„Warum sollte man nicht einem 75-Jährigen das Herz eines HIV-positiven Patienten transplantieren und sein Leben so um 15 Jahre verlängern?“ Diese Frage hat uns eine Schülerin gestellt. Unser Medizinreferent Armin Schafberger antwortet.
Liebe Melanie,
vielen Dank für deine interessante Frage. Sie zeigt bereits, dass das Thema Transplantation viele Ebenen hat – und dass verschiedene Menschen zu unterschiedlichen Haltungen kommen können.
Zunächst ist zu überlegen: Dürfen oder sollen HIV-Positive Organe spenden? Menschen mit schweren Infektionskrankheiten sind eigentlich davon ausgeschlossen, denn man will ja niemanden infizieren. Aber Organe sind knapp. Und ein Argument für Organspenden von HIV-Positiven lautet: Die HIV-Infektion ist heute gut behandelbar, sodass man viele Jahre bei guter Lebensqualität mit ihr leben kann. Ohne funktionierende Lunge oder Leber aber nicht.
Mit HIV kann man viele Jahre leben, ohne funktionierende Lunge oder Leber aber nicht
Vielleicht führt man Veränderungen im Denken und Handeln besser schrittweise als auf einmal herbei. Ein erster Schritt könnte sein: HIV-Positive dürfen ihre Organe an andere HIV-Positive spenden. Das ist hierzulande nicht erlaubt, in den USA dagegen wird das seit etwa einem Jahr gemacht.
Ein weiterer Schritt wäre dann die sogenannte Lebendspende an einen Angehörigen, so wie unser jetziger Außenminister Steinmeier 2010 eine seiner Nieren an seine Ehefrau gespendet hat. Wenn der Lebendspender also HIV-positiv ist und es über Jahre kein anderes Spenderorgan gibt, könnte der oder die Angehörige sich ja in Ruhe die Folgen überlegen und dann zustimmen oder ablehnen. Anders als jemand, der von einem anonymen Toten ein Organ bekommt – da will man ja durch strenge Regeln sicherstellen, dass niemand infiziert oder sonst wie geschädigt wird.
Die Regelung wird wahrscheinlich schrittweise aufgeweicht
Kurzum: Ich kann mir vorstellen, dass man angesichts des allgemeinen Mangels an Spenderorganen die Regelung, dass HIV-Positive nicht als Spender in Frage kommen, irgendwann aufweicht. In Etappen eben. Würde man sie dagegen in einem Schritt komplett aufheben, würde das viele Menschen sehr verunsichern, weil die HIV-Infektion leider immer noch mit viel Unwissen und großen Ängsten verbunden ist.
Wir hoffen, diese Informationen helfen dir, die Sachlage einzuschätzen. Wenn du noch Fragen hast, kannst du dich gerne bei uns melden.
Herzliche Grüße
Armin Schafberger