Glück. Das bedeutet wohl für jeden Menschen etwas anderes. Wir haben einmal probiert zu sammeln und zu beleuchten, was Glück für Patienten und Mitarbeiter des Vitos Klinikums Heppenheim bedeutet. Anlass dazu war ein Buch, welches dem ein oder anderen tatsächlich noch einmal eine ganz andere Sichtweise auf das, was uns wirklich glücklich macht, gegeben hat.
„Grundrecht auf Glück“ von Dr. Ha Vinh Tho
Wir haben im Rahmen des Literaturkreises das Buch von Dr. Ha Vinh Tho „Grundrecht auf Glück: Bhutans Vorbild für ein gelingendes Miteinander“ gelesen. Dieses Buch hat uns sehr inspiriert, da in Bhutan das Grundrecht auf Glück in der Verfassung verankert ist. Es wird dem Bruttoinlandsprodukt das Bruttonationalglück gegenübergestellt. Das Bruttonationalglück wird von Regierungsmitarbeitern alle zwei Jahre mit Hilfe eines Interviewleitfadens mit 265 Fragen erfasst. Dazu werden per Zufallsprinzip 7.000 Menschen ausgewählt, die in mehrstündigen Phasen anhand des Leitfadens befragt werden. Hierbei handelt es sich um Themen, die Menschen bewegen, unter anderem: soziale Netzwerke, Freizeit, Arbeit, Alter, gesundheitlicher Zustand, Gesundheitsversorgung, Sexualität und Familie. Anhand der Ergebnisse wird ein Wert ermittelt, sowohl für jeden Einzelnen, als auch für die Gesamtgruppe der Befragten. Rückmeldungen über Unzufriedenheiten in der Bevölkerung oder Meinungen zu geplanten Projekten werden an die Regierenden weitergeleitet. Bhutan ist zwar ein Königreich, hat aber eine demokratisch gewählte Regierung. Der Vater des Königs hat bereits in den 1970er Jahren dieses Projekt begonnen. Heute gibt es dafür ein eigenes Ministerium. Viele Menschen machen in Bhutan selbst Seminare zu dem Thema und Dr. Ha Vinh Tho und andere werden häufig zu Vorträgen und Seminaren eingeladen, um am Modell Bhutan zu lernen.
In Bhutan sind 75 Prozent des Landes Naturschutzgebiet, bis zum Jahr 2050 plant man 100 Prozent biologischen Anbau. Nachhaltigkeit ist somit eines der großen Themen.
Literaturkreis für Patienten und Mitarbeiter
Wir im Literaturkreis hatten nun die Idee, welche auf Leitungsebene befürwortet wurde, einen Literaturkreis für Mitarbeiter und Patienten des Hauses öffentlich zu machen. Das Angebot wurde gut angenommen. Es waren insgesamt rund 40 Personen anwesend.
Nach einem ersten Austausch über das Buch, wurden Karten mit der Bitte ausgeteilt, in wenigen Stichpunkten aufzuschreiben, was für den Einzelnen ganz persönlich Glück bedeutet. Einige waren so mutig, dies öffentlich vorzustellen. Danach wurde ein Film zum gleichen Thema gezeigt. „What Happiness is?“ Dieser Film zeigt das aufwendige Prozedere der Glücksbefragung in Bhutan, vor allem die Antworten der Bhutaner auf die Vielzahl der Fragen im Interviewleitfaden. Man wurde beim Anschauen des Filmes schon entspannt und entschleunigt, da das Tempo in Bhutan ein anderes ist, als wir es aus den westlichen Industrienationen kennen. Der nächste Schritt bestand darin, die Anwesenden zu fragen, was geändert und wie es in einer Klinik zugehen müsste, dass sowohl Mitarbeiter als auch Patienten Glück erleben können.
Glück für Patienten
Patienten schildern, dass es sehr wohltuend ist, dass ihnen jemand zuhört und sie sich dadurch verstanden fühlen. Zudem bedeutet Glück für sie, dass man Zeit hat, über sich und sein Leben in Ruhe reflektieren zu können.
Dass es andere Patienten gibt, die auch Probleme haben, verbindet und es kommt ganz automatisch zu Nähe und Austausch. Auch das ist ein Teil von Glück und für den Alltag und die Genesung hilfreich.
Insbesondere der kreative Bereich, die Ergo- oder Musiktherapie, gehört zum Glücklichsein dazu. Man lernt sich neu kennen und bekommt weitere Ausdrucksmöglichkeiten, wenn die Worte mal fehlen. Außerdem gehört es für unsere Patienten zum Glücklichsein dazu, dass ihre Angehörigen miteinbezogen werden.
Als Wunsch wurde ein ganzheitliches Gesundheits-Konzept geäußert, denn der Bewegungsanteil kommt derzeit noch zu kurz.
Glück für Mitarbeiter
Von Seiten der Mitarbeiter wurde geäußert, dass ihnen die Arbeit direkt mit den Patienten wichtig, aber die Zeit oft sehr knapp bemessen ist. Dass die gemeinsame Zeit dadurch zu kurz kommt, macht viele Mitarbeiter unglücklich. Für die meisten Mitarbeiter ist die Zeit mit den Patienten, die wichtigste Intention für ihre Arbeit. Insgesamt wünschen sie sich aber mehr Wertschätzung für das, was sie leisten.
Dass der wirtschaftliche Aspekt (Stellenpolitik, Fallzahlen, Belegungskapazität, Einnahmen, Ausgaben) immer mehr in den Vordergrund gestellt wird und sowohl inhaltliche Aspekte als auch Beziehungsarbeit weniger im Fokus stehen, wird sehr bedauert und verursacht zudem viel Stress und Unsicherheit.
Headerbild: © Gisela Peter/Pixelio