Heute war wieder eine da…eine 80-jährige Patientin, bei der in den letzten Tagen eine zunehmende Unterschenkelschwellung aufgetreten war.
Mit einer Überweisung zum Angiologen hatte sie sich bei Frau Professor Gefäßexpertin vorgestellt und dort war tatsächlich eine Venenthrombose diagnostiziert worden. Das hat zur Folge, dass die Patientin mindestens für 3- 6 Monate eine Blutverdünnung nehmen muss, damit sich das Blutgerinnsel auflöst und keine Lungenembolie entsteht.
Vor einigen Jahren gab es nur Marcumar, jetzt stehen neuere Medikamente, die sogenannten NOAKs, zur Verfügung. Die ganzen Vor-und Nachteile hier darzustellen führt leider zu weit. Letztendlich ist die Wirkung vergleichbar und der Preis der neuen Medikamente natürlich um ein Vielfaches höher. Dafür entfallen die regelmäßigen Blutabnahmen.
Aus Wirtschaftlichkeitsgründen ist man deshalb von der Kassenärztlichcen Vereinigung angehalten zunächst das bekannte und viel billigere Marcumar zu verordnen. In der Realität haben Krankenhäuser (sie bekommen die NOAKs günstig in die Krankenhausapotheke) und Fachärzte wie Kardiologen und Angiologen (sie werden mit Mustern überschüttet) selten Lust den Patienten auf Marcumar einzustellen, sondern geben lieber ein NOAK und schicken den Patienten dann zurück zum Hausarzt.
So auch in diesem Fall. Die Patientin kam mit einem Muster von Frau Professor Gefäßspezialistin zurück. Ich muss dann entscheiden, ob ich ein teures NOAK weiterverschreibe, nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspreche, einen Regress riskiere oder ob ich mich zu einem Versuch mit Marcumar entscheiden soll. In diesem Fall bei der Patientin mit schon fortgeschrittenem Alter ist das vor allem auch medizinisch eine gute Option, weil dann die Tabletteneinnahme und Dosierung mit Bluttests kontrolliert werden kann und durch die lange Halbwertszeit auch noch Schutz besteht, wenn mal eine Tablette vergessen wird.
Meine Rückfrage bei Frau Professor Gefäßspezialistin, warum sie kein Marcumar empfohlen hätte, brachte folgende Aussagen: “Wie, Sie verwenden noch dieses Rattengift (tatsächlich hat man Marcumar wegen seiner blutverdünnenden Wirkung als Rattengift verwendet)? Die NOAKs sind viel wirtschaftlicher (das ist wohl nicht ihr Ernst, wenn die Quote Marcumar/NOAK von der KV sogar als Wirtschaftlichkeitsziel formuliert wurde) und sicherer für den Patienten (tatsächlich sind weniger Gehirnblutungen aufgetreten, aber die Wirksamkeit lässt sich ja auch nicht in einem Bluttest messen). Ich kenne viele Allgemeinärzte, die gar kein Marcumar mehr verordnen und lieber an anderer Stelle etwas sparen. Am besten sprechen Sie mal mit einem Pharmavertreter, der kann Ihnen erklären, wie Sie am geschicktesten NOAKs verordnen.(Hallo? Ich spreche doch nicht mit einem Pharmavertreter, wie ich am besten sein teures Medikament verordne!)……..”
Mir fehlen die Worte und ich schaffe es nur noch, zumindestens einen schriftlichen Befund anzufordern, damit ich abgesichert bin, wenn ich mich für ein NOAK entscheide. Ob sie viel Geld von den Pharmafirmen für diese Empfehlungen kriegt?
Bei Weiterbildungen sieht man das jetzt ja manchmal, dass die Vortragenden ihre “financial disclosers” offenlegen. Wahrscheinlich ist das Pflicht, aber die entsprechende Folie wir durchschnittlich für wenige Millisekunden gerade so lange eingeblendet, dass man “disclosers” lesen kann.
Grundsätzlich spreche ich mit keinen Pharmavertretern, gehe möglichst nicht auf eine Fortbildung, die durch eine Pharmafirma “unterstützt” wird und versuche pharmafreie Zeitschrifen zu lesen. Das ist nicht immer einfach.
Empfehlen kann ich dazu MEZIS-Mein Essen zahl ich selbst.
Und das wunderbare Buch von Wolfgang Schorlau: Die letzte Flucht