern rein und holten gleich so einen Arzt.
„Hm hm komisch“, sagte ich und versuchte das Chaos zu ordnen. Wir besorgten uns Proben von Herrn Gisamis Blut und testeten auf Hinweise für Lungenembolien, Herzinfarkte oder vielleicht auch einen 08/15 Infekt. Wir machten ein cooles Röntgenbild und selbstverständlich auch ein EKG. An einen Überwachungsmonitor tat ich Herr Gisami um eine mögliche Herzrhythmusstörung sofort erkennen zu können. Ich fragte viele und komplizierte Fragen. Ich klopfte, hörte und zog ausführlich an Herrn Gisami herum.
Einen Ultraschall machte ich.
Herr Gisami schimpfte ununterbrochen, dass Gefühl wäre überhaupt nicht besser und er fühle sich gar nicht gut fühle.
Hm.
Nachdem ich nun aber nichts fand, zog ich nun meinen hocherfreuten Oberarzt dazu. Der Oberarzt machte nochmal einen Ultraschall, fragte Herrn Gisami ein weiteres Mal und ordnete noch mehr Blutwerte an.
Wir beschlossen Herrn Gisami aufzunehmen. Am nächsten Tag würden wir eine Magenspiegelung machen. Mehr Blut abnehmen, vielleicht auch ein CT tun. Ich schrieb einen langen Anweisungsplan für die Station, auf dass auch alles gut klappen würde und außerdem Herr Gisami die Nacht ordentlich überstehen würde.
Dann ging ich hin und sagte: „Wie besprochen nehmen wir sie jetzt auf die Station 12 auf und werden morgen noch mehr Untersuchungen machen. Bis dahin werden wir…“
„Oh“, sagte Herr Gisami, „Ich möchte doch nicht hierbleiben. Ich gehe jetzt heim.“
„Bis vor einer Minute hatten sie noch ein sehr unangenehmes Gefühl im Brustkorb?“
„Jaja, das ist immer noch da“, Herr Gisami stand auf und sammelte seine Jacke und Ehefrau ein, „aber ich gehe jetzt heim. Vielleicht komme ich später nochmal.“
In der Tür drehte sich die Ehefrau um und fragte noch beiläufig: „Moment! Was ist eigentlich bei ihren ganzen Untersuchungen herausgekommen?“ Herr Gisami war da schon draußen.
In der Tür drehte sich die Ehefrau um und fragte noch beiläufig: „Moment! Was ist eigentlich bei ihren ganzen Untersuchungen herausgekommen?“ Herr Gisami war da schon draußen.
Als ich Sonntagabend der Dienstarzt war – Teil 1
„Puh“, erzählte mir der Patient bei Visite, „Bin ich froh, dass ich jetzt auf Station bin. In eurer Notaufnahme, da geht es ja zu!“ „Äh ja“, sagte ich und während das letzte Wochenende in meinem Kopf wild aufflackerte konnte ich hier auch nicht wirklich widersprechen:
16 Uhr Sonntag: Die Anzahl anwesender Ärzte bewegt sich am unteren Ende der Skala: Ich las mir meine to-do-Liste durch, auf der 5 Kanülen und ein Ultraschall für Station 22 standen. Die Aufnahmeschwester stapelte währenddessen schon mal vier Aufnahmebögen vor mich hin. Neue Patienten. Ich beschloss mich also erst mal um diese zu kümmern und wanderte zu Herrn Gukojak. Husten. Seit 4 Tagen! „Äh und was erwarten sie sich nun so von uns?“ fragte ich freundlich, aber da klingelte mein Telefon und die Schwester der kardiologischen Station fragte, wann ich denn nun endlich käme um die Kanülen zu legen. Außerdem wären noch zwei EKGs da, die jemand anschauen müsse (und „jemand“ meinte selbstverständlich mich). „Öh, später“, sagte ich, während der nächste Anruf in der Leitung piepste. Der Rettungsdienst, sie kämen mit einem schweren Herzinfarkt. Ich versicherte Herrn Gukojak ich käme gleich wieder und rief den diensthabenden Kardiologen an, auf dass dieser auch käme um einen Herzkatheter beim baldig eintreffenden Patienten zu performen.
Anschließend organisierte ich alle nötige hierfür und wollte zurück zu Herrn Gukojak, wurde aber von einer jungen Frau aufgehalten, die wütend die Notaufnahme durchquerte. „ICH BIN EIN NOTFALL!“, rief sie aufgebracht, „ICH WARTE SCHON SEIT EINER STUNDE!“ „Herzrhythmusstörungen“, murmelte mir die Aufnahmeschwester und schob mir das EKG der Frau zu, auf dem aber keine Rhythmusstörungen zu sehen waren. „Öhm“, erklärte ich, „wir werden uns das bald anschauen. Haben sie bitte noch etwas Geduld.“ Die Frau war nicht erfreut und ich ging wieder zu Herrn Gukojak. Doch da kam auch schon der Rettungsdienst mit dem schweren Herzinfarktpatienten und ich beschloss Herrn Gukojak erst mal zum Röntgen zu schicken.
So wanderte ich mit ins Herzkatheterlabor, wo der Patient kurzfristig überlegte nun zu sterben, woraufhin wir ihn professionell zurückreanimierten und unser Chefkardiologe zwei große Stents einbaute. „Der hat einen kardiogenen Schock!“ erklärte mir der Chefkardiologe gewichtig und dass ich ja gut nach ihm (dem Herzinfarktpatienten!) schauen solle. Dann rief die kardiologische Station an, was denn nun mit den Kanülen wäre.
Dann rief die Notaufnahme an, dass inzwischen sieben Patienten warten würden. Ob ich bald fertig wäre?!
Dann rief die gastroenterologische Station an, einer ihrer Patienten wäre aus dem Bett gefallen und ich soll kommen und schauen.
Dann rief ein Gynäkologe an, ich müsse unbedingt einen Ultraschall für ihn machen. „Uh“, sagte ich, „Ultraschall, das kann etwas dauern!“ „So eine Stunde dann?“ fragte der Gynäkologe. „Hm, nein eher so fünf.“ Der Gynäkologe war auch nicht erfreut und ich verlegte den Herzinfarktpatient auf die Intensivstation. „Stündlich!“ rief mir der Chefkardiologe hinterher, „sie müssen stündlich nach ihm schauen!“ Dann ging er wieder nach Hause.
(Fortsetzung folgt)