You can change the face of European Healthcare

Abschlusssitzung des European Health Parliaments am 16. Juni 2015 in Brüssel

Zusammen mit Präsident Konrad Fenderich reisten Marie Hammer (Ausschuss Dringende Probleme), Tobias Backhaus (Ausschuss Wettbewerbsfähigkeit) und ich, Luise Tavera (Ausschuss Öffentlichkeit) im Juni nach Brüssel, um an der Abschlusssitzung des European Health Parliaments (EHP) teilzunehmen. Die sieben Projektgruppen des EHP stellten dort ihre Arbeit vor und präsentierten Lösungsansätze verschiedener Art.
Das Parlament besteht, wie das der Young Lions, aus jungen Menschen. Während der Sitzung wurde von Philippe De Backer (Host of European Parliament) darüber Folgendes statuiert:

Es sei wenig sinnvoll, noch mehr Politiker zu versammeln, die am Ende ihrer Karriere einen Blick auf die Vergangenheit werfen. Die Arbeit mit jungen Leuten, die sich mit ihren Ideen an Experten wenden, um diese um Einschätzung zu bitten, das sei der Schlüssel. Er rief dazu auf, den Wandel und die Innovationen des Parlamentes durchzusetzen. „With your help, we make the future better and push your ideas to the front“, so De Backer.

Marie, Konrad, Luise und Tobias (v. l. n. r.) vor dem Europäischen Parlament in Brüssel

Marie, Konrad, Luise und Tobias (v. l. n. r.) vor dem Europäischen Parlament in Brüssel

Viele Projekte des EHP ähneln inhaltlich den Projekten der Young Lions. Ob das an der Brisanz der Themen und Problematiken des Gesundheitswesens oder ähnlichen Interessen der Abgeordneten liegt, sei dahingestellt. Es hat die Teilnahme an der Abschlusssitzung für uns jedenfalls noch interessanter gemacht. Und es ist ein Zeichen dafür, dass die Probleme, die uns national herausfordern, wie der demografische Wandel, die Finanzierung und die Qualitätssicherung der Gesundheitsversorgung, auch international bestehen und bearbeitet werden müssen.

Ressourcenknappheit

Die Rede des ersten Ausschusses über „Economic Dimension of Healthcare“, widmete sich dem wahrscheinlich zentralsten aller ökonomischen Probleme: Die Ressourcen werden weniger, man muss „mehr aus weniger machen“. Das EHP glaube an die Telemedizin und sei davon überzeugt, dass mit Vorsorge und Prävention Kosten gespart und Leben gerettet werden können. Das Thema Prävention sei auch in weiteren Projekten von Bedeutung und ein Lösungsansatz, der von den Parlamentariern als sehr vielversprechend angesehen werde. Wenn mehr Geld in die Prävention investiert würde und diese Prävention allen Menschen zugänglich wäre, könne das Problem an der Wurzel gepackt werden, so De Backer.


Patient Empowerment

Die zweite Präsentation betraf die Patienten, der Ausschuss nennt sein Themengebiet „Patient Empowerment and Centredness“. Es gäbe sehr viele nationale Initiativen, die sich für die Bedürfnisse und das Mitspracherecht der Patienten einsetzten, doch international habe sich noch nichts dergleichen formiert. Das anzustreben, sei die künftige Zielsetzung. Weiterhin solle der Patient als Akteur im Gesundheitswesen nicht nur als Erkrankter betrachtet werden, sondern in erster Linie als Mensch. Doch die Forderung nach Patientenrechten und Patientenzufriedenheit reiche noch nicht. Den Patienten als Akteur zu respektieren bedeute nämlich auch, dass er besser informiert werden müsse. Er solle autarker entscheiden können, indem er über die Behandlungsmöglichkeiten seiner Krankheit besser unterrichtet wird. Für Menschen mit einer chronischen Erkrankung gelte dies verstärkt, da sie dadurch mehr Kontrolle über ihre Lebensqualität erlangen.

Grenzübergreifende Krankheitsbekämpfung

Die dritte Sitzung beschäftigte sich mit allen Belangen rund um das Thema Krankheitsverbreitung. Das Ausschussthema nennt sich „Cross Border Health Threats“, also die Bedrohungen durch Krankheiten über Ländergrenzen hinweg. Die Formierung unter diesem thematischen Inhalt erklärt sich damit, dass Krankheiten nicht vor geografischen Grenzen Halt machen, sondern dass gerade im Falle von Epidemien oder Pandemien international zusammengearbeitet werden muss. Krankheiten wie Tuberkulose, Polio und Ebola würden sich auch interkontinental immer schneller verbreiten, unter anderem durch den Flugverkehr und mangelnde Kontrollen. Nur wenn die europäische Gemeinschaft schnell und effizient zusammenarbeite, sei die Ausbreitung zu bekämpfen. Sektoren müssten besser kooperieren, Länder, Staaten und Kontinente seien verpflichtet, sich um eine bessere Zusammenarbeit zu bemühen. Wissen und Technologien zu teilen falle oft schwer, sei aber in einem europäischen Rahmen eine Pflicht zum Wohle aller, schloss Cristian Busoi (rumänischer Politiker und Mitglied des Europaparlamentes) seine Rede.

