Strategische Profilierung: Das Throw-Out-Phänomen im Einzelhandel

Einkaufserlebnis mit erschreckendem Ende
Supermärkte, Drogerien und Kaufhäuser unternehmen die verschiedensten Aktivitäten, um Interessenten anzuziehen und möglichst lange in ihren Geschäftsräumen zu halten: Werbung, Service, Sonderaktionen, keine Möglichkeit bleibt ungenutzt. Doch das Erlebnis, das Kunden zum Ende ihres Einkaufs erwartet, steht hierzu in krassem Gegensatz: das Throw-Out-Phänomen.
Throw-Out statt Goodbye
In immer mehr Geschäften mit Kassenbändern ist die Waren-Aufnahmezone hinter den Scannern inzwischen so kurz, dass hier nur wenige Artikel Platz haben. Wer eine größeren Einkauf getätigt hat, ist gezwungen, alle Waren in kürzester Zeit im Einkaufswagen oder in einer Tasche unterzubringen. Das gelingt – gerade in Stoßzeiten – nur den wenigsten. Meist unterbricht dann die Zahlungsaufforderung des Personals nebst der obligatorische Payback-Frage den Einpack-Vorgang. Nach der Zahlungsabwicklung erfolgt umgehend die Begrüßung des nächsten Kunden, dessen Waren dann in die noch zu verstauenden Restteile des Vorgängers geschoben werden. Diese Konstellation hat eine zentrale Botschaft: “Lieber Kunde, Ihr Einkauf ist zu Ende, verschwinden Sie jetzt!“
Es geht noch rüder

Es gibt aber noch eine Steigerungsmöglichkeit: in ersten Märkten nimmt das Personal an den Kassen das Geld gar nicht mehr entgegen, sondern scannt nur noch die Waren, nennt den zu bezahlenden Betrag und händigt den Einkaufsbon aus. Der Bezahlvorgang wird über einen neben dem Band angebrachten Automaten abgewickelt. In diesem Fall muss sich der Kunde nicht nur um seine Ware, sondern parallel auch noch um die Zahlungsabwicklung kümmern. In dieser Konstellation bedarf der Begriff „Kundenorientierung“ sicherlich einer grundlegenden Neudefinition mit Aufforderungscharakter: gemeint ist nicht mehr die Ausrichtung der Anbieter auf den Kunden, sondern der Appell an den Kunden, sich im Hinblick auf seinen Kaufabschluss an der Kasse frühzeitig so auszurichten und einzustellen, dass er die Prozesse möglichst wenig stört.

© Klaus-Dieter Thill / IFABS