Weniger Antibiotika

(hier ist mal der Plural korrekt)

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung KBV veröffentlicht ein Statement, wonach im Beobachtungszeitraum 2008 bis 2014 bei Kindern und Jugendlichen signifikant weniger Antibiotika verordnet wurden. Das ist schon mal schön. Die KBV bezieht sich dabei auf eine Studie des “Versorgungsatlas”, die man hier nachlesen kann.

Spannend wird es bei der Begründung des Rückgangs. Schreibt die KBV: “…, dass Pädiater beim Einsatz von Antibiotika inzwischen sehr sensibilisiert seien – nicht zuletzt, weil die Eltern der Kinder immer häufiger kritisch nachfragen.” Im Paper des Versorgungsatlas klingt das etwas anders:”Eine Ursache für den rückläufigen Trend bei Kindern könnte u. a. die Einführung […] der Pneumokokken-Kon- jugatvakzine in 2006 sein.[…] Darüber hinaus wäre es möglich, dass Pädiater Antibiotika zurückhaltender verordnen als Allgemeinmediziner. Auch der ausdrückliche Elternwunsch nach zurückhaltenderer Antibiotikagabe kommt in diesem Zusammenhang in Frage.” Hier ist der “Elternfaktor” nur noch eine Randbemerkung.

Als Kinderarzt sehe ich gerne die kritische Haltung zu Antibiotika im Vergleich zu Allgemeinmedizinern im Vordergrund, so eitel sind wir nun mal. Und jede Grippewelle gibt uns Recht: Eltern sind oft kranker als ihre Sprösslinge und *immer* mit Antibiotika durch den Erwachsenenmediziner versorgt, “zur Sicherheit” oder “weil jetzt auch noch einen Bronchitis dazukam” oder “weil die Grippe nun schon drei Tage dauerte”. Isso.

Leider führt diese Erfahrung der Eltern, die auch bei viralen Infektionen Antibiotika erhalten dazu, das diese auch für Ihre Kinder häufiger erfragt werden. Von einer “kritischen Hinterfragung” kann ich leider in der Praxis selten berichten. Dachte ich vor meiner Niederlassung immer, man müße die Eltern von einer Antibiotika-Gabe überzeugen, wenn diese angezeigt ist, sind in realite die Diskussionen darüber, dass ein Antibiotikum nicht sinnvoll ist, viel häufiger.

Wirklich neu ist die Erkenntnis, dass Kinderärzte weniger Antibiotika verordnen, übrigens nicht (2010, 2012). Ich schrub auch schon mal davon.

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