Strategie- und Trendscouting: Die deutsche Arztpraxis ist eHealth-ambivalent

Keine eHealth-Implementierung ohne Beachtung des Praxismanagements

Die Berichterstattung über eHealth-Anwendungen wird vor allem durch die Beschreibung generalisierter Effekte und Vorteile dominiert („…dadurch sind niedergelassene Ärzte in der Lage…“) und auf die technische Umsetzbarkeit bezogen. Doch um sie in der einzelnen Praxis nutzen zu können, müssen sie konkret in das Praxismanagement implementiert werden. Hierbei gilt: die Möglichkeiten und der Nutzen von eHealth können sich umso mehr / weniger entfalten, je besser / schlechter die zu Grunde liegende Funktionalität des Managements ist. Oder anders formuliert: Praxisteams, die heute Probleme haben, ihren Arbeitsalltag – egal, in welchem Bereich – zu bewältigen und deren Arbeit nicht in ein planvolles Praxismanagement-Gesamtkonzept eingebunden ist, sind zukünftig tendenziell weniger in der Lage, eHealth-Ansätze nutzbringend einzubinden und bestmöglich anzuwenden.
Eignungsbestimmung mit dem eHealth Predisposition Score

Wie geeignet das Management einer Praxis für eine Integration von eHealth-Lösungen ist – eine Frage, deren Beantwortung sowohl für Praxisinhaber als auch für eHealth-Anbieter strategische Bedeutung hat -, lässt sich mit Hilfe eines einfachen Systems in zwei Schritten bestimmen:


Schritt 1
Messgröße der Praxismanagement-Qualität ist der Grad seiner Best Practice-Ausrichtung, d. h. der Art und des Ausmaßes, in dem die für ein reibungslos funktionierendes Praxismanagement notwendigen Regelungen, Instrumente und Verhaltensweisen umgesetzt werden. Hierzu zählen u. a. Aspekte wie die Aufgabenverteilung zwischen den medizinischen Fachangestellten, ihre Ausstattung mit Entscheidungskompetenzen, die Qualität von Organisation und interne Kommunikation, aber auch die Planungs- und Marktforschungsaktivitäten eines Praxisteams. Der Best Practice-Standard bietet die Möglichkeit, aufgrund seiner Allgemeingültigkeit und Objektivität für alle Praxisformen und Fachrichtungen in Katalogform aufbereitet und als Benchmarking-Grundlage verwendet zu werden. Durch eine Fragebogen-gestützte Gegenüberstellung der in einer Praxis eingesetzten Management-Regelungen mit dem Standard lässt sich dann der Practice Management Quality Score (PMQS) bestimmen.
Schritt 2
Gewichtet man diesen Score mit der eHealth-Attitude (eA), d. h. dem grundsätzlichen persönlichen Interesse des Praxisinhabers / der Praxisinhaber an der Umsetzung von eHealth-Optionen (ebenfalls per Fragebogen ermittelbar), erhält man den eHealth Predisposition Score (eHPS). Der Wert sagt aus, wie weit das Praxismanagement eines Betriebs ausgebildet ist, um eHealth-Lösungen nahtlos und weitgehend belastungsfrei – sowohl für den Arzt / die Ärzte und Medizinische Fachangestellte als auch für Patienten und Kooperationspartner – in den Arbeitsalltag zu integrieren und sie bestmöglich zu nutzen. Aus den Fragebogen-Angaben lässt sich zudem bestimmen, welche Praxismanagement-Gegebenheiten ggf. verändert werden müssen, um eine möglichst gute Ausgangsbasis zu schaffen, eHealth-Ansätze erfolgsbezogen einzusetzen.
eHealth Predisposition-Typologie

Mit Hilfe des eHPS lassen sich Arztpraxen wie folgt klassifizieren
:
– liegt der Wert über 75%, ist eine Praxis „eHealth-ready“, es liegen optimale Bedingungen für die Einbindung und Anwendung vor (eHealth-Erfolgspraxis),
– ein Score zwischen 50% und 75% beschreibt einen „eHealth-orientierten“ Zustand, in Praxen dieses Typs müssen nur wenige Aspekte des Praxismanagements korrigiert werden, um eHealth-ready zu sein (eHealth-Entwicklungspraxis),
– zwischen 25% und 50% liegen „eHealth-ambivalente“ Praxisbetriebe (eHealth-Aufbaupraxen), sie sind durch gravierendere Probleme in der Praxisführung geprägt, die teilweise zunächst korrigiert werden müssen, um eHealth-Ansätze in ihrem vollen Umfang nutzen zu können, werden problembeseitigende Aktivitäten tatsächlich eingeleitet, steht der eHealth-Anwendung aber kein Hindernis mehr im Weg
– bei Werten unter 25% ist eine Arztpraxis „eHealth-ungeeignet“ (Analoge Arztpraxen).
Die deutsche Durchschnittspraxis ist – wie unsere bisherigen Untersuchungen zeigen – eHealth-ambivalent und damit als eHealth-Aufbaupraxis charakterisiert.
Marktverfügbarkeit des eHPS-Systems ab 12/2015
Für Praxisteams, die interessiert sind, ihre eHealth-Readiness nebst Optimierungsansätzen zu bestimmen bzw. für Anbieter von eHealth-Lösungen, die potenziellen Kunden diese Möglichkeit bieten möchten, steht das eHPS-System ab Dezember zur Verfügung. Kontakt: post@ifabs.de

© Klaus-Dieter Thill / IFABS

Weiterführende Informationen zu den Inhalten dieses Blogs bieten die „QuickGuides“-E-Books, konkrete Hilfestellungen liefern die Analysen des Valetudo Check-up ©-Systems.