Strategische Entwicklung des Pharma-Vertriebs: Auflösung erstarrter Sicht- und Handlungsweisen

Die Black Box „Betreuungsqualität“

Die Arbeit des Pharma-Außendienstes folgt i. d. R. den Grundzügen eines Input-Output-Modells: Pharma-Referenten werden in den Bereichen „Indikations- und Präparate-Wissen“ sowie in Kommunikationstechniken geschult, erhalten Hilfsmittel für ihre Arzt-Gespräche, absolvieren ihre Kontakte und werden an dem daraus resultierenden Ergebnissen in Relation zu den Zielvorgaben gemessen. Die Prozess-, Inhalts- und Wirkungsqualität der Mitarbeiter-Arzt-Interaktion bleibt dabei als Black Box außen vor. Aber gerade in diesem Bereich liegen die Ansatzpunkte für die strategische Entwicklung des Pharma-Vertriebs.
Auf vier Aspekte kommt es an

(1) Die mitarbeiterspezifische Betreuungsqualität (CQS)

Der Customer Care Quality Score bezeichnet die auf Einzelarzt-Ebene gemessene Zufriedenheit der Zielpersonen eines Pharma-Beraters mit seiner Betreuung in Relation zu den Anforderungen. Der durchschnittliche Score für den Pharma-Außendienst liegt bei 56% (100% = Maximum).
(2) Die Leistungs-Selbsteinschätzung der Pharma-Referenten (SPS)

Der Self-Perception Score repräsentiert die Eigenbild-Fremdbild-Kongruenz zwischen der Kundenzufriedenheit und der Einschätzung eines Mitarbeiters. Pharma-Referenten tendieren dazu, die Zufriedenheit der von ihnen betreuten Ärzte deutlich zu über- und die Anforderungen zu unterschätzen, teilweise liegen die Deckungsquoten unter der 50%-Marke.
(3) Die Wettbewerbs-Positionierung (CPS)
Der Competitive Performance Score beschreibt den ebenfalls auf Einzelarzt-Ebene gemessene Nutzen, den ein Mitarbeiter seinen Zielpersonen im Vergleich zu konkurrierenden Mitarbeitern anderer Firmen und – mit zunehmender Bedeutung – in Relation zu Internet-Informationsquellen bietet. Die Substitutionsbereitschaft von Ärzten, Berater gegen Internet-Informationskanäle auszutauschen, beträgt gegenwärtig 79% (!).
(4) Die unternehmensinterne Unterstützung (SQR)

Der Sales Support Quality Score (SQR) ergibt sich aus der subjektiv empfundenen Zufriedenheit eines Mitarbeiters mit der firmeninternen Unterstützung im Verhältnis zu seinen Anforderungen. Der Wert ergibt sich aus der Beurteilung der verschiedenen, für den Support relevanten Abteilungen (Regional- und Außendienstleitung, Marketing, Med. Wiss,. Service-Ressorts etc.). Werte unter 30% für einzelne Unternehmensbereiche sind hierbei keine Seltenheit.
Neuausrichtung der Vertriebs-Strategie
Neben regionalen Kundenzufriedenheits-Analysen und neuen Formen der unternehmensinternen Kooperation, die konkrete Anhaltspunkte für die CQS-, SPS-, CPS- und SQR-Optimierung liefern, entscheidet vor allem die Umstellung der Vertriebstätigkeit auf eine B2B-Sichtweise von Arztpraxen über den zukünftigen Erfolg. So zeigte ein Vergleich von Pharma-Außendienstmitarbeitern, die ergänzend zu ihrer Informationsarbeit auf die Praxisführung bezogene Medical Practice Reinforcement-Tools anboten, deutliche CQS-Zuwächse und eindeutige Reduktionen der Substitutionsgefahr.

© Klaus-Dieter Thill / IFABS

detail