Im Computerdossier des Kindes dessen Rezept ich vor mir habe, ist schon ein Kommentar, der darauf hinweist, dass das Kind nach der letzten Infektion und Behandlung einen Rückfall gemacht hat … und dass es da schon ziemlich lange krank war. Jetzt ist es nur 2 Monate später und die Mutter steht wieder da mir einem Rezept für ein Antibiotikum.
Ein neues diesmal: Bactrim Sirup.
Und das macht mir jetzt ein bisschen Probleme: Der ist ausser Handel. Recht erfreut bin ich, dass wir aber noch einen an Lager haben – so dass die Behandlung gleich beginnen kann. Und dass es noch ein Generikum gibt, damit wir die Behandlung lange genug weiter führen können.
Ich schreibe das Mittel an, erkläre der Mutter die Anwendung, zeige ihr, wie das mit dem Löffel geht: untere Rille entspricht 5ml … dass es wichtig ist, das regelmässig (morgens und abends) und lange genug zu geben und gebe ihr den Abholzettel mit für den Nopil Sirup, damit die Behandlung auch wirklich lange genug weiter geführt werden kann.
Die meisten Eltern holen Medikamente wie Antibiotika die bestellt werden müssen sehr bald ab. Bei der hier dauerte es länger.
Was für uns in dem Fall übrigens noch gut war, denn wie sich herausstellte war es inzwischen so, dass auch der Nopil Sirup in der Schweiz ausser Handel gegangen ist. Genau an dem Tag, an dem ich ihn gebraucht hätte! Und bestellbar ist er auch nicht mehr. Damit gibt es in der Schweiz keinen Sirup mit Sulfamethoxazol und Trimethoprim (=Cotrimoxazol) mehr. Aus, fertig. Nur noch Tabletten, und die kann man einem etwa 4 Jährigen Kind nicht geben.
Mir blieb so nicht viel anderes übrig, als den Cotrim Sirup aus Deutschland zu besorgen.
Und dann kommt niemand die Packung abholen. Jedenfalls nicht zu dem erwarteten Zeitpunkt an dem die alte Packung fertig sein müsste.
Dafür kam ein Telefonanruf der Mutter … sie wollte wissen, wie schlecht es ist, wenn sie das gelegentlich abends nicht gegeben hat. Anscheinend hat sie mein „regelmässig morgens und abends“ so verstanden, dass wenn sie den Sirup nicht zur gleichen Zeit abends (ca. 7 Uhr, Nachtessenzeit) geben konnte, ihn dann einfach ganz weggelassen hat, weil es „zu spät“ dafür war. Argh! Das habe ich garantiert nicht mal ansatzweise so gesagt. Aber es erklärt, weshalb er so lange gereicht hat.
Man instruiert sie noch einmal über die korrekte Anwendung – ja, auch abends, auch wenn es eine oder 2 Stunden später ist, Hauptsache, sie nimmt es … und dass da noch die 2. Flasche bei uns ist zum abholen, damit man es lange genug geben kann.
Dann kommt sie sie abholen, nur um ein paar Tage später anzurufen: Sie brauche noch eine Packung.
Leichte Verwirrung auf unserer Seite: Was jetzt? wieso? Nach unserer Berechnung müsste diese 2. Flasche reichen.
Stellt sich dann heraus, dass sie von sich aus entschieden hat statt der unteren Rille im Löffel beim neuen jeweils den ganzen Löffel (also effektiv 10ml) zu geben, weil das andere zu kompliziert wurde (?)
Gut – sie hat Glück. Bei dem Medikament ist eine solche „Überdosierung“ nicht so ein Problem. Aber es ist nicht so, wie sie es anwendenden soll. Schon wieder nicht.
Also – ja, man bestellt noch eine Packung und erklärt noch einmal die korrekte Anwendung und gibt diesmal auch noch extra eine Dosierungsspritze mit ab – damit das Löffelproblem garantiert nicht mehr auftritt.
Aber jetzt mal ehrlich: nach all dem verstehe ich besser, weshalb das bei dem Kind so lange nicht besser wird. Ein bisschen tragisch ist das auch. Der Mutter fehlt es irgend an etwas, damit die Behandlung auch wirklich klappt – und bei Kindern ist der Behandlungserfolg halt vor allem davon abhängig, wie die Eltern mit involviert sind.
Ob da wirklich das Problem schon – wie ich im Titel andeute – ein Münchhausen by proxy ist, oder ob das einfach eine gewisse Unfähigkeit der Mutter ist … ich weiss es nicht. Ich weiss nur, dass ich das sehr gut im Auge behalten werde.
Tagged: Antibiotikum, Apotheke, Kind, Patient