Ein neuer Hype ist im Internet unterwegs. Und wie es aussieht, auch nur im Internet. Denn das Produkt, ein Schmerzpflaster mit dem Namen FG Xpress, scheint es nur im Internet zu geben und in keiner Apotheke oder Drogerie. Vertrieben wird es durch eine Network-Firma „ForeverGreen“. Wer das Pflaster haben möchte, der muss entweder Mitglied werden oder ein Mitglied kennen, der es einem verkauft…
Laut Produkt-Flyer enthält das FG Xpress Pflaster roten koreanischen Ginseng, Silberionen als Antibiotikum, marines Phytoplankton „Alpha 3 CMP“, eine besonders aufbereitete Form des Planktons, das in seiner natürlichen Form vom menschlichen Verdauungstrakt nicht genutzt werden kann (Health Indicators of Alpha 3 Concentrated MarinePhytoplankton Use Among Apparently Healthy Individuals: A Pilot Study), des Weiteren Germanium zum verbesserten Sauerstofftransport und Durchblutung inklusive Entgiftung des Organismus.
Empfohlen wird das Pflaster für den täglichen Gebrauch und als Alternative zur Schmerzlinderung auf natürlicher Basis (Siehe Anwendungshinweise im Flyer). Man kann das Pflaster 1 bis 2 Tage tragen. Aufgrund der natürlichen Inhaltsstoffe und der leichten Anwendung scheint es sich hier um ein interessantes Produkt zu handeln. Die Internetseiten sind auch voll von begeisterten Berichten und „Zeugen“-Aussagen. In Youtube überschlagen sich die Filme und Filmchen, die von der revolutionären Wirkungsweise des Pflasters zu berichten wissen.
Was ist dran?
Tolle Berichte zu tollen Produkten, das gibt es nicht erst mit diesem Pflaster. Was ich (mal wieder) ungewöhnlich finde, ist, dass das Pflaster nur über das Internet bezogen werden kann und in keinem „normalen Laden“ erhältlich ist, wie zum Besipiel Apotheke, Drogerie etc. Die Tatsache, dass es über ein MLM-System vertrieben wird, ist nicht unbedingt ein Grund, das Produkt schon jetzt sofort ad acta zu legen. Denn auch MLM-Firmen haben gute Produkte; sie vertreiben sie nur etwas anders als die etablierten Firmen.
Der Hype um die Pflaster jedoch lassen bei mir die Vermutung aufkeimen, dass hier vor lauter „Jubel“ von etwas weniger günstigen Sachen abgelenkt werden soll. Ob diese weniger günstigen Sachen in der Praxis relevant werden, das muss sich noch herausstellen. Sie sind aber kein Grund für den irren Jubel um dieses „revolutionär natürliche Produkt“.
Unter https://www.youtube.com/watch?v=rjWQDVCvTNo kommen ein paar Anwender zu Wort, die einen sehr vertrauenswürdigen Eindruck machen. Wenn es nach ihnen ginge, würde ich keine Bedenken haben, das Pflaster zu kaufen, einzusetzen und weiter zu empfehlen. Nach gut 4 Minuten heile Pflasterwelt kommt ein Mitarbeiter der AGES zu Wort. AGES ist das Österreichische Pendant zur Deutschen BfArM. Ein gewisser Christoph Baumgärtel von der AGES erzählt uns in dem Youtube Clip, dass eine Analyse der Inhaltsstoffe des Pflasters einen weiteren Stoff ergeben hat, und zwar Capsaicin, ein Alkaloid, das in verschiedenen Paprika-Arten vorkommt. Es ist für den Hitze- und Schärfereiz der Paprikasorten verantwortlich (Chili, Peperoni und so weiter).
Capsaicin ist keine unbekannte Substanz in der Medizin und ihren Medikamenten. Es kommt vor in einer Reihe von Salben, Cremes und anderen Pflastern, um Muskelschmerzen und Verspannungen zu lindern. Gelenkbeschwerden, rheumatische Beschwerden, neuropathische Schmerzen etc. gehören ebenfalls zu den Indikationsgebieten der Salben und Pflaster.
Man fragt sich jetzt, warum die Anbieter des FG Xpress-Pflasters diesen Wirkstoff nicht mit aufführen. Die Antwort kommt vom AGES-Mitarbeiter. Der erklärt, dass man die anderen, angegebenen Inhaltsstoffe nur „vorschiebt, um die eigentliche Wirkung durch das Capsaicin zu verschleiern“. Aber Capsaicin und das Versprechen des Herstellers auf eine medizinische Wirksamkeit deuten auf ein Produkt mit Medikamentencharakter hin, das von den Behörden genehmigt werden müsste. Damit dient das Verschweigen von Capsaicin zu nichts anderem, als ein teures und aufwendiges Genehmigungsverfahren zu umgehen – und das kann ja eigentlich nicht sein…
In einer von ForeverGreen unabhängigen Internetseite (http://www.basedonscience.com/), die von einem ForeverGreen-Mitglied betrieben wird, wird die Existenz von Capsaicin im Produkt nicht nur zugegeben, sondern ausdrücklich als besonderes Merkmal diskutiert.
