Der Bundestag berät heute das „Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz)“ in zweiter und dritter Lesung. Das Gesetz, das nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, soll Anfang 2016 in Kraft treten.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: „Mit dem E-Health-Gesetz treiben wir den Fortschritt im Gesundheitswesen voran. Dabei stehen Patientennutzen und Datenschutz im Mittelpunkt. Eine sichere digitale Infrastruktur verbessert die Gesundheitsversorgung und stärkt die Selbstbestimmung der Patienten – das bringt echten Nutzen für die Versicherten. Ärzte, Kassen und Industrie stehen jetzt gleichermaßen in der Pflicht, die gesetzlichen Vorgaben im Sinne der Patienten zügig umzusetzen.“
Mit dem E-Health-Gesetz wird auf Basis der Zeitpläne der gematik und der Industrie ein Zeitfenster für die bundesweite Einführung der Telematik-Infrastruktur festgeschrieben, das Mitte 2016 beginnt; bis Mitte 2018 sollen Arztpraxen und Krankenhäuser flächendeckend an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen sein (flächendeckender Roll-out). Es zeigt sich, dass diese Fristen dazu geführt haben, dass alle Beteiligten jetzt sehr intensiv daran arbeiten, den vorgegebenen Zeitrahmen einzuhalten – auch wenn die Industrie nach Auskunft der gematik große Probleme hat, die notwendