Eine Freundin hat eine Gabe: Sie findet immer wieder Musikvideos, die in eindrücklicher Weise an die “großen Fragen” anschließen, frühere Ansätze und Gedanken wiederbeleben. So ging es neulich – erkennbar nicht nur mir – zum Rätsel “Zeit”. Und nun übersandte sie den Link zu einem nicht minder eindrucksvollen Werk von Olafur Arnalds. Mich konfrontiert es mit der Frage, warum wir Menschen (oder, empirisch zutreffender: einige von uns Menschen!) einen “Hunger nach Sinn” (Licht?) verspüren und selbst dann Traurigkeit, ja Schmerzen erfahren können, wenn es uns “objektiv gut geht” (also Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Einkommen etc. befriedigt sind). Dies kann über das subjektive Leiden hinaus zur Entfremdung von anderen Menschen, zu Einsamkeit und – nüchtern-biologisch gesehen – zum Verzicht auf Nachkommenschaft oder gar zum Suizid führen. Nicht zufällig war es ja eine Schweizer Philosophin, Jeanne Hersch, die im Kontakt mit der in Wohlstand und Sicherheit aufgewachsenen Jugend ihres Landes bereits früh mit dem Zusammenhang von Sinn, Zeit & Anthropodizee rang. Aus Befunden der Glücksforschung ergibt sich, dass Religion(en) dazu beitragen können, solche Sinnfragen zu beantworten. Auch ehrenamtliches Engagement – aktuell zum Beispiel in der Flüchtlingshilfe – spendet erkennbar vielen Menschen Sinn. Dass aber manche – insbesondere auch Jugendliche und junge Erwachsene mit gebrochenen Biografien – dabei auch an religiös-fundamentalistische, ja extremistische “Anbieter” geraten, ist ebenso ersichtlich. Und es verschärft die noch nicht schlüssig geklärte Frage, warum die biologische, kulturelle und geistige Evolution des Menschen einen so kostspieligen, ja mitunter gar gefährlichen “Hunger nach Sinn” hervorgebracht hat.
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Rabbiner Jonathan Sacks – bis 2013 Oberrabbiner in Großbritannien, von der Queen 2005 in den Ritter- und 2009 in den Baronstand erhoben – gilt als einer der bedeutendsten, lebenden Gelehrten des Vereinigten Königreichs. 2009 hatte ich einen seiner Vorträge bei “Theos” einmal ins Deutsche übersetzt (abrufbar hier). Umso überraschter war ich, bei einer Rezension seines neuen Buches “Not in God’s Name” in der New York Times durch David Brooks plötzlich auf meinen Namen und Arbeiten zur Religionsdemografie zu treffen. Also erstand ich mir dieses Werk, sobald wieder Zeit zum Lesen war: “Not in God’s Name. Confronting Religious Violence” von Jonathan Sacks.
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