Leicht blass und keine Leichenblässe (Teil 1)


Es war also mal wieder so nachts. Andere Leute schliefen, ich aber nicht, denn die Nachtschwester rief an: „Hallo Dienstarzt. Bei mir liegt die Frau Brimmchen. Kennen sie die?“

„Äh nö?“

„Ah ok. Frau Brimmchen liegt bei uns mit hochgradiger Demenz und einer Lungenentzündung. Im Rahmen dieser Demenz hasst Frau Brimmchen die ganze Welt und lässt keine Gelegenheit aus jeden in Reichweite zu schlagen. Aber jetzt pass‘ auf: Als wir heute Nacht das Mitternachtsantibiotikum geben wollte, da hat sie uns nur mit rechts geschlagen. Nicht mit links. Da stimmt was nicht!“

„Oook ich komme vorbei.“


Kurz nach Mitternacht stand ich in einem kleinen Kreis, bestehend aus Nachtschwester (naja 2) und mir um Frau Brimmchens Bett herum und wir zogen vorsichtig an Frau Brimmchens Arm, welcher bewegungslos und schlaff zurück auf die Matratze fiel.

„Mist, ein Schlaganfall“, dachte ich und rief den Neurologen an.

Frau Brimmchen schimpfte.

Der Neurologe kam.

Zombiegleich erhob Frau Brimmchen den bis dahin bewegungslosen Arm um wenige Zentimeter an.

„Na super“, dachte ich.

„Sag‘ mal. Ist dieser Arm eigentlich immer so kalt“, sagte der überaus kluge Neurologe und wir entschlossen uns nun das große Zimmerlicht anzumachen.

Etwas blass. War er. Der Arm. Nicht der Neurologe.

Eine wilde Leuchtschrift mit den Buchstaben: Achtung: A R T E R I E L L E R  G E F Ä ß V E R S C H L U S S! durchzog mein Gehirn.

Der Neurologe stimmte dem zu, erklärte, das sei ja kein neurologisches Problem und ging schnell wieder weg.

Prinzipiell hätte ich das alles als gefäßchirugisches Problem deklariert, aber es gab keine Gefäßchirurgen in der Gegend, deswegen war es jetzt erst mal ein internistisches Problem und der Internist, tja das war ich.

Nun sollte ich meine Gefäßverschlusstheorie nur noch ausführlicher und möglichst schnell beweisen, denn ehrlich gesagt, über so etwas hatte ich bis jetzt nur in großen Büchern gelesen, die Namen trugen wie: „1000 Krankheiten in kleiner grauer Schrift“ oder auch „Diese Buch ist nichts für Weitsichtige.“