Tja, wie geht man mit solchen Fällen um? Ich kann es nicht sagen. Es ist schrecklich was zeitweise passiert, und manchmal sind die schrecklichsten Fälle die, mit denen man erstaunlich gut umgehen kann. Weil es so unglaulich ist, dass man es gar nicht komplett fassen kann. Sondern man nimmt die PatientInnen so, wie sie kommen. Krank, manche kränker, manche unglaublich krank, manche “selbstverschuldet” (wobei, wer weiß was denen passiert ist?), manche aus heiterem (haha) Himmel, manche einsichtig, viele uneinsichtig. Es ist egal: sie sind Menschen, die Hilfe benötigen, die medizinische Versorgung in Anspruch nehmen. Es kommt jemand mit Krebs, man kümmert sich um die Person. Man kümmert sich um Wunden, näht, operiert, sorgt sich um Menschen. Es ist auch ein Stück Routine. Und das ist gut so.
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Supermond.
Wäre ich esoterisch, würde ich sagen, der Supermond sei daran schuld. Bin ich aber nicht. Vielleicht liegt es nur an der besonderen Nachtstimmung, vielleicht aber auch nicht. Mir kommt es aufjedenfall vor, als wären Nachtdienste entweder easy und chillig, oder verrückt. Während manchen Nächten blicke ich mehrmals auf das Telefon, um den Akku zu checken, weil es nie klingelt. Verdächtige Ruhe. So war es auch letzte Woche. Der Spätdienst hatte absolut nichts zu übergeben. Die Station sei ruhig, keine Katastrophen. Auf der Notaufnahme läge auch kein chirurgischer Patient, der noch angeschaut werden muss. Nein, und angemeldet sei auch nichts. Hm, na gut. Ich schlürfe meinen Energydrink gemütlich im Büro, löffle ein Joghurt, drehe Paul Anka leise auf und widme mich den chirurgischen Zeitschriften, die andauernd in die Wohnung flattern. Mein Oberarzt meldet sich ab, er gehe nachhause, ich solle mich melden bei Problemen. Mhmmm. Ich geniesse die Stille. Fünf Minuten später läutet es. Das Telefon. Ich, noch die Ruhe in Person, nehme gelassen ab. Die Gelassenheit verflüchtigt sich in der Sekunde, in der mir der Oberarzt der Notaufnahme in mein Ohr brüllt. IN EIN PAAR MINUTEN LANDET DER HELIKOPTER, INTRAABDOMINELLE BLUTUNG, STURZ, UNTER OAK, INR MINDESTENS TAUSEND. Mein Puls liegt nun nicht mehr bei 60, sondern wahrscheinlich eher bei 90. Wobei, was stresse ich mich jetzt, der Heli lande in ein paar Minuten, so lange brauche ich nicht in den Schockraum. Den Oberarzt zurück in das Haus holend spaziere ich telefonierend Richtung Schockraum. Ein CT gäbe es schon vom zuweisenden Krankenhaus. Wird freigeschalten, dauere leider ein paar Minuten, heisst es von der Radiologin. Hmpf. Das CT ist dann schon zu sehen, noch bevor der Patient landet. Viel freie Flüssigkeit. Mesenteriale Blutung. Hmpf. Unter OAK bei St. n. Pulmonalembolie und DES. Mein Oberarzt hastet in den Schockraum, wenige Sekunden später trudeln die Männer in Rot mit dem bleich aussehenden Patienten ein. Der Druck sinkt, der Patient kotzt, der Bauch ist zum platzen gespannt. Praktischerweise hat sich jemand bei der Konstruktion des Hauses etwas gedacht und den Operationssaal in die Nähe des Schockraumes platziert. Anstatt den Patienten im Schockraum also umzukabeln, werden auf dem Weg direkt in den OP viele Infusionen in den Menschen reingedrückt. Ab in den Saal, intubiert, Messer, Bauch offen. Und das innerhalb wenigster Minuten. Es kann so schnell und einfach gehen!
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