Vor einiger Zeit durfte ich (privat) erleben, wie in einer Hausarzt-Praxis das Notfall-Management funktioniert. Und wenn ich es hier schon so schreibe kann man es schon erahnen: Eher schlecht als recht.
Eigentlich wollte ich dort nur ein Rezept abholen. Beim Betreten der Praxis wurde ich allerdings direkt gebeten, mich kurz ins Wartezimmer zu setzen, da es einen Notfall in der Praxis gäbe. Ich tat also wie mir befohlen. Da die Tür des Wartezimmers jedoch offen stand und ich von meinem Sitzplatz aus auch noch direkt auf den “Empfangstresen” gucken konnte, wurden ich und die anderen Wartenden nun Zeugen eines wahren Schauspiels.
Die Arzthelferin telefonierte in aller Seelenruhe verschiedene Krankenhäuser ab, lies sich dort immer von der Pforte zur Notaufnahme und dann teils noch zum diensthabenden Internisten verbinden. Diesem schilderte sie dann, dass sie ja einen akuten Herzinfarkt mit sehr auffälligem EKG in der Praxis liegen hätten.
In der Zwischenzeit wirbelten immer wieder zwei andere junge Arzthelferinnen durch den Raum und es entbrannte eine wilde Diskussion, ob man jetzt nur Heparin oder auch Aspisol oder nur Aspisol oder gar nichts geben solle. In dieser Situation wollte ich eigentlich berufsbedingt meine Hilfe anbieten, aber als einfacher Patient wurde meine Hilfe dankend abgelehnt, Qualifikation hin oder her.
Mittlerweile hatte die telefonierende Kollegin dann auch ein Bett gefunden. Natürlich in einem Haus ohne Möglichkeit eines Herzkatheters. Was soll man auch damit bei einem frischen Infarkt und einem Patienten Anfang 70? Das ganze Schauspiel hatte knapp 10 Minuten gedauert und ich fragte mich schon, wo denn wohl der Rettungsdienst bleibe. Ich hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als die Arzthelferin wieder zum Hörer griff und bei der Leitstelle notfallmässig RTW und Notarzt bestellte. Wohlgemerkt nach der Suche eines Bettes und nachdem rund 10-15 Minuten verstrichen waren. Keine Ahnung, wie lange das Schauspiel schon vor meinem Eintreffen dauerte.
Der Rettungsdienst kam dann, für die Arzthelferin völlig unerwartet, schon nach knapp 5 Minuten mit Pauken und Trompeten auf den Hof gefahren und wurde von ihr mit den Worten “Na ihr wart aber schnell!” begrüßt. Ja, das sollte man auch besser sein bei einem frischen Infarkt. Aber was will man erwarten bei einem früheren Internisten, der sich mittlerweile eher auf die alternative Medizin wie Klangschalentherapie und Co “spezialisiert” hatte und dessen Praxis sich jetzt “Internistische Praxis für Naturheilverfahren” nennt?
Ich kann nur hoffen, dass der Patient das Ganze ohne größere Schäden überstanden hat. Zu bemerken sei vielleicht noch, dass es dem Arzt bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes nicht gelungen war, dem Patienten einen Zugang zu legen.
Da sollte vielleicht nochmal intensivst am Notfallmanagement geübt werden.