KV Nordrhein will Versorgung von Flüchtlingen aktiv mitgestalten

Die Versorgung und Integration der Flüchtlinge, die in Deutschland Zuflucht suchen, sei eine „Jahrhundertaufgabe“, sagte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens beim Sommerempfang der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein am Mittwoch, 2. September. Auch in der einen Tag später anberaumten Vertreterversammlung (VV) der KV Nordrhein nahm die ärztliche Versorgung der Menschen breiten Raum ein. Dr. med. Peter Potthoff, Vorsitzender der KV Nordrhein, berichtete von den aktuellen, von der KV Nordrhein unterstützten Bemühungen des Landes Nordrhein-Westfalen, die Versorgung der Flüchtlinge flächendeckend zu organisieren. „Wir haben mit dem Gesundheitsministerium Gespräche geführt und sind dabei, einen Vertrag zu schließen, der die Versorgung der Menschen in den Erstaufnahmestellen regeln soll. Wir bringen uns aktiv in die Abstimmungsprozesse ein, obwohl wir eigentlich nur für die Versorgung von GKV-Versicherten zuständig sind“, sagte Potthoff. „Aber wir könnten diese Versorgung leisten, und die Abwicklung über die KV wäre sinnvoll.“ Ab wann die Vereinbarung greift, steht noch nicht fest, da das Innenministerium sie noch prüfen muss. „Tatsache ist, dass täglich Flüchtlinge kommen und sie unversorgt bleiben“, so Potthoff.

Neben der Versorgung in den Erstaufnahmestellen gelte es, so Potthoff, die Versorgung der Menschen zu erleichtern, die bereits auf die Kommunen verteilt wurden. Den Rahmenvertrag, den die Landesregierung hierzu mit der Mehrzahl der Krankenkassen zur Versorgung der Flüchtlinge bereits geschlossen hat, beurteilte Potthoff im Prinzip positiv. „Da Ärzte die eGK für Flüchtlinge nicht als besondere Karte erkennen können, müssen die Bedingungen im Einzelnen aber klar geregelt sein.“

Dr. med. Frank Bergmann, Vorsitzender der Vertreterversammlung, nahm schon zu Beginn der Sitzung Stellung zur aktuellen Situation. „Wir werden diese immense Herausforderung nicht auf gewohnten administrativen Pfaden bewältigen, sondern nur mit großem Engagement, Hilfsbereitschaft, Mut zu unkonventionellen Maßnahmen und schnellen politischen Entscheidungen“, sagte Bergmann. „Ich bin sicher, dass die Mitglieder, die Vertreterversammlung und die Verwaltung der KV Nordrhein bereit sind, ihren Beitrag zur Bewältigung dieser Aufgabe zu leisten und das zu tun, was sie immer tun: Hilfe für Menschen zu leisten und zu organisieren.“ 

Satzung geändert

Ein wesentlicher Punkt in der VV waren Satzungsänderungen, die mit Blick auf die Wahlen im kommenden Jahr von großer Bedeutung sind. Die im Satzungsausschuss der VV vorbereitete und nun beschlossene Änderung der Satzung sieht vor, dass künftig mindestens 18 Sitze jeweils für Haus- und Fachärzte, sechs Sitze für Ermächtigte/angestellte Ärzte sowie fünf Sitze für Psychotherapeuten reserviert sind. Damit haben Haus- und Fachärzte eine Sperrminorität bei Abstimmungen in der Versammlung, die einer Zwei-Drittel-Mehrheit bedürfen.

Neu geregelt wurde auch, dass bei den Wahlen der Vorsitzenden der VV und der ärztlichen Delegierten der KV Nordrhein in der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) jeweils ein Vertreter nur auf Vorschlag der hausärztlichen und der fachärztlichen Vertreter zu wählen ist. Mit aufgenommen wurde ein Passus, der das Recht zur Fraktionsbildung formuliert – trotz der Bedenken des Landesgesundheitsministeriums, das nähere Bestimmungen zur Fraktionsbildung in der Satzung fordert. Diese werden nun im Satzungsausschuss im Detail erarbeitet.

Umfrage: Mehr barrierearme Praxen

In seinem Bericht ging KVNO-Chef Peter Potthoff unter anderem auf die jüngsten Ergebnisse einer Umfrage zum Thema Barrierefreiheit ein. Rund 60 Prozent von 13.000 befragten Praxen in Nordrhein machten detaillierte Angaben, nach denen fast die Hälfte der Praxen einen barrierearmen Zugang und eine, wenn auch nicht umfassende, behindertengerechte Ausstattung aufweisen. Damit hat sich der Anteil der barrierearmen Praxen in Nordrhein in den vergangenen fünf Jahren um rund 30 Prozent erhöht. Kritik übte Potthoff an der geplanten Novelle der Landesbauordnung, die zu bürokratisch sei und den Aus- und Umbau von Praxen eher bremse.

Ein Antrag aus dem Notdienstausschuss der Vertreterversammlung, der eine vollständige und zeitnahe Umsetzung der Notdienstreform gemäß der gefassten Beschlusslage forderte, wurde an den Vorstand verwiesen. Am Samstag, den 26. September, werden die Delegierten in einer weiteren Sonder-Vertreterversammlung über eine baldige Überarbeitung der Notdienstordnung beraten.

Zu den jüngsten Berichtigungen hausärztlicher Abrechnungen bei der Chronikerpauschale, die von mehreren Krankenkassen verlangt worden waren und in Honorarrückforderungen mündeten, nahm Bernhard Brautmeier, stellvertretender Vorsitzender der KV Nordrhein, Stellung.

„Wir sind uns im Klaren darüber, wie viel Unmut die Honorarrückforderung hervorgerufen hat. Aber die Beanstandung der Krankenkassen war korrekt, sodass wir keine andere Möglichkeit haben, als das zu berichtigen.“ Die KV Nordrhein habe niemandem einen Vorwurf gemacht, weil die administrativen Bedingungen und die Leistungslegende es den Ärzten schwer machen.“

Termin-Servicestellen: Eigene Lösung in Nordrhein

Brautmeier ging auch auf das Thema Termin-Servicestellen ein. „Wir werden eine eigene Lösung für Nordrhein entwickeln müssen, weil eine auf Bundesebene entwickelte Software nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen würde.“ Die KV sei verpflichtet, die Servicestellen anzubieten und werde das auch tun. „Wir müssen aber noch regeln, wie wir ausreichend Termine bereitstellen können, wenn die Meldung freiwillig erfolgt – und wir keine Möglichkeit haben, die Ärzte für die zusätzlichen Termine zu honorieren.“

Bei der Förderung der hausärztlichen Grundvergütung präsentierte Brautmeier Zahlen zur Inanspruchnahme der Förderung von nichtärztlichen Praxisassistentinnen und des Zuschlags für die Sozialpädiatrie in Nordrhein. Danach nahmen im ersten Quartal 373 Praxen (759 Hausärzte) die so genannte „NäPa“-Förderung in Anspruch. 302 Pädiater rechneten den Sozialpädiatrie-Zuschlag ab. „Insgesamt haben wir damit im ersten Quartal dieses Jahres ein gutes Viertel der extrabudgetär zur Verfügung stehenden Förderung von Haus- und Kinderärzten ausgeschöpft.“

Pressemitteilung der KV Nordrhein

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