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Infoveranstaltung "Fokus Forschung" in Zürich 2013
Am 20. April 2013 führte die Schweizerische MS-Gesellschaft eine Informationsveranstaltung für MS-Betroffene und Interessierte in Zürich durch.
Die Veranstaltung wurde in den Räumlichkeiten der Pädagogischen Hochschule, die direkt neben dem Hauptbahnhof liegen, durchgeführt.
Themen:
- Vorstellen der MS-Gesellschaft, Dr. Christoph Lotter, MS-Gesellschaft
- MS-Forschung: Neue Medikamente, PD Dr. Michael Linnebank, Uni Spital ZH
- Wie Verkehrsschilder aus Zucker und Eiweiss den Immunzellen im Körper den Weg weisen, Prof. Dr. Britta Engelhardt, Theodor-Kocher-Institut, Uni Bern
- Gene und Umweltfaktoren als Ursachen der MS, Prof. Dr. Roland Martin, Uni Spital ZH
Vorstellen der MS-Gesellschaft
Der Verantwortliche für die Dienstleistungen der MS-Gesellschaft, Christoph Lotter, stellte kurz die verschiedenen Angebote der MS-Gesellschaft und die erbrachten Dienstleistungen der MS-Gesellschaft vor. Die verschiedenen Angebote lassen sich auf der Webseite der MS-Gesellschaft finden.
Am 29. Mai ist Welt MS-Tag. Weltweit führen die MS-Gesellschaften eine koordinierte Kampagne mit dem Namen «Was ist ihr Lebensmotto?» durch. Zu diesem Zweck wird die Webseite kraftspende.ch in der Schweiz aufgeschaltet werden. Die Kampagne wird vom internationalen MS-Zusammenschluss MSIF koordiniert und vom Pharmaunternehmen Genzyme unterstützt. Die MS-Gesellschaft wird zu diesem Anlass ihren neuen Facebook-Auftritt aufschalten.
Die MS-Gesellschaft ist neben der amerikanischen MS-Gesellschaft, eine der Gesellschaften, die die Forschung prozentual am stärksten fördern. In den letzten 15 Jahren wurden 350 Forschungsprojekte finanziert, mit einer Gesamtsumme von 14.7 Mio. Franken.
MS-Forschung: Neue Medikamente
Michael Linnebank gab eine Übersicht die aktuellen und die kommenden MS-Medikamente. Die Auswahlmöglichkeit macht die Entscheidung für Arzt und Patienten schwieriger. Jeder Betroffene wird mit diesen Medikamenten konfrontiert werden.
Über die Medikamente habe ich bereits in den früheren Artikeln MS Informationstag «Aus der Forschung für die Praxis» 2013 und Bericht zur Informationsveranstaltung «Medikamentenentwicklung und MS» der MS-Gesellschaft geschrieben.
Neu:
- BG-12 hat in der EU einen positiven Entscheid zur Zulassung erhalten. Markenname des Medikamentes: Tecfidera™.
- Novartis arbeitet an einer Weiterentwicklung von Gilenya mit Namen BAF312. Das Medikament soll spezifischer werden. Studien für sekundär progrediente Patienten sind geplant (oder werden bereits durchgeführt?).
- Der Nutzen der frühen Therapie sei weiter bestätigt worden. (Nachprüfbare Referenzen wurden keine angegeben.1)
- Der Langzeitnutzen sei weiter bestätigt worden. (Nachprüfbare Referenzen wurden keine angegeben.1)
- Interferone während der Schwangerschaft haben keinen negativen Einfluss auf das Neugeborene. (Nachprüfbare Referenzen wurden keine angegeben.1)
- Es sind immer mehr MS-Register (Datenbanken zu Verläufen mit Rohdaten) verfügbar.
Wie Verkehrsschilder aus Zucker und Eiweiss den Immunzellen im Körper den Weg weisen
Britta Engelhardt führte in einen Teilaspekt des Immunsystems ein. Das Immunsystem ist am Ablauf der MS beteiligt. Wenn das Immunsystem besser verstanden wird, könnte die MS vielleicht besser verstanden werden. Das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) liegt normalerweise ausserhalb des Immunsystems. Trotzdem wird das Immunsystem bei Läsionen aktiv. Warum wandern Immunzellen ins Gehirn? Warum ist die Blut-Hirn-Schranke bei MS durchlässig?
