Ein Bericht von Frau Dr. Maria Scharfenberger über ihren Einsatz in Manila/Philippinen
Es war mein 2. Einsatz, davon 4 Wochen in Manila. Wir wechselten uns ab, mein Kollege Eberhard aus München, und ich. Einer von uns machte Sprechstunde im Health-Center der German Doctors in Bagong Silang, und der jeweilige andere Kollege ging auf Manila-Rolling-Einsatz in armen Vierteln.Eines davon war die Gegend um den großen Müllberg von Quezon-City, ein Großstadtteil von Metromanila. Die Menschen leben vom Müll, auf dem Müll und im Müll…
Ein ganz “normaler“ Sprechstundentag: Bei Ankunft saß der Wartebezirk wie immer schon voll mit Müttern und Kindern. Bis 11 Uhr behandelte ich nur Kinder, und das was für Kinder: Die meisten unterernährt, wenn sie älter wie 1-2 Jahre waren, weil dann das nächste Geschwisterchen schon da war oder bald ankam. Die German Doctors geben dann Ernährungspacks, oder führen die Kinder einem “feeding programm” zu. Man brachte mir ein einjähriges Mädchen, das gerade einen epileptischen Anfall hatte, ein Kleinkind mit beidseitiger Lungenentzündung, ein Kind mit sehr hohem Fieber und fast alle Kinder mit der Symptomatik: “couph and cold”, und man denkt vielleicht, die haben grad mal einen banalen Husten: haben sie eben nicht!! Durch den fürchterlichen Smog in diesem Moloch Manila, durch die Feuerstellen in den Hütten habe sie teilweise schwerste obstruktive Bronchitiden, ringen oft nach Luft, und oft müssen wir sofort intervenieren.
Dann ein 8 jähriger Bub, schreiend vor Bauchschmerzen, ich taste eine Resistenz im Bauch, die konnte von einer Darmperforation, einem bösartigen Tumor bis zu einem Ascaridenklumpen, der den Darm verstopft, alles sein. Sofortige Einweisung in die nächste Klinik, es muss eine watcher gefunden werden, die Mutter hat noch 6 Kinder, und kein Geld, um den Jeepney, der ohnehin sehr billig ist, zu bezahlen. Die German Doctors gaben dann Geld für die Fahrt ins Krankenhaus. Das nächste war ein 5-jähriges Mädchen mit einer Gonorrhoe, Überleitung in das Kinderschutzzentrum des Krankenhauses, Missbrauchabklärung. Als nächstes ein junger Mann, sooo dünn, seitdem weiß ich warum die Tuberkulose bei uns früher Schwindsucht hieß, v.a. Knochen-TB, weil soo starke Schmerzen in der Wirbelsäule. Am Nachmittag kam dann noch ein junger Mann, BZ über 570Mg% sicher ein Typ-1 Diabetiker, Insulinbedarf, kein Kühlschrank, 14 Personen leben auf 20 Quadratmeter, ich durfte mit der Sozialarbeiterin die Wohnung besuchen zum Check, ob wirklich Armut besteht – sie besteht.
Dann am Nachmittag die Follow-up Patienten: Diabetiker, Hypertoniker und die Niereninsuffizienten, deren es relativ viele gibt, durch Glomerulonephritiden durch die Hautinfekte mit Streptokokken. Ja, und dann die vielen Patienten mit multiformen Hautkrankheiten, Pilzinfekte, darauf eine Krätze, und darauf (in einem Fall) noch eine Hauttuberkulose – so könnte ich noch ganz viel berichten. Das Schöne an dieser Arbeit ist, dass die Menschen großes Vertrauen zu uns haben, und wir –s dank unserer wunderbaren Übersetzer und dem gesamten Team – eine gute Beziehung zu den Patienten herstellen können. Die Armut im “Müllviertel” ist unvorstellbar, ein Slumabschnitt z.B. mit 47 Familien und einer Toilette. Immer wieder kommen Menschen aus der Provinz, und versuchen, sich am Müllberg ein besseres Leben zu verdienen, denn der Müll, der noch am Müllberg oben ankommt, ist schon mindesten 3x vorher durchsortiert worden: Was da noch übrig ist, kann man kaum glauben.
Eine besondere Herausforderung war die Rolling Clinic auf Mindoro. Ich hatte ein wunderbares Team, einsatzfähig, engagiert und sehr kompetent . Vor allem sind sie ganz lieb zu den Ureinwohnern –den “Mangyan” – man spürt die Wertschätzung, die sie ihnen so selbstverständlich entgegenbringen, die respektvolle Behandlung, und die Freude, wenn der German Doctor morgens in Dorf kommt. Auch dort diverse Notfälle, eine akuter Bauch, 3 sehr kranke Kinder, wobei ein kleines Mädchen nach 3 Tagen im Krankenhaus verstarb. Und unendlich viele Hautkrankheiten…
Mir machte es neben der medizinischen Arbeit besonders viel Spaß, noch abends, wenn das ganz Equipment wieder im Ford-Ranger verstaut werden musste, mit den Kindern zu singen und zu tanzen und zu spielen. Denn beim Verstauen können wir nicht helfen, da hat alles seinen besonderen Platz, und wir würden nur Konfusion anrichten…
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