CHATT steht für „Changing students and trainees attitude towards learning by using co-operative andcoaching methods in vocational settings“. Ein langerAusdruck, der ein EU-Projekt beschreibt, welches pädagogische Theorie und Praxis zusammenführt. Das hört sich kompliziert an, ist aber sehr spannend, da man Einblicke in die Ausbildungs- und Arbeitsabläufe anderer Länder bekommt. Vitos Kalmenhof war das erste Mal dabei und die Erfahrungen waren großartig.
EU unterstützt Ideen
Es handelt sich um kein neues Projekt. Gestartet ist es das erste Mal bereits vor zehn Jahren mit Deutschland, Wales, Finnland und Belgien. Es verläuft organisatorisch jedes Mal ähnlich. Die EU gibt dabei keine Idee, kein Thema vor. Dies muss von uns geliefert werden. Wenn es steht und angenommen wird, läuft das Projekt zwischen zwei und drei Jahren.
Sechs verschiedene Länder luden ein
Pädagogen aus Deutschland, Finnland, Schweden, Wales, Spanien und Belgien trafen sich zu verschiedenen einwöchigen Miniprojekttreffen. Hauptaspekte waren der Vergleich von Standards, die Übernahme von Haltungen sowie das Kennenlernen von Methoden und Ansätzen. Zudem stand das Netzwerken im Vordergrund. So konnten wir viele Kontakte knüpfen, die auch den Studierenden der Fachschule für Sozial- und Heilpädagogik der Adolf-Reichwein-Schule zu Gute kommen, z. B. innerhalb von Auslandssemestern.
Die Teilnehmer
Die Teilnehmer waren in erster Linie Menschen aus dem Bereich Pädagogik. Nun wird dieses Gebiet in den einzelnen Ländern jedoch völlig anders angegangen. Deutschland und Österreich sind beispielsweise die einzigen Länder, wo eine rein schulische Ausbildung Voraussetzung ist, um den Beruf des Erziehers zu ergreifen. In allen anderen Ländern bedarf es dafür eines Studiums. So trafen wir neben Lehrern auch auf viele Hochschulprofessoren, Abteilungs- und Teamleiter. Es gab eine Kerngruppe (Koordinatoren der einzelnen Länder), die sich vor Ort austauschte, aber auch unsere Mitarbeiter hatten die Möglichkeit teilzunehmen.
Nachhaltige Kontakte – Freundschaften fürs Leben
Unsere Mitarbeiter sind mit Mitarbeitern aus den verschiedenen Ländern noch immer über eine Facebook-Gruppe in Kontakt oder nutzen Urlaube, um die Beziehungen zu vertiefen.
Es ist toll zu sehen, wie klein die Welt durch solche Projekte auf einmal wird und wie nah man Menschen kommen kann, die einem eigentlich immer so weit weg und fremd vorgekommen sind.
Transparenz ist uns wichtig
Wir haben versucht, unsere Mitarbeiter, die leider nicht vor Ort dabei sein konnten, regelmäßig über das Projekt auf dem Laufenden zu halten. Es war uns wirklich ein Anliegen transparent zu berichten, was wir Neues erfahren und erlebt haben. So gab es zum Beispiel ein Chatt-Tagebuch mit Fotos und Informationen beim „Dialog“, der Informationsveranstaltung, die regelmäßig von unserer Geschäftsführerin für alle Mitarbeiter durchgeführt wird.
Eigenverantwortliches Lernen
Ein essenzieller Teil, den wir für uns mitnehmen konnten, ist der Punkt des eigenverantwortlichen Lernens. Wir gehen weg davon, den Studierenden und Praktikern allzu viel vorzugeben und vorgefertigte Bilder zu liefern. Weg von dem Belehrenden, hin zum Coaching. Wir geben ihnen einen Rahmen, aber den Inhalt müssen sie selbst erarbeiten. Sich mit Themen auseinanderzusetzen, die sogar noch emotional besetzt sind, ist deutlich nachhaltiger als nur etwas auswendig zu lernen. Wenn man zielorientiertes Arbeiten lernt, bleibt das Gelernte hängen.
Schwerpunktthemen
Jedes unserer Treffen stand unter einem anderen Thema. Besonders eindrucksvoll fand ich den Schwerpunkt „Lernumgebung“. Uns muss klar sein, dass wir den Kindern und Jugendlichen, die wir betreuen, ein Zuhause schaffen. Daher müssen wir auch die Umgebung mit anderen Augen sehen. Wir müssen Standards erfüllen, aber gleichzeitig fördernd sein. So kann ich z. B. in einer Gruppe mit ADHS-Kindern, keine grellen Plakate, Mobiles und andere Dinge aufhängen, die das Kind vom Lernen ablenken. Wir müssen bewusster und gezielter planen, was für unsere Aufgabe, insbesondere aber für die uns anvertrauten Kinder förderlich ist. Der Coaching-Gedanke greift also neben der Begleitung unserer Praktikanten und neuen Mitarbeiter auch für die Kinder.
Vitos Kalmenhof – Die Praktiker
Bei dem vielfältigen Austausch und auch dem Projektmeeting im Januar hier bei uns im Kalmenhof haben wir schnell gemerkt, dass wir nicht nur lernen, sondern viel weitergeben können. Denn wir bieten bereits Coaching-Prozesse an. Beispielsweise im Bereich der Erziehungsstellen, wo wir die Paare bei der Entscheidung, professionelle Pflegefamilie zu werden, begleiten und schulen. Wir sind in der Praxis bereits sehr gut aufgestellt und konnten viel rüberbringen. So profitierten tatsächlich immer alle von diesem internationalen Austausch.
Ein Wort: Großartig!
Dieses Projekt war eine unglaublich gute Erfahrung. Beruflich, als auch persönlich. Die Menschen, die sich an so etwas beteiligen, sind offen und sehr wissbegierig. Sie wollen neue Kulturen kennenlernen und sind begeistert von dem Austausch. Die englische Sprache war für viele zu Beginn ein Hemmnis. Doch Angst, Fehler vor den anderen zu machen, hatte niemand. Dennoch, mein kleines Wörterbuch „Pädagogik-Englisch“ war schon eine kleine Rettung. Denn wie würden Sie denn „Tagesgruppe“ übersetzen? Daygroup? Nein, sicher nicht. Es ist einfach klasse, die Möglichkeit zu bekommen, über den Tellerrand zu schauen und zu sehen, was möglich ist.
Ein großes Lob an unsere Mitarbeiter
Unsere Mitarbeiter haben in diesem Projekt Tolles geleistet. Es war klasse, diese hohe Motivation und Freude zu sehen. Sie mussten sich komplett neu auf alles einstellen und haben das super gemacht. Es ist schön, zu sehen, wie unsere Mitarbeiter, als ehemalige Schüler der Adolf-Reichwein-Schule, flügge werden und solche Erfahrungen machen.