Das Immunsystem ist im Körper verteilt. Verschiedene Organe sind beteiligt. Das Rückenmark zur Herstellung der Immunzellen, dann die Lymphknoten, die Blutbahnen, die Lymphgefässe, die Milz, …
Die Immunzellen (Lymphozyten) bewegen sich mit 1mm/s durch unsere Blutbahnen und durch die Lymphgefässe. Die Immunzellen müssen am richtigen Ort die Blutbahnen verlassen um ihre Funktion wahrnehmen zu können. Doch wie finden die Immunzellen den Ausgang aus den Blutbahnen?
Britta Engelhardt stellte den Mechanismus der «Verkehrsschilder» vor und zeigte verschiedene Experimente an Versuchstieren. Die Immunzellen wurden in den Experimenten sichtbar gemacht. Teilmechanismen des Immunsystems wurden zum Studium ausgeschaltet.
Stichworte: Selektine, Chemokine, Integrine, Glykoproteine, Adhäsionsmoleküle, Endothelzellen
Sie zeigte verschiedene kurze Videos.
Stellvertretend ein ähnliches Video von Youtube:
Gene und Umweltfaktoren als Ursachen der MS
Roland Martin besprach in seinem Vortrag den aktuellen Stand der Ursachenforschung von Multiple Sklerose.
MS ist keine vererbbare Krankheit. Gewisse Gene scheinen aber das Risiko für den Ausbruch von MS zu begünstigen. Die MS wird als komplex genetische Krankheit bezeichnet. Der Einfluss der Gene wird mit drei Methoden erforscht:
- Epidemiologisch (statistisch),
- Mit Untersuchungen bei Geschwistern, Eltern und Zwillingen, und
- Mit Migrationsstudien.
Migrationsstudien untersuchen, wie sich das Risiko von MS von Leuten aus Gebieten mit grosser MS Verbreitung in Tiefrisikogebiete, und umgekehrt, verhält.
Weiter scheint die Umwelt einen Einfluss auf den Ausbruch von MS zu haben. Ein solcher Umweltfaktor könnte zum Beispiel ein Virus sein oder eine Verhaltensweise.
Aktuell steht der Ebstein-Barr Virus (EBV) im Verdacht am Ausbruch von MS mitverantwortlich zu sein. Etwa 90% der Bevölkerung tragen den Virus in sich.
Ein zu tiefer Vitamin D3-Spiegel scheint ebenfalls das Risiko von MS zu erhöhen und den Verlauf negativ zu beeinflussen. Vitamin D3 kann über die Nahrung aufgenommen, wie auch über die Haut mit Sonnenlicht durch den Körper selbst erzeugt werden. Regelmässige Aufenthalte in der Sonne, gerade im Winter, scheinen empfehlenswert zu sein. Sonnenbrände sollten jedoch vermieden werden. Bei zusätzlicher Einnahme von Vitamin D sollte ebenfalls nicht übertrieben werden. Die zu tiefen Vitamin D3-Spiegel der Kindheits- und Jugendjahre, wie sogar während der Schwangerschaft könnten einen Einfluss auf den Ausbruch von MS haben.
Rauchen ist ein weiterer Umweltfaktor mit negativem Einfluss. Er kann den Ausbruch begünstigen und den Verlauf verschlechtern.
Die Verschiedenheit der MS Verläufe ist riesig. Es gibt Leute mit einem Schub, die im ganzen weiteren Leben nie ernsthaft behindert werden und schwere Verläufe, die schnell schwerst behindert werden.
Er berichtete von einer Studie, bei der bei einem Patienten über einen längeren Zeitraum alle vier Monate MRIs erstellt und die neurologischen Funktionen überprüft wurden. Im MRI waren häufig Entzündungsaktivitäten zu sehen, klinisch wurden aber nur drei Schübe festgestellt. (Die Angaben zur konkreten Studie fehlen mir.)
Deklarierte Interessenkonflikte: Merck Serono, Biogen, Teva, Genzyme, Sanofi, Bionomics
Fragen aus dem Publikum
-
Werden die neu zugelassenen Medikamente in der Schweiz von der Krankenkasse bezahlt?
Ziemlich sicher ja. -
Wurden am Universitätsspital Zürich bereits Leute von Tysabri® (Natalizumab) auf Gilenya® (Fingolimod) umgestellt?
Ja. Es gibt eine Studie mit 50 Teilnehmern, die die Umstellung untersucht. -
Kann ein Virus die Ursache der MS sein?
Ja, dies könnte es. In der Forschung wird nach Viren gesucht. -
Kann ich die Tochter durch Abgabe von Vitamin D3 vor MS schützen?
Der Vitamin D3-Spiegel während der Schwangerschaft scheint sehr wichtig zu sein. Vitamin D3 kann eingenommen werden. Zu hohe Dosen sollten vermieden werden. -
Warum ist Rauchen schädlich für die MS?
