Weihnachten ist ja – schon von seinen Wurzeln her – ein faszinierend interreligiöses Fest: Schon mindestens seit der Bronzezeit wurde auf der Nordhalbkugel unserer Erde der “Sieg der Sonne” und damit des Lebens über den Tod um die Zeit der Wintersonnenwende gefeiert. Im Römischen Reich verschmolz dann der jüdisch-christliche Glauben an die Ankunft des von Gott gesandten Messias mit dieser Hoffnung – der christliche Advent (lateinisch: Ankunft) und auch das jüdische Chanukka wurden zu den prägenden Festen des Lichtes und der Hoffnung. Und mit einiger Faszination beobachte ich, dass dieser Prozess weitergeht – Weihnachten wird weltweit auch zunehmend von Nichtchristen aufgegriffen. Konkret erreichte mich dieser Tage beispielsweise eine Weihnachtskarte der Alevitischen Landesgemeinde Baden-Württemberg, einer anerkannten Religionsgemeinschaft, die auch Religionsunterricht nach Art. 7 GG anbietet und sich derzeit sehr stark entwickelt und wandelt.
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Artikel von: Monsterdoc
Das Ende der Lehrbücher? Etwas Besinnliches zum Jahresausklang!
Liebe nofame4u-Leser,
Zum Jahresende erreicht mich noch eine besinnliche Mail aus den Händen meines Kollegen Dr. Thomas Plappert aus Wismar. Zumeist teilt er meine uneingeschränkte Begeisterung für alles Multimediale,
von Blogs über Videos bis hin zu den Podcasts der notfallmedizinischen “Blogosphere”. Nun scheint ihn zum Jahresende doch noch ein anderes, nachdenkliches Gefühl überkommen zu haben…
Mit seiner Erlaubnis darf ich euch seine Gedanken zum Jahresende präsentieren: Über die Bedeutung der neuen und der alten Medien in der (notfall-)medizinischen Weiterbildung.
“Allen meinen Kollegen liege ich seit Monaten in den Ohren, allen Assistenzärzten und Rettungsdienstlern, den Pflegenden und den Studenten, allen erzähle ich von dem Segen des Internets für die
Entwicklung professioneller Notfallmedizin, von Blogs, Websites, Social Media, Twitter und anderen Top-Ressources. Allen Kollegen. Tagtäglich schaue ich meine persönlichen Favoriten durch:
nofame4u, Resus M.E., Life in the fast Lane, oder die News Klinische Notfall- und Akutmedizin. Und dann falle ich plötzlich doch in alte Muster zurück…
Es ereilte mich kurz nach Weihnachten, vielleicht etwas sentimentaler als sonst. Ich wurde gebeten, in unserer wissenschaftlichen Bibliothek nach notfallmedizinisch relevanten Büchern zu suchen,
die wir in eines unserer Büros übernehmen sollten. Warum? Nun, Geschäftsleitung und Ärztliche Direktion waren sich einig: eine Bibliothek in einem (privaten) Krankenhaus braucht 2012 kein Mensch
mehr.
Und so stand ich da, inmitten des Werkes eines ganzen Arbeitslebens unserer Bibliothekarin: Sauber abgelegt Jahrgang um Jahrgang New England Journal of Medicine, Lancet, JAMA, Neurology,
hunderte, vielleicht tausende Bücher, von Arbeitsmedizinischer Begutachtung bis Zahnheilkunde für Humanmediziner, von Embryologie, Neonatologie bis Geriartrie, vom Handbuch funktioneller
Störungen bis zum Handbook of End-of-Life-Care in Intensive Care Units. Tropenkrankheiten, Toxikologie, Verkehrsmedizin und Sexualmedizin, Medizinische Statistik, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde vom
VEB-Verlag, Kündigungsrecht und Cartoons über das Gesundheitswesen – scheinbar gab es nichts, für das sich nicht irgendwann mal irgendwer interessiert hätte – oder hätte interessieren können.
