Eine Veröffentlichung im Portal Medinside.ch:
Klappt alles in Ihrer Praxis? Wirklich? In ärztlichen Betrieben haben die Chefs wie die Angestellten oft eher das Gefühl, sich durchzuwursteln als souverän über die Runden zu kommen. Man tröstet sich dann damit, dass Unvorhergesehenes völlig normal ist in einem Praxisbetrieb – irgendwie unvermeidbar. Oder doch nicht? Das Institut IFABS hat sich darauf spezialisiert, die Organisation und das Management im Gesundheitswesen zu verbessern – und sein Leiter, Klaus-Dieter Thill, hat folglich doch einen anderen Blick auf die Arztpraxen von heute. Eine Erkenntnis nach hunderten Beratungsgesprächen in der Praxis: Da gibt es viel zu verbessern.
Viel Sand im Getriebe
Denn letztlich seien nur die wenigsten Ärzte mit dem Zustand ihrer Praxen wirklich zufrieden. Die tägliche Arbeit lasse sich zwar halbwegs gut erledigen, doch das Praxisteam spürt meist, dass an vielen Orten Sand im Getriebe ist. In jeder Arztpraxis – so ein Erfahrungswert des IFABS – finden sich durchschnittlich achtzehn Möglichkeiten, die Organisation zu verbessern. Oder anders gesagt: Bei den Praxisanalysen von Thills Team wurden durchschnittlich nur knapp 60 Prozent der Instrumente, Verfahren und Regelungen eingesetzt, welche für eine optimal funktionierende Organisation notwendig wären.
E-Book zum Thema
Thill hat deshalb ein Buch verfasst, in dem er die Möglichkeiten ausbreitet: 100 Tipps, um die Abläufe und die Organisation, die Zusammenarbeit und auch den Spirit in einem ärztlichen Betrieb zu verbessern. Hier eine Auswahl daraus (“100 Best-Practice Tipps für eine noch bessere Praxisorganisation“)
Sorgfalt spart Zeit
Oft wenden Ärzte wenig Sorgfalt für das ganze Nebenbei auf: Was nicht direkt mit den Patienten zu tun hat, wird oberflächlich erledigt. Nur logisch also, dass die Praxisassistentinnen dann viel Grund zur Klage haben – über unleserliche Zettel und Formulare, über schludrig ausgefüllte Papiere, über Lücken in der Dokumentation oder widersprüchliche Rezeptangaben. All das kostet Zeit, zu viel Zeit. Thill erinnert folglich an das “weitgehend unberücksichtigte Zeitmanagement-Prinzip, dass sinnvoll eingesetzter Zeit-Mehraufwand zu einer sogar überproportionalen Zeitersparnis führt.”
Pufferzeiten schaffen Freiheit
In vielen Praxen wird die patientenbezogene Arbeitszeit nahtlos verplant. Doch bekanntlich verlaufen Arzttermine nicht nach Plan. Bei der Zeitplanung wäre also der Einsatz von Pufferzeiten unerlässlich. Als Faustregel für das Zeitmanagement in Arztpraxen nennt der Betriebswirt, dass nur rund 80 Prozent der täglichen Arbeitszeit verplant werden sollten – 20 Prozent wären also auf Pufferzeiten. Diese Relation sei aber nur ein grober Anhaltspunkt. Die tatsächlich benötigte Pufferzeit hänge auch von den zu behandelnden Patienten ab (Chroniker oder Akut-Patienten).
Haben Sie eingebaute Stressfaktoren?
Kommt der Arzt selber ganz am Schluss in die Praxis – nach dem offiziellen Sprechstundenbeginn? (Falls ja, ist eine gewisse Nervosität schon programmiert.) Ist geklärt, in welchen Fällen die Mitarbeiterinnen eine Konsultation stören können? (Falls nein, entstehen oft kleine Ärgernisse, da das Personal und der Arzt die Wichtigkeit eines Störungsgrunds oft anders beurteilen).
Kurzbefragungen
Bewährt habe sich auch aber auch eine Fehler-Monitoringkarte, die im Wartezimmer ausgelegt wird und bloss eine Frage enthält: “Gab es in Zusammenhang mit Ihrem heutigen Aufenthalt in unserer Praxis organisatorische Probleme? Wenn ja, welche?”. Die Nutzung hängt dabei davon ab, ob die Sammelbox für die Karte an einem diskreten Ort aufgestellt ist, an dem die Patienten die Karten unbeobachtet einwerfen können.
So kommen Sie zu pünktlichen Patienten
Ist es unvermeidbar, dass eine gewisse Quote an Patienten nicht zum Termin erscheint (oder viel zu spät)? Wenn sich «No Shows» in einer Praxis häufen, so hat das oft ganz bestimmte Gründe. Zum Beispiel: Wenn Patienten die Erfahrung machen, dass sie trotz Termin lange warten müssen, finden sie es selber auch weniger nötig, die Zeitabmachungen strikt einzuhalten. Wer also Termintreue erwartet, muss zunächst Termintreue liefern. Weitere Tipps des Best-Practice-Führers: Erinnerungsanrufe am Vortag – zumindest bei jenen Patienten, bei denen umfangreichere Untersuchungen oder längere Besprechungen anliegen. Ebenso können – soweit die Patientenzustimmung vorliegt – Erinnerungs- Mails verschickt werden.
Alles eine Frage der Formulierung. Oder: Wie sie pro Telefonanruf 39 Sekunden sparen.
Oftmals liegt das Potential im Detail. Ein Beispiel bietet häufige Telefonfrage: “Wann können / möchten Sie kommen?” Das scheint normal und logisch, doch für Klaus-Dieter Thill ist es “aus organisatorischer Sicht ein gravierender Fehler.” Denn mit der Frageform werde Zeit verschwendet – verglichen mit der Alternativ-Formulierung: “Ich kann Ihnen folgende Termine anbieten…”. Die Organisations-Profis haben errechnet: Telefonate mit derartigen Terminangeboten sind im Mittel 39 Sekunden kürzer – auf 100 Telefonate ergibt sich also eine Stunde Zeitersparnis. Und das gleicher Freundlichkeit des Angebots. Mehr noch: Die Patienten empfinden die Angebotsvariante als deutlich professioneller.
© Klaus-Dieter Thill / IFABS
Weiterführende Informationen zu den Inhalten dieses Blogs bieten die „QuickGuides“-E-Books, konkrete Hilfestellungen liefern die Analysen des Valetudo Check-up ©-Systems. Die Bilder der IFABS Photo-Edition sind exklusiv bei gettyimages® erhältlich.