Familienministerin Schwesig entschärft Entwurf für Prostituiertenschutzgesetz

Der mühsam zwischen SPD und CDU/CSU ausgehandelte Entwurf für ein „Prostituiertenschutzgesetz“ ist vom Tisch. Neuer Streit in der Großen Koalition scheint programmiert.

Die Familienministerin hat offenbar am Mittwoch ohne Absprache mit den Koalitionspartnern einen entschärften Entwurf in die Abstimmung gegeben. Hintergrund ist massive Kritik von Fachverbänden wie dem Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen oder dem Deutschen Juristinnenbund, aus Ländern und Kommunen, Gesundheitsämtern sowie von Datenschützern.

„In der ursprünglichen Fassung wird es für das Gesetz aus unserem Ministerium keine Zustimmung geben“, sagte Staatssekretär Ralf Kleindiek laut Medienberichten. Sollte die Union nicht zu Änderungen bereit sein, werde das Gesetz nicht kommen.

Marianne Rademacher, Frauenreferentin der Deutschen AIDS-Hilfe, begrüßte Schwesigs Entwurf als Schritt in die richtige Richtung, forderte aber weitere Änderungen. „Die geplante Anmeldepflicht soll zwar weniger bürokratisch gehandhabt werden, aber bestehen bleiben. Sie ist unserer Auffassung nach verfassungs- und datenschutzrechtlich unzulässig und treibt Prostituierte in die Illegalität. Außerdem sind die prinzipiell durchaus zu begrüßenden gewerberechtlichen Auflagen für kleinere selbstverwaltete Wohnungsbordelle, die eigentlich gute und sichere Arbeitsplätze bieten, kaum zu erfüllen.“ Rademacher nannte etwa getrennte Toiletten für Kunden und Sexarbeiterinnen oder Sexarbeiter.

Kritik übte auch Johanna Weber vom Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen: „Besonders schwierig für unsere Branche sind die Stadtplanungsregelungen. Prostitutionsstätten gelten als Vergnügungsstätten und sind nur in einem sehr begrenzten Stadtgebiet zugelassen – aber leider nicht dort, wo sie jetzt schon sind und zum Teil seit Jahrzehnten beschwerdefrei arbeiten. Es ist unserer Einschätzung nach nicht möglich, dass alle bestehenden Betriebe umziehen und eine Immobilie in den begrenzten erlaubten Gebieten finden.“ Schlecht sei auch, dass in Prostitutionsstätten in Zukunft nicht mehr übernachtet werden dürfe, denn das verursache erhebliche Mehrkosten für die dort arbeitenden Frauen. „Viele Migrantinnen werden keine Wohnung finden und sich auch kein Hotelzimmer leisten können und somit auf der Straße schlafen oder bei Kunden. Dies ist auf dem Straßenstrich nicht unüblich“, sagte Weber.

(hs)

 

Quellen/weitere Informationen

Sexarbeit: Schwesig kürzt die Auflagen für Prostituierte (Meldung auf tagesspiegel.de vom 26.11.2015)

Prostituierte: Schutz und Pflicht (Meldung auf sueddeutsche.de vom 26.11.2015)

Prostituiertenschutzgesetz: Neue Gefahren statt Schutz (Meldung auf aidshilfe.de vom 21.09.2015 mit Links zu Stellungnahmen von Fachverbänden)