Pröbchen von Produkten, Vorher-Nachher-Bilder, Empfehlungen von Experten und Stiftungen: Was in der Werbung der Privatwirtschaft erlaubt ist, kann im Gesundheitswesen verboten sein. Für den Wettbewerb gelten dort strenge Regeln, die der Gesetzgeber folgendermaßen begründet: Ärzte, aber auch andere Akteure in der Branche genießen ein besonderes Vertrauen in der Bevölkerung – und haben damit auch eine große Verantwortung. Was medizinische Fachleute öffentlich äußern, kann einen Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung nehmen.
Strenge Regeln für Werbung „außerhalb der Fachkreise“
Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) regelt, wie Angehörige der Heilberufe oder „Einrichtungen, die der Gesundheit von Mensch oder Tier dienen“ unter anderem mit Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren und Behandlungen werben dürfen. Es geht in den Vorschriften vornehmlich um Werbung „außerhalb der Fachkreise“, die also an Sie und mich gerichtet ist, an die Patienten und nicht zum Beispiel von Medizinprodukteherstellern an Ärzte.
Pharmafirmen und Ärzten ist es beispielsweise nicht gestattet, Heilversprechen für ihre Arzneimittel und Behandlungen zu geben. So verlockend es sein mag: Eine Aussage wie „Tragen Sie unsere Salbe auf, ist Ihr Ausschlag bald passé“ ist tabu. „Schockbilder“, also bildliche Darstellung von Krankheitsfolgen, sind ebenso untersagt. Ein medizinisches Nikotinpflaster darf nicht mit Bildern einer Raucherlunge beworben werden. Ebenso wenig dürfen Ärzte davor warnen, wie ein Verzicht auf eine Behandlung Ihre Gesundheit beeinträchtigen könnte. Darüber hinaus sind selbstverständlich alle Formen von missverständlicher und irreführender Werbung verboten – wenn zum Beispiel Wirkungen übertrieben und Nebenwirkungen heruntergespielt werden.
Auch Empfehlungen von Verbänden sind in Arzneimittel-Werbungen untersagt
Ein Urteil des OLG Frankfurt vom 12. Februar 2015 hat nun bestätigt, dass auch die Werbung mit Auszeichnungen und Zertifikaten, die von Fachverbänden und medizinischen Einrichtungen verliehen werden, unzulässig ist – solange die betreffenden Vereinigungen Menschen durch ihren Status zum Arzneimittelgebrauch ermutigen könnten. Lassen Sie mich dazu § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG zum Thema Empfehlungen zitieren:
„Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden mit Angaben oder Darstellungen, die sich auf eine Empfehlung von Wissenschaftlern, von im Gesundheitswesen tätigen Personen, von im Bereich der Tiergesundheit tätigen Personen oder anderen Personen, die auf Grund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können, beziehen“.
In dem Fall war ein Pharmaunternehmen auf Unterlassung verklagt worden, das ein Arzneimittel mit folgender Aussage beworben hatte:
„Erkältungsmedikament des Jahres 2014 –gewählt vom Bundesverband Deutscher Apotheker”
In dem Rechtsstreit argumentierte die Pharmafirma, der Bundesverband der Apotheker sei keine “Person”, sondern ein Verband. Deshalb sei die Werbung mit der Wahl des Produktes als Erkältungsmedikament des Jahres 2014 nicht vom oben zitierten Verbot des HWG umfasst. Das Gericht folgte dieser Argumentation allerdings nicht: Die Werbung mit Empfehlungen sei verboten, um den Gefahren einer Selbstmedikation zu begegnen. Eine solche Gefahr bestehe bei jeder Werbung, die sich auf eine fachliche Autorität beruft – unabhängig davon, ob diese Autorität in Form einer natürlichen oder juristischen Person auftritt. „Im Gegenteil vermag eine berufsständische Organisation von Angehörigen der Heilberufe eine größere Einflussnahme zu erzeugen als ein dem Publikum namentlich nicht bekannter Wissenschaftler“, heißt es im Urteil.
Die „Person“ kann auch eine Personengruppe sein
Ich halte die Entscheidung für systematisch nachvollziehbar. In ähnlichen Urteilen hat auch bereits der Bundesgerichtshof (BHG) Werbeaussagen für verbotswidrig gehalten, in denen auf Personenmehrheiten Bezug genommen wird. Die Empfehlungen, mit denen unzulässige Werbung betrieben wurde, mussten auch hier nicht von einer bestimmten natürlichen Person kommen.
Der BGH hat beispielsweise die Werbung mit der Aussage “die moderne Medizin setzt immer öfter auf das pflanzliche Arzneimittel XYZ” verboten (BGH, Urteil vom 18.1.2012). Hier werde die Empfehlung einer Mehrheit von Fachleuten und Ärzten angeführt. Das könne wiederum sogar eine stärkere Werbewirkung haben als die Empfehlung nur eines Arztes. Diese Auslegung suggeriert also für zukünftige Fälle: Die Bezeichnung “Person” ist nicht wörtlich aufzufassen, sondern muss je nach Zweck des Gesetzes ausgelegt werden.