Der Preis
Wenn man dann nach dem Preis fragt oder sucht, dann gewinnt man (eigentlich) den Eindruck, dass das Pflaster kostenlos zu haben ist. Denn: ich konnte weder auf dem Flyer oder der Webseite einen Preis entdecken. Und auch alle „Berater“, die mich kontaktierten, wollten mir die Pflaster kostenlos zum Test überlassen.
Erst auf der „unabhängigen Webseite“ (siehe oben), gab es einen „Order now“ Button, der auch erst einmal auf eine andere Seite führte, die den Leser belehrt, dass die Produkte von ForeverGreen nur an Mitglieder verkauft werden. Und dann noch ein „Oder now“ Knopf, der noch eine Seite öffnet, diesmal die Bestellseite. Hier erfahre ich, dass 15 Pflaster in einem Päckchen über 80 Dollar kosten – nicht gerade ein Schnäppchen. Aber wenn’s richtig weh tut, dann sind einem 80 Dollar oder Euro auch egal. So oder ähnlich muss man sich bei der amerikanischen Herstellerfirma gedacht haben. Oder sind die Pflaster wirklich so teuer in der Herstellung?
Aber da ist ja noch der Vergütungsplan, mit dessen Hilfe man gutes Geld verdienen kann, angeblich. Unter https://www.youtube.com/watch?v=Edt4YytNOOc wird der Plan auf Deutsch erklärt und noch mal eben so nebenbei behauptet: „So einfach wird Geld verdient“. Und das ist überhaupt nichts Neues in diesem Geschäftssegment. Offensichtlich verdient das Mitglied sein Geld durch das Anwerben von neuen Mitgliedern (den sogenannten Downlines), und nicht durch den Verkauf des Produkts. Denn das können nur Mitglieder kaufen, womit die Zielrichtung dieses MLM-System klar ist.
Und was daran „einfach“ sein soll, das ist mir dann doch nicht klar. Ob der Vergütungsplan dann gut und fair ist, kann und will ich nicht beurteilen, da mich die kommerzielle Seite des Ganzen nicht wirklich interessiert. Klar: Wir alle müssen und wollen und brauchen Geld… Meine Stromrechnung kann ich auch nicht mit Luft und Liebe bezahlen. Aber (und gerade bei medizinischen Produkten!) sollte zuerst der Nutzen im Vordergrund stehen und nicht das Geld.
Aber wer mir keine Preise nennen will und dann noch behauptet, dass man mit dem Pflaster sein Geld einfach „nebenher“ verdient, den kann ich beim besten Willen nicht ernst nehmen. Tut mir leid.
Und wer dann noch Inhaltsstoffe unterschlägt, da… ja, was soll man davon dann noch halten?
Aber das FG Xpress Pflaster wirkt doch…
Das kann sein, dass das Pflaster wirkt, vielleicht sogar viel besser noch als andere Pflaster. Ich kann das nicht wirklich beurteilen. Ich habe die FG Xpress Pflaster an drei Patienten getestet und bin mit dem „Ergebnis“ nicht zufrieden. Eine Fallzahl von drei Patienten ist natürlich „statistisch“ gesehen nichts – das ist mir klar.
Aber selbst wenn dem so wäre (dass wir ein signifikant gut wirksames Pflaster hätten), dann würde ich so ein Pflaster bestenfalls zur Kupierung eines akuten Anfalls einsetzen wollen. Denn auch ein Pflaster mit super-natürlichen Inhaltsstoffen, die mich vielleicht sogar in die Lage versetzen könnten über Flüsse und Seen zu wandeln oder die Zeit zurückzudrehen, wird immer eine symptomatische Behandlung des Schmerzes sein und die Ursachen für den Schmerz nur in sehr wenigen Fällen angehen. Solche rein symptomatische Behandlungskonzepte sind berühmt und berüchtigt in der Schulmedizin. Bei einer ganzheitlichen Behandlungsform wird man dagegen nach den Ursachen fahnden und diese beseitigen, so dass auch ein Super-Pflaster überflüssig wird.
Und hier scheiden sich unsere Geister. ForeverGreen empfiehlt den „täglichen Gebrauch“ der FG Xpress Pflaster. Warum wohl? Könnte es damit zusammen hängen, dass auch hier einmal mehr die Behandlung von Symptomen im Vordergrund steht, weil das die Quelle von Umsatz und Profit ist? Schmerzen – Pflaster drauf – alles in Ordnung – wenn Packung leer, dann nachbestellen. Kein Wort über eine ursächliche Behandlung der Schmerzen.
Fazit
FG Xpress, nein danke.
Dieser Beitrag FG Xpress Pflaster – Erfahrungen und Kritik wurde erstmalig von Heilpraktiker René Gräber auf NaturHeilt.com Blog veröffentlicht.