Es scheint, dass der Rauch die Immunzellen während dem Aufenthalt in der Lunge verändert.
Bemerkungen
Therese Lüscher aus dem Vorstand der MS-Gesellschaft, welche ebenfalls von MS betroffen ist, war anwesend.
Leider versäumte es PD. Dr. Michael Linnebank auf seine vorhandenen Interessenkonflikte, wie es von in der Schweiz tätigen Ärzten verlangt wird, hinzuweisen. Gerade bei einem Vortrag, der von teuren bis sehr teuren Medikamenten handelt, wäre es für das Publikum von grosser Bedeutung vorhandene Interessenkonflikte zu kennen. Ein solcher Vortrag könnte die Umstellung auf neue teurere Medikamente begünstigen oder fördern. Von der Humanbiologin Prof. Dr. Britta Engelhardt, wäre es ebenfalls schön gewesen über allfällige Interessenkonflikte informiert zu werden.
Auffallend war, dass bei den Medikamenten fast ausnahmslos der Handelsname verwendet wurde, auch bei Medikamenten, die erst seit kurzem einen Handelsnahmen haben. Gemäss der guten medizinische Praxis, sollte hauptsächlich die wissenschaftliche bzw. generische Bezeichnung verwendet werden, beispielsweise BG-12 anstatt Tecfidera™.
Die Veranstaltung wurde im neuen Gebäude der Pädagogischen Hochschule Zürich durchgeführt. Das Gebäude liegt direkt neben dem Hauptbahnhof (HB) Zürich. Die Nähe zum HB Zürich war sehr praktisch.
Die immer wiederkehrenden Themen an diesen Veranstaltungen sind Informationen zu Medikamenten, insbesondere neue Entwicklungen und die multifaktoriellen Ursachen der MS-Erkankung. Persönlich sehr interessant finde ich, wenn auf anschauliche Weise Hintergrundwissen vermittelt wird, so wie dies Britta Engelhardt bei den Immunzellen gemacht hat.
Statistische Signifikanz (p-Wert) in Studien (mit Simulator)
Was bedeutet signifikant? Was bedeutet statistisch signifikant? Was bedeutend der statistische p-Wert? Warum wird der p-Wert eingesetzt?
Statistik ist ein wesentlicher Teil empirischer, wissenschaftlicher Studien. Kenntnisse in Statistik sind notwendig.
Ich hatte einmal etwas Statistik, doch das ist schon länger her. Zur Auffrischung und zum Erklären habe ich diesen Artikel mit einem kleinen Statistik-Simulator geschrieben. Der Simulator soll zum Ausprobieren animieren. Beim Artikel stand nicht die mathematische Präzision im Vordergrund, sondern das intuitive Verständnis.
Die mathematischen Symbole und der Simulator werden dynamischen (mit JavaScript) erstellt. Aus diesem Grund wird der Artikel in RSS-Feeds und versandten E-Mails nicht vollständig angezeigt und ausführbar sein. Der Simulator funktioniert im Web-Browser.
Münz-Beispiel
Der Simulator stellt ein kleines Beispiel dar. Wir simulieren eine Münze. $0$ ist Kopf. $1$ ist Zahl. Die Stichprobe (Beobachtung, Datenerhebung) besteht aus $n$ Würfen.
Wir können uns nun fragen, ob die Münze fair ist, ob Kopf und Zahl gleich wahrscheinlich sind oder ob eine der beiden Seiten wahrscheinlicher ist. Ähnlich der Frage, ob Behandlungserfolge zufällig sind oder auf die Wirkung der Behandlung zurückgehen.
Statistische Tests
Bei Stichproben aus Datenerhebungen stellt sich die Frage, ob die Stichprobe «ein Muster» zeigt oder, ob die Stichprobe im Rahmen des Zufalls ist. Um diese Frage zu beantworten gibt es statistische Tests. Je nach Problemfeld und erhobenen Daten kommen verschiedene Tests zum Einsatz.
Mathematik ist eine Sprache und ein Werkzeug. Um das Problem statistisch bearbeiten zu können, müssen wir es übersetzen. Um die spätere Bearbeitung zu erleichtern wird es in eine bestimmte Form gebracht.
Die zu überprüfende Hypothese, dass Kopf und Zahl gleich wahrscheinlich sind, wird als Nullhypothese $H_0$ bezeichnet. Die gegenteilige Hypothese wird als Alternativhypothese $H_1$ bezeichnet.