Ich gestehe, ich habe eine irrationale Schwäche für Bücher. Und so habe ich mir aus den Überresten einer gewesenen Weisheit einen guten halben Meter Bücher fürs Oberarztbüro mitgenommen: ein paar
nagelneue Handbücher, aber auch zeitlose Klassiker (was wird am Siegenthaler jemals alt?) in älteren Auflagen. Nicht zu vergessen: antiquarisches aus der Geschichte unseres Faches (die erste
Auflage der Übersetzung von Peter Safars „Wiederbelebung“ oder „Aspekte der Notfallmedizin“ vom Berliner „Lehrstuhl für Notfallmedizin“ aus 1974). Viele andere Bücher ließ ich zurück (Leitfäden
aus den frühen 90ern, Lehrbücher aus den späten 80ern, Orchideen-Beiträge aus kleinen Fächern oder sichtlich Überholtes), aber mein Herz blutete. Ja, es ist so: ein Buch zu entsorgen (oder seine
Entsorgung nicht zu verhindern) ist für mich ein Sakrileg, etwas beinahe Unmögliches. Websites schließen, das ist das eine, aber ein Buch, das man einmal in den Händen hielt….
Ich war nicht alleine in der Bibliothek: kurz nach mir kam der Chefarzt der Neurologie herein, zum wiederholten Mal. „Man entdeckt jedes Mal etwas Neues, ein Buch, das man, obgleich man schon so
oft hier war, noch nie gesehen hat.“ Offenbar kennt er mein Problem und so kamen wir beim Betrachten der Buchrücken ins Gespräch über dieses und jenes und so ich schließlich zu einem Buch über
medizinische Ethik und er zu meiner Ansprache über das Web, die Blogs und Lernen mit Social Media.
Für ihn sei eine wesentliche Motivation, in diesen Büchern Dinge zu finden, die man sich heute nicht erklären könne, die aber vor Jahren und Jahrzehnten beschrieben (und behandelt) wurden. Mit
der Zeit seien etliche, zuvor klinisch beschriebene Syndrome einfach ausgestorben, vorher Bekanntes in Vergessenheit geraten, Dinge abseits des Main-Stream weder erforscht, noch in Leitlinien
abgebildet oder nachverfolgt worden. Ertappt bei meiner Art zu Lernen kam mir der Satz von Professor Zimmermann, dem Ordinarius für Notfallmedizin an der Universität Bern (CH) wieder in den Sinn:
„Die Antworten auf viele unserer Fragen stehen in den Büchern. Man müsste einfach mal ein Buch lesen. Aber das macht ja keiner“.
Klar, es ist bedeutend einfacher, ein Buch zu kaufen, als eines zu lesen. Aber nichts desto weniger lohnend. Vielleicht ist das Netz mitunter aktueller, aber die Grundlagen unserer Wissenschaft
systematisch aufgearbeitet ist vielmals an Papier gebunden. Und auch, wenn das Netz voller Notfallmedizin ist, wird erst mit dem Umfang eines Lehrbuches evident, welchen Umfang, welches Gewicht
ein Fach in der wissenschaftlichen Welt hat.
Und so, dachte ich mir, wird´s was: Bücher für die Grundlagen, das Netz für Guidelines und aktuelles, Kurse, Seminare und Simulatortraining für Handwerk und Management – jeder Bereich unserer
Arbeit hat „seine“ Lehr und Lernmethode und die haben alle ihren Platz!
Mit einem guten Gefühl und meinen „Schätzen“ trat ich völlig überladen den Rückweg in mein Büro an. Mitleidig half mir eine Patientin, den Stapel auf meinen Armen geradezurücken, damit die Bücher
nicht zu Boden fallen. Verlegen lächelte der PJ-Student mich an, der mir mit seinem i-Pad in der Hand entgegen kam – armer alter Mann, dachte er wohl, schleppt sich da an seinen alten Büchern
tot.”