Die Stiftung Gesundheit hat das Kniebuch „Enno und die Juckgespenster“ von der European Centre of Allergy Research Foundation (ECARF) zertifiziert. Über dieses außergewöhnliche Format und die Hintergründe wollten wir gerne mehr erfahren und haben mit Matthias Colli von der Unternehmenskommunikation bei ECARF gesprochen.
Herr Colli, ECARF klärt im Rahmen eines Präventionsprojekts seit dem vergangenen Jahr an Berliner Kitas und Grundschulen über Allergien auf. Worum geht es dabei konkret?
Das Präventionsprojekt heißt “Bist du auch allergisch?!“ und richtet sich an Kinder im Kita- und Grundschulalter, an ErzieherInnen und an Eltern gleichermaßen: ErzieherInnen können sich über eine Online-Schulung das Thema „Allergie“ mit den Schwerpunkten Neurodermitis und Nahrungsmittelallergie eigenständig erschließen. Für das Selbstvertrauen der betroffenen Kinder ist es wichtig, dass diese sich mit ihrer Krankheit auseinandersetzen. Nicht betroffene Kinder sollen in ihrer Sensibilität und Toleranz gegenüber Kindern mit Allergien gestärkt werden.
Und welche Rolle spielt dabei Ihr Werk „Enno und die Juckgespenster“?
Dieses Kniebuch gehört zu dem Präventionsprojekt. Damit gehen wir als Stiftungsmitarbeiter an die Berliner Kitas- und Grundschulen und halten Vorleseveranstaltungen. Das Kniebuch erzählt die Geschichte von „Enno“, einem kleinen Jungen mit Neurodermitis und einer Nahrungsmittelallergie. Die Kinder lernen anhand der Geschichte, dass Allergien zwar unangenehm, aber kein Grund zur Furcht oder Ausgrenzung sind.
Ein Kniebuch? Das müssen Sie kurz erklären.
Ein Kniebuch lässt sich wie ein Klappkalender auf die Knie stellen. Auf der Vorderseite wird die Geschichte in großflächigen Zeichnungen erzählt, sodass die Kinder sie auch auf einige Entfernung erkennen können. Auf der Rückseite des vorhergehenden Blattes steht dem Vorlesenden neben verkleinerten Abbildungen auch der Vorlesetext zur Verfügung. So kann den Kindern die Geschichte mit direktem Blickkontakt vorgelesen werden. Des Weiteren bringen Kniebücher ein soziales Gruppenerleben, was einen positiven Umgang mit dem Thema fördert. Dies ist elementar, da gerade das Thema „Allergie“ bei Kindern oft mit Ausgrenzung verbunden ist.
Warum haben Sie sich für eine Zertifizierung des Werkes durch uns entschieden?
Das Kniebuch richtet sich an Kinder im Kita- und Grundschulalter. Die Zertifizierung des Buchs bestätigt uns darin, dass die enthaltenen Gesundheitsinformationen ausgewogen, alltagstauglich und trotz einer recht großen Altersspanne zielgruppengerecht sind.
Das Thema Allergien ist in den Medien sehr präsent. Fehlt es denn noch an Aufklärung?
Das Grundwissen zu Allergien im Kita-und Grundschulbereich ist sehr unterschiedlich. Auf Seiten der ErzieherInnen herrschen häufig Berührungsängste und Unwissenheit darüber, wie mit allergischen Kindern, beispielsweise im Notfall, umgegangen werden muss: Welche Medikamente dürfen ErzieherInnen geben? Wie setzt man einen Auto-Injektor ein? Im Notfall ginge durch Unkenntnis wertvolle Zeit verloren.
Und obwohl viel über Allergien zu lesen ist, wird die Krankheit weiterhin bagatellisiert. Mittlerweile sind 20 bis 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen von einer Allergie betroffen. Bleiben diese Allergien unbehandelt, schränken sie Leistungsfähigkeit und Lebensqualität immens ein.
Wo sind für Allergiker-Kinder im Kita-Alter die größten Hürden?
Einschränkungen gibt es in vielen Bereichen: auf Klassenfahrten, auf Kindergeburtstagen, beim Sport. Kinder mit Allergien – genauso wie Lehrer oder Erzieher – müssen vieles beachten. Die Kinder nehmen dadurch häufig eine Sonderrolle ein, die sie gar nicht haben wollen: Zu der Angst vor körperlichen Beschwerden kommt noch die Angst vor Ausgrenzung hinzu. Das ist keine leichte Situation, auch für Eltern oder Geschwister. Der spielerische Zugang zur Krankheit, den das Kniebuch leistet, soll dem ungewünschten Sonderstatus von Kindern mit Allergien entgegenwirken. Die Geschichte macht deutlich, dass Allergien für alle Beteiligten gemeinsam handhabbar sind.
Wie wurde das Projekt von den Kindern und ErzieherInnen bisher aufgenommen?
Seitens der ErzieherInnen gab es durchweg positive Rückmeldung. Die Online-Plattform gab ihnen die Möglichkeit, sich orts- und zeitunabhängig über Allergien weiterzubilden. Die Kinder haben während der Leseveranstaltungen ohne Scheu Fragen gestellt und spontan von ihren Erfahrungen mit Allergien berichtet. Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass die Figur „Enno“ das Interesse fördert und eine Transferleistung in die eigene Erfahrungswelt ermöglicht.
Und planen Sie bei diesem Erfolg, das Projekt auch bundesweit auszubauen?
Indem wir weiterhin Öffentlichkeitarbeit betreiben und gezielt Verbände und andere Stiftungen für die Verbreitung des Projekts ansprechen, findet es bereits jetzt bundesweit statt. Wir erhalten viele Anfragen von Kita- und Schuleinrichtungen.
Vielen Dank für das Gespräch.