Viele Daten – viele Diskussionen

„Big Data“ nennt sich das Projekt des vierten Ausschusses und befasst sich damit mit einem Problem, das mit der Zeit weiter wachsen wird. Denn die Frage des Datenschutzes, der Datenspeicherung und dem Sammeln von patientenbezogenen Daten ist auch in Deutschland sowohl gesetzlich sehr strikt geregelt, als auch stets heiß diskutiert. Auf europäischer Ebene sei das nicht anders. Aber es bekomme eine andere Dimension, wenn man sich vorstelle, was man international voneinander lernen kann – also das Potenzial erkenne, statt nur die Risiken zu besprechen. EU-Staaten könnten sich derzeit bereits an Projekten des European Institute for Health Records beteiligen, einer non-profit Organisation. Victor Negrescu (rumänischer Politiker und Mitglied des Europaparlamentes) unterstütze die Ideen des Ausschusses, denn er sei sich sicher, dass dieser Ansatz den Unterschied machen könne und die europäische Gesundheitsversorgung verbessere.

Elektronische und mobile Gesundheit

Die Mitglieder des Projekts mit dem Thema „e/mHealth“ des fünften Ausschusses betonten in der Präsentation, dass das EHP mit seinen Zukunftsplänen immer möglichst 20 Jahre in die Zukunft blicke. Alle Innovationen, die im Bereich des eHealth oder mHealth (electronic bzw. mobile Health) entstehen, seien jedoch in ihrer Integration in das bestehende System behindert. Besonders die Markteintrittsschranken stellten Schwierigkeiten dar. Würden diese Rahmenbedingungen einfacher gestaltet, könnten sowohl Patienten als auch Ärzte weltweit viel mehr von eHealth und mHealth profitieren.

Inter/Nationale Präventionsmaßnahmen

Der Ausschuss mit der Projektbezeichnung „Prevention of chronic diseases“ griff auch das Thema Prävention auf. Diese Gruppe fokussierte sich vorrangig auf die Themenschwerpunkte Alkohol, Tabak, schlechte Ernährung und mangelnde Bewegung. Giovanni La Via (italienischer Politiker und Mitglied des Europaparlamentes) erklärte, dass viele Präventionsmaßnahmen national konzipiert seien, dass aber auch international dafür gesorgt werden müsse. Zusammenarbeit und Informationsaustausch seien wertvoll und die Arbeit von und mit jungen Menschen für eine Strategieentwicklung in dieser Thematik unentbehrlich.

Zugang zu Innovationen

Der letzte und siebte Ausschuss befasste sich mit dem Thema „Access to therapeutic innovation“, dem Zugang zu therapeutischen Innovationen. Eine internationale Zusammenarbeit von allen Stakeholdern des Gesundheitswesens wurde auch hier angesprochen. Diese sei nötig um zu erreichen, dass nicht jeder an seinen eigenen Themen arbeite, sondern man sich zusammen gemeinsamen Themen widme. De Backer schränkte dies jedoch ein indem er sagte, dass wenn man nicht alle Stakeholder an einem Tisch versammeln könne, man das Ziel der Zusammenarbeit verfehlt habe. Eine oberflächliche Sichtweise auf Strukturen der Gesundheitssysteme, wie sie häufig vorzufinden ist, sei ein Hindernis, das nur mit Kommunikation überwunden werden könne, so De Backer weiter.

Im Mittelpunkt dieses Treffens stand ganz einstimmig die internationale Zusammenarbeit. Ein direktes oder indirektes Fazit bei jedem der Redner war der Appell, voneinander zu lernen, Wissen zu teilen und zusammenfassend: Einander zu vertrauen. Alle Hindernisse, ob politisch, geografisch oder juristisch, sind in der Arbeit im internationalen (und auch nationalen) Gesundheitswesen omnipräsent. Doch soll sich vor allem innerhalb dieser zahlreichen Rahmenbedingungen darauf konzentriert werden, die vorhandenen Möglichkeiten auszuschöpfen. Oft wurde sogar davon gesprochen, wertvolle Innovationen in das starre System einzufügen, selbst wenn dadurch einige Barrieren aufgebrochen werden müssen.

In einer Zeit, in der die europäische Gemeinschaft viel Kritik erfährt und seit Jahren aus finanziellen Gründen einer Zerreißprobe ausgesetzt ist, war es für mich besonders belebend, diesen Gemeinschaftsgeist zu sehen. Auf der einen Seite entstehen Diskussionen und sehr konstruktive Meinungsverschiedenheiten zwischen jungen Leute aus vielen unterschiedlichen Bereichen des Gesundheitswesens und aus vielen verschiedenen Ländern; und auf der anderen Seite ist merklich, dass alle an einem Strang ziehen und den gemeinsamen Konsens an erste Stelle setzen. Ich möchte behaupten, dass eine solche Arbeitseinstellung einzigartig und für das Gelingen solcher Projekten entscheidend ist.