„Das Beste war, Sie hatten Zeit für mich“

Seit sieben Jahren arbeite ich als Patientenfürsprecherin für die Patienten des Waldkrankenhauses Köppern. Ich bin da, wenn sie jemanden zum Reden brauchen und versuche, bei Problemen zu helfen. Das alles in meiner Freizeit. Wie es dazu kam und was ich Positives, aber auch Negatives erlebe? Einfach weiterlesen, es lohnt sich.

Schön, dass es Sie gibt

Das Schönste an meiner Tätigkeit als Patientenfürsprecherin ist, dass ich für die Patienten Zeit habe und mir diese nehme, um mit ihnen zu reden, ihnen zuzuhören, aber auch, um mit ihnen zu schweigen. Ich versuche, ihnen zu signalisieren, hier ist ein Mensch, der sie mag und sie lässt, so wie sie sind. Und wenn diese dann sagen: „Schön, dass es Sie gibt“, weiß ich, dass ich das Richtige tue.

Patientenfürsprecher – Vermittler und Unterstützer

Ein Patientenfürsprecher, ist Vermittler zwischen Patienten und den zuständigen Stellen im Krankenhaus. Er prüft Anregungen und Beschwerden der Patienten und vertritt deren Anliegen. Er kann sich mit Einverständnis des betroffenen Patienten jederzeit und unmittelbar an die zuständigen Stellen wenden. Dabei hat er alle Sachverhalte vertraulich zu behandeln. Patientenfürsprecher sind nach § 7 des hessischen Krankenhausgesetzes vorgesehen und das Krankenhaus ist zur Zusammenarbeit mit ihnen verpflichtet. Sie sind unabhängig vom Krankenhaus und werden vom Landrat gewählt.

Mein Weg zur Patientenfürsprecherin

Man sollte ein Gefühl für kranke, verzweifelte Menschen haben und das Wichtigste: Zeit. Man muss den Patienten das Gefühl geben, da ist ein Mensch, der sich ihrer annimmt.

Während meiner Tätigkeit in der Verwaltung hatte ich bereits viel Kontakt zu den Patienten. Ich war damals schon oft der Kummerkasten. Im August 2007 wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, die Aufgabe der Patientenfürsprecherin zu übernehmen. Das Ehrenamt habe ich dann Anfang April 2008 angetreten, was viele Patienten freute.               

Gedankenaustausch als Problemlösung      

Ich habe das Ehrenamt gerne übernommen und übe es auch immer noch mit Freude aus. Ich gebe den Patienten meine Zeit. Es bereitet mir Freude, wenn sie zufrieden sind. Sie wollen sich außerhalb der Stationen unterhalten, das Zuhören und der Gedankenaustausch sind schon eine Art Problemlösung für sie. Ich kann keine pflegerische oder medizinische Hilfe geben und sehe mich daher manchmal als „Beziehungspflegerin“. Jedoch werde ich nicht mitgehen, wenn das Waldkrankenhaus von Köppern in den nächsten Jahren nach Bad Homburg umzieht. Für diese Entscheidung des Umzugs habe ich kein Verständnis. Ein psychiatrisches Krankenhaus aus der Natur zu reißen, um es an die Autobahn anzusiedeln, wo bleibt da der Mensch? Hauptsache es werden schwarze Zahlen in der Bilanz geschrieben?!

Ansprechpartner, rund um die Uhr

Auf jeder Station hängt ein Kummerkasten und es liegen Flyer aus. Ich mache wöchentlich einen Rundgang über die Stationen, sehe mir an, ob etwas in den Kummerkästen liegt und habe eine Sprechstunde. Um auch außerhalb der Sprechzeiten erreichbar zu sein und in dringenden Fällen tätig zu werden, kann ich meinen Anrufbeantworter auch von meinem privaten Anschluss abhören. Neben der offiziellen Sprechstunde, werden die Gespräche oft bereits beim Rundgang geführt. Beanstandungen und Wünschen wird immer direkt nachgegangen und mit dem Ziel, dass alle zufrieden sind, erledigt. Wenn zum Beispiel Patienten, die sich ein Zimmer teilen, miteinander nicht klarkommen, wird nach einer Lösung gesucht.

Schlüsselmomente

Ein Patient hatte einen Suizidversuch unternommen, den er schwer verletzt überlebte. Die Station wurde für diesen einen Tag geschlossen geführt. Es war ein Freitag und am Spätnachmittag fand ein Gottesdienst statt. Da die Patienten dieser Station, aufgrund des Vorfalls, nun nicht teilnehmen konnten, besuchten wir sie nach dem Gottesdienst auf Station. Unglaublich war, mit welcher Fürsorge, Umsicht und Zuwendung sich diese Patienten Gedanken um den verletzten Patienten machten und planten, was sie für ihn tun können, wenn dieser wieder zu ihnen auf Station zurückkommt. Diese Gemeinschaft war beispielhaft.

Ein Patient, für den ich wegen eines Anliegens zwei Jahre zuvor tätig war, kam in den Second-Hand-Laden, wo ich ebenfalls tätig bin. „Hallo Frau Gath, kennen Sie mich noch? Ich bin nur zu Besuch hier.“ Meine Frage „Wie geht es Ihnen“, beantwortete er mit: „Gut. Und wissen Sie, Frau Gath, was das Beste hier im Waldkrankenhaus war?“ Ich antwortete darauf, dass es wahrscheinlich die medizinische Versorgung und die gute Tabletteneinstellung war. „Auch“, sagte er, „aber das Beste war: Sie hatten Zeit für mich.“

Ich war schon auf Beerdigungen

Das Schlimmste an meiner Tätigkeit für mich ist, wenn ich mit ansehen muss, wie ein suchtkranker Patient seinen Körper weiter und weiter zerstört. Wenn ich erfahre, dass ein Patient trotz professioneller Hilfe Selbstmord begangen hat. Ich war schon auf Beerdigungen. Die Uneinsichtigkeit bezüglich der eigenen Krankheit und die damit verbundene Hilflosigkeit , ist für mich schlimm.

Das eine ist Beruf, das andere Privat

Beruf und Privatleben zu trennen, gelingt mir überraschend gut. Ich trenne das Ehrenamt absolut von meinem Privatleben. Ich kann mich mit Mitarbeitern des Waldkrankenhauses, dem Beschwerdemanagement und auch der Pflege austauschen und auch nachfragen, sodass ich fast nichts ins Privatleben mitschleppe. Sollte es dennoch mal anders sein, mein Mann „fängt mich auf“.

Die Emil-Soli-Ehrenmedaille – Wertschätzung, die viel bedeutet

Mir wurde für meine ehrenamtliche Arbeit, die Emil-Soli-Ehrenmedaille verliehen. Über diese Wertschätzung habe ich mich sehr gefreut. Die Medaille wurde vom Freundeskreis des Waldkrankenhauses, ein ehrenamtlicher Verein, verliehen, der unsagbar viele Aktivitäten für die Patienten des Waldkrankenhauses Köppern anbietet. Dieser Verein verdient unbedingt eine Wertschätzung.