$H_0$: Die Wahrscheinlichkeit $p$ für Kopf ist gleich der Wahrscheinlichkeit für Zahl, oder formal $p = 1/2$.
$H_1$: Die Wahrscheinlichkeiten sind unterschiedlich. Es gilt also: $p \ne 1/2$.
Ja/Nein, $0/1$ Experimente sind binominalverteilt. Sie gehorchen der Binominalverteilung.
Im statistischen Test wird nun geprüft wie wahrscheinlich eine Stichprobe bei einer Binominalverteilung ist. Es wird der p-Wert der Stichprobe bestimmt. Ein zuvor festgelegter Signifikanzschwellwert $\alpha$, typischerweise $0.05$, sagt ab welchem p-Wert die Nullhypothese verworfen wird. Falls die Wahrscheinlichkeit der Stichprobe kleiner als dieser Signifikanzschwellwert ist, wird die Nullhypothese verworfen und die Alternativhypothese angenommen.
Kompakter geschrieben:
$H_0$: $p = p_0$
$H_1$: $p \ne p_0$ (bei zweiseitiger Fragestellung)
Unter der Nullhypothese ist die Stichprobe binomialverteilt mit dem Erwartungswert $n p_0$.
Es gibt verschiedene statistische Tests um binominalverteilte Stichproben zu prüfen.
- Binominaltest für eine Stichprobe
- Binominaltestnäherung für eine hinreichend grosse Stichprobengrösse
- Chi2-Test für eine Stichprobe mit einem 2-fach gestuften Merkmal
Simulator
Ich habe für die oben beschriebenes Münzbeispiel einen Simulator geschrieben. $0$ ist Kopf, $1$ ist Zahl. $p_0$ ist die gegebene Wahrscheinlichkeit für Kopf. Diesen Wert wollen wir statistisch überprüfen. Im Simulator kann $p_0$ mit einem Schieberegler eingestellt werden.
Die Grösse einer Stichprobe kann mit dem Schieberegler $n$ eingestellt werden. Eine Stichprobe entspricht einem Experiment. Dies könnte in der Realität einer Studie entsprechen.
Im Simulator ist es leicht viele Wiederholungen des Experimentes zu machen und viele Stichproben auswerten zu können.
Mit dem Simulator kann gespielt und intuitiv ausprobiert werden.
Interessante Szenarien sind:
- Wie viele falsche signifikante Ergebnisse gibt es? Wie häufig wird die Nullhypothese verworfen bei $p_0 = 1/2$, also eine fairer Münze, wo die Nullhypothese gilt? (Mit Parameter Anzahl Läufe $m$ spielen.)
- Wie abhängig ist die Anzahl signifikanter Ergebnisse von der Stichprobengrösse? (Mit Parameter $n$ spielen, beispielsweise $n = 40$ oder $n = 100$.)
- Wie unfair muss eine Münze sein, damit die Nullhypothese verworfen wird, also ein signifikantes Ergebnis erzielt wird. ($p_0$ auf $0.51$, $0.6$ und $0.7$ setzen). Wie aggressiv wird $H_0$ verworfen?
- Gleichzeitig kann der Einfluss der Stichprobengrösse untersucht werden. (Mit Parameter $n$ spielen, beispielsweise $n = 40$ oder $100$.)
Viel Spass beim Simulieren!
Beobachtungen
Wir sehen, dass für eine recht unfaire Münze (Bsp. $p_0 = 0.66$) genügen schon wenige Stichproben (Bsp. $n = 20$), um eine statistisch zuverlässige Aussage mit tiefem p-Wert zu erhalten. (Kontrolle mit $m = 100$).
Umgekehrt kann für eine kleine Unfairness (Bsp. $p_0 = 0.51$) mit einer grossen Stichprobe (Bsp. $n = 1000$) ein signifikantes Ergebnis mit (p-Wert $
Die statistische Signifikanz sagt nichts über die Relevanz eines Ergebnisses. Die Signifikanz bzw. Relevanz kann nicht von der statistischen Signifikanz abgeleitet werden. Die statistische Signifikanz gibt nur eine Antwort, ob ein Resultat zufällig oder überzufällig ist.
Da es sich um ein mathematisches Modell handelt, könnte man sich für $0$ auch eine Geburt eines Knaben denken und für $1$ die Geburt eines Mädchens. Das wird mit diesem $0/1$ Modell genauso abgebildet. Gibt es statistisch mehr Geburten eines Geschlechts? Mehr Knaben, mehr Mädchen?
Literaturangaben
Für die Erstellung dieses Artikels habe ich Wikipedia (p-Wert, Binomialtest, Chi-Quadrat) und das Buch Basiswissen Medizinische Statistik, Christel Weiß, 5., überarbeitete Auflage. Springer, 2010 benutzt.
Quellcode
Im Sinne von Open Source ist hier der Simulator abrufbar: p-Wert 1 Stichproben Simulator.js
Als Statistik-Hilfsprogramm habe ich jstat verwendet. Die wunderschöne mathematische Darstellung erstelle ich mit MathJAX. Die Simulatorbenutzeroberfläche habe ich mit jQuery und jQuery UI gemacht.
Ausblick
Im vorliegenden Simulator habe ich den einfachst möglichen Simulator erstellt. Kopf/Zahl werden mit $0/1$ abgebildet. Das Prinzip kann demonstriert werden. Auf die Thematik von ein- und zweiseitigen Tests bin ich nicht eingegangen.
Der Simulator kann noch erweitert werden:
- Wie in klinischen Studien üblich, kann eine Kontrollgruppe (z.B. mit Placebo) einbezogen werden.
- Die Statistik einer echten, grossen Studie könnte nachgebildet und simuliert werden.1
Bei Zeit und Lust werde ich mich daran machen.
Fazit
Der p-Wert von statistischen Tests gibt an wie wahrscheinlich eine Stichprobe (Experiment, Versuch, …) unter Annahme einer Verteilung ist. Er zeigt, ob eine Stichprobe zufällig oder überzufällig ist. Die statistische Signifikanz sagt nichts über die (nicht-statistische) Signifikanz. In anderen Worten, die statistische Signifikanz sagt nicht wie relevant eine Ergebnis ist.
-
Die Nachbildung einer echten wissenschaftlichen Studie ist möglich, da in der Wissenschaft die Methoden angegeben werden. Also auch, welche statistischen Verfahren benutzt wurden. ↩
Hörens- und sehenswerte Sendungen [akt. 4]
Was wurde in den elektronischen Medien zu Interessenkonflikten und Pharma-Machenschaften berichtet? Was für sehens- und hörenswerte Sendungen gibt es? Was sind die empfehlenswertesten?
Ich habe einmal die sehenswertesten Fernsehsendungen und die hörenswertesten Radiosendungen, die mir begegnet sind, zusammengestellt. Es lohnt sich wirklich in die eine oder andere Sendung reinzuhören. Es müssen nicht alle sein.
Die Beiträge stammen in der überwiegenden Zahl der Fälle von den öffentlich-rechtlichen Medien und sind teils aufwändig recherchiert. Alles anerkannte und seriöse Sendungen.
Deutschsprachig
Video und Fernsehen
- Pharmakonzerne „kaufen“ Selbsthilfegruppen, Nano, 3Sat, Gemeinschaftsunternehmen von ARD, ZDF, ORF und SF, 2009, 10 min
Über gezielte Geldvergabepolitik sichern sich Pharmakonzerne Einfluss auch auf Selbsthilfegruppen. Sie glauben, Sie werden unvoreingenommen von Betroffenen informiert? Beispiele: Psoriasis Arbeitsgemeinschaft Berlin, Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG). Mit einem Beitrag von Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Arzneimittelkommission dt. Ärzteschaft. - Die Gesundheitsfalle – Tödliche Pillen, SWR, 2007, 43 min
Beitrag mit Prof. Dr. Jürgen Fröhlich, Pharmakologe der Universitätsklinik Hannover, über Nebenwirkungen von Medikamenten und den daraus verursachten Problemen. Beispiele von tödlichen Nebenwirkungen werden geschildert. - Pharma Marketing, Nano, 3Sat, Gemeinschaftsunternehmen von ARD, ZDF, ORF und SF, 2009, 7:07
Wie kann sich ein neues Medikament, das nicht besser ist, aber erheblich teurer ist, am Markt durchsetzen? Wie gelingt ein solcher Marketing-Coup? Ein Mittel dazu sind z.B. sogenannte Anwendungsstudien. Mit Ulrich Schwabe, Arzneimittelkommission der dt. Ärzteschaft. - Wie die Pharmaindustrie, mit Krebs, Geld verdient…, Frontal 21, ZDF, 2011, 7:18
Ein Bericht über Köderung von Ärzten z.B. an Pharmakongressen. Mit Aussagen eines Pharmareferenten und Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Arzneimittelkommission dt. Ärzteschaft. - Pharmaindustrie verschweigt massive Nebenwirkungen, ARD Kontraste, 2010, 9:33
Beispiel Novo Nordisk Unterhautfettschrumpfung und das Beispiel Avandia von GlaxoSmithKline, siehe auch Blogartikel Wieder einmal ein Busse: 3 Mrd. USD für GlaxoSmithKline - Das Pharma Kartell, Frontal 21, ZDF, Teil 2, Teil 3 je 14:46
Bericht über das erhöhte Selbstmord- und Aggressivitätsrisiko von bei Antidepressiva wie Zoloft® von Pfizer oder Prozac® von Eli Lilly. ZDF Dokumentation über den Lobbyismus der Pharmaindustrie. Aufwändig recherchiert. Mit Prof. Bruno Müller-Oerlinghausen, Arzneimittelkommission dt. Ärzteschaft. - Die Einflüsterer, ARD, 10.09.2012, 29min
Eine Sendung über Lobbyismus in Deutschland: Wie Geld die Politik beeinflusst. Die Pharmaindustrie kommt nur am Rande vor, hauptsächlich wird über die Glückspielindustrie berichtet. - Pfusch in der Wissenschaft, WDR, 04.06.2013, 45min
Angemalte Präparate, erfundene Versuchspersonen, selbstverbuddelte Steinzeitwerkzeuge – manche Wissenschaftler pfuschen ganz plump. Andere verheimlichen Ergebnisse oder entwerfen ihre Studien so, dass ein irreführendes Ergebnis dabei herauskommen muss: Wem darf man noch glauben und warum machen Wissenschaftler so etwas? Quarks zeigt, wie Forscher tricksen und welche Auswirkungen dieser Pfusch auf uns alle hat. - Gierige Pharmafirma: So zockt sie Schwerkranke ab, SRF, Kassensturz, 30.04.2013, 12min
Zufällig entdecken Forscher, dass ein bewährter Wirkstoff gegen Schuppenflechte auch bei der schweren Krankheit Multiple Sklerose hilft. Der US-Konzern Biogen nützt dies aus und verlangt für ein neues Medikament mit altbewährtem Wirkstoff Tausende von Franken.
Siehe Blogartikel BG-12/Fumarsäure/Dimethylfumarat/Tecfidera® Abzockerei. - Warum Medikamente vom Markt verschwinden, ARD, plusminus, 30.01.2013, 5:34
Viele Patienten sind auf bestimmte Medikamente eingestellt. Doch immer wieder nehmen Hersteller ihre Medikamente plötzlich vom Markt. „Plusminus“ fragt nach den Gründen.
Siehe Blogartikel BG-12/Fumarsäure/Dimethylfumarat/Tecfidera® Abzockerei. - Klinische Studien, RAI, 2013, 5:08
Einführung für Laien in die evidenzbasierte Medizin (EBM). Dieses Video entspringt einem EU Forschungsprogramm. - MS-Medikament, Frontal 21, ZDF, 12.11.2013, 7 Min., Start ab der 32. Minute Neu!
Gute Zusammenfassung zu den überrissenen Preisen des neu erwarteten MS-Medikamentes BG-12 (Tecfidera®, Dimethylfumarat, Fumarsäure).
Radio
- Ignaz Semmelweis: Entdecker der Hygiene, Wissenschaft DRS 2, 28. Juli 2012, 29:15
Bei der Geburt am Kindbettfieber zu sterben, war für junge Frauen im 18. und 19. Jahrhundert eine grosse Gefahr. Erst der Arzt Ignaz Semmelweis entdeckte 1847 in Wien die Ursache: Die Hände der Ärzte infizierten die Frauen. Heute gilt er als Held der Medizin, der seinen Traum nicht aufgab, das Kindbettfieber zu besiegen. Doch damals spielte er eine ambivalente Rolle, und vieles an seinem Verhalten gibt Rätsel auf. - Geheimsache Pillentest – Wie Studienergebnisse gezielt verschleiert werden, Wissenschaft im Brennpunkt, Deutschlandfunk, 6. März 2012, 27:23
Jeder Patient, der ein Medikament einnimmt, und jeder Arzt, der ein Medikament verschreibt, muss sich auf eines verlassen können: dass es wirkt. Denn schließlich hat es vor der Zulassung in Klinischen Studien ihre Wirkung unter Beweis stellen müssen – an Hunderten oder gar Tausenden von Freiwilligen. Themen: Scheinegrippe und Tamiflu® von Roche. - Ghostwriting bei klinischen Studien: Wenn Forscher nur den Namen liefern, WDR 5, Leonardo, 04. Juni 2013, 15min
Ein Pharmaunternehmen könnte sein neues Medikament besser verkaufen, wenn es einen positiven Artikel dazu gäbe. Ein junger Akademiker liefert den Text gegen gute Bezahlung. Ein berühmter Professor setzt am Schluss seinen Namen unter das Werk und mehrt sein Ansehen mit einer weiteren Publikation. Drei Gewinner kommen dabei heraus. Nur der Patient kann verlieren – dann nämlich, wenn in diesem Geschäftsmodell Arzneimittelrisiken klein geredet werden.
Englischsprachig
Video und Fernsehen
- Ben Goldacre: What doctors don’t know about the drugs they prescribe, TED.com, Sept 2012, 13:29, Youtube
Ben Goldacre erzählt engagiert über das Problem der Nicht-Publikation von „negativen“ Studien (Publication Bias). Wenn von 10 Studien über ein Medikament nur die 5 „positiven“ publiziert werden und die 5 anderen nicht, so meinen alle das Medikament sei wirksam, was es aber bei ganzer Datenlage nicht ist.
Mehr dazu steht im neuen Buch Bad Pharma von Ben Goldacre. - Treating Depression: Is there a placebo effect?, CBSNews.com, 19. Feb. 2012, 13:44, Extra: The placebo phenomenon 1:39
Interview mit Irving Kirsch zur Wirkung von Placebos und Antidepressivas. Irving Kirsch hat ein lesenswertes Buch zum Thema geschrieben, The Emperor’s New Drugs: Exploding the Antidepressant Myth
…The reason they get better is not the chemical in the drug. The difference between drug and placebo is very, very small, and in half of the studies, non-existent… You can get the same benefit without drugs.
- Ben Goldacre: Evidence and the Media, Evidence Live, 39:11
The public and patients perception of health is influenced dramatically through media reporting. Ben Goldacre explores the role of the media and the importance of “unpicking” bad science and dodgy scientific claims.
Wer es gern schriftlich hat, dem sei das Buch Die Wissenschaftslüge (Bad Science) von Ben Goldacre empfohlen. - Ben Goldacre: Battling bad science, TED.com, 2011, 14:20
Doctor and epidemiologist Ben Goldacre shows us, at high speed, the ways evidence can be distorted, from the blindingly obvious nutrition claims to the very subtle tricks of the pharmaceutical industry.
Wer es gern schriftlich hat, dem sei das Buch Die Wissenschaftslüge (Bad Science) von Ben Goldacre empfohlen. - Who cares in Sweden?, Artimus, 2012, Triologie, je 60min, Trailer, 3min
Diese Triologie ist über die SSRI-Antidepressiva. Die Filme sind in englisch oder haben englische Untertitel. Der Film handelt von Schweden. Das Phänomen ist aber global. In den Filmen kommen international bekannte Wissenschaftler und Autoren wie David Healy, Robert Whitaker, Ray Moynihan, dem früheren Pfizer-Marketing-Vizepräsidenten Peter Rost und weitere vor. Diese domentarische Trilogie ist ind die Teile The Conscience, The Victims und The Lie aufgeteilt. - Radio- und Videosammlung von Ben Goldacre.
Radiosendungen und Podcasts
- Ben Goldacre about Bad Pharma, Nature Extra Podcast, 28.09.2012
Ben Goldacre diskutiert in einem Podcast der renommierten Wissenschaftszeitschrift Nature über sein neues Buch Bad Pharma. - Ben Goldacre: Placebo, BBC Radio 4, 18. Aug. 2008,
Bad Science MP3
Dies ist eine Radiosendung von Ben Goldacre über den Placeboeffekt. In der Sendung kommen die beiden Placeboforscher Ivring Kirsch und Daniel Moermann zu Wort.
Film
- The Insider / Der Insider Hollywood, Thriller, 1999 mit Russell Crowe und Al Pacino, 7 Oscarnominationen, 3h.
Der Biochemiker Jeffrey Wigand (Russell Crowe) ist Entwicklungschef und Vizepräsident der grossen Tabakfirma Brown & Williamson (Barclay, Lucky Strike, Pall Mall). Wigand ist als Forscher der Wahrheit verpflichtet und erträgt die Lüge, dass Rauchen nicht süchtig macht, nicht. Er wird entlassen. Daraufhin wird er zum Whisteblower und gibt sein Wissen dem Reporter Lowell Bergman (Al Pacino) der Fernsehstation CBS preis. Die Aussagen zeigen, dass die Tabakindustrie jahrzehntelang gelogen hat. Plötzlich verbietet das CBS-Management, die Ausstrahlung der Sendung. Sie haben Angst vor einer Klage der Tabakindustrie. Ein packender und realitätsnaher Film.
Der Film basiert auf der wahren Geschichte von Jeffrey Wigand und Lowell Bergman. Aufgrund der Aussage von Jeffrey Wigand mussten die Tabakfirmen einem Vergleich von über $200 Mrd. zustimmen.
Weitere deutschsprachige Sendungen
Fernsehsendungen
- Pharmahersteller halten gezielt Studien unter Verschluss, Monitor, ARD, 2009, 8:00
Ein Beitrag über Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und verschwiegene Studien, Beispiel Edronax® Reboxetin. Mit einem Beitrag von Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Arzneimittelkommission dt. Ärzteschaft. - Manipulierte Studien – Patienten als Versuchskaninchen, Kontrovers, BR, 2010, 5:52
Mit einem Interview von Prof. Dr. David Klemperer. - Sieg der Pharma-Lobby, der Fall des Peter Sawicki, nano, 3sat, 2010, 12:17
Über das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und deren ehemaligen Chef Peter Sawicki. - Die Macht der Pharmaindustrie 7:11
Uwe Dolata, Bund der Kriminalbeamten: „Die Pharmaindustrie kann in Deutschland eigentlich machen was sie will. Wenn man sich die Methoden betrachtet, mit denen die Pharmaindustrie die Entscheidungsträger unter Druck setzt, so gehören die eigentlich in die mafiösen Strukturen.“ Über Pharma und Lobbying der Pharmaindustrie in Deutschland. - Machenschaften der Pharmaindustrie Teil 1, 8:25 und Teil 2, Nano, 3Sat, Gemeinschaftsunternehmen von ARD, ZDF, ORF und SF, 2009, 5:39
Ein Medikament welches seit Jahren erfolgreich eingesetzt wird (kostet 50€) solle verboten werden und durch ein fast gleiches (kostet unglaubliche 1300€) ersetzt werden! Beitrag über Avastin und Lucentis, die bei der feuchten Makuladegeneration (AMD) eingesetzt werden. Darüber habe ich im Blogartikel Umverpacken, Formalitäten erledigen und abkassieren bereits berichtet.
Kurze Radiobeiträge
- «Bibel der Psychiatrie»: Schreibt die Pharma mit?, Wissenschaft DRS 2, 28. Apr. 2012, 5:56
Wer die Diagnose Depression, ADHD oder Angststörung erhält, zeigt eine Reihe von klar definierten Symptomen. Welche dies sind, steht in der sogenannten «Bibel der Psychiatrie». Diese wird derzeit überarbeitet. Die Krux dabei: Viele der beteiligten Wissenschaftler bekommen Geld von Pharmaunternehmen. - Sollen Ärzte Placebos einsetzen?, Wissenschaft DRS 2, 25. Aug. 2012
Medizin heilt auch ohne Wirkstoffe, denn die Erwartung, dass ein Medikament helfen wird, kann Wunder wirken. Diesen Placebo-Effekt solle man im ärztlichen Alltag nutzen, fordern nun Experten. Andere kritisieren dies als unethisch. - Scheinmedikamente wirken auch ohne Lüge, Echo der Zeit, 26. Aug. 2012, 4:02
Placebos können dieselbe Wirkung entfalten wie echte Medikamente – wenn es der Patient nicht weiss. Das ist eine gängige Meinung. Doch neue Studien kommen zum Schluss: Der Placebo-Effekt wirkt wohl auch ohne Lügen. - Problem Medikalisierung: Wenn Pillen und Pulver zu rasch zur Hand sind, Echo der Zeit, 2. Juli 2011, 4:24
Wer einen entzündeten Blinddarm hat, muss dringend zum Arzt. Und niemand wird bezweifeln, dass eine Magendarmgrippe den Körper ernsthaft belastet. Doch längst nicht immer ist heute so klar, was eigentlich als krank und was als gesund zu gelten hat. Die Grenzen sind fliessend geworden, Pillen und Pulver rasch zur Hand. Das zeigt sich etwa bei Menschen mit leichtem Übergewicht oder Stimmungsschwankungen. Experten sprechen deshalb von einer zunehmenden Medikalisierung des Alltags. - Ein Fälschungsskandal erschüttert die Wissenschaft, Wissenschaft DRS 2, 5. Nov. 2011, 5:13
Diese Woche hat ein Skandal die Wissenschaftsgemeinde erschüttert: Ein niederländischer Psychologieprofessor mit exzellentem Ruf hat über Jahre hinweg Daten gefälscht. Der Schaden für die Wissenschaft ist gross.
Die Liste der Sendungen überarbeite ich von Zeit zu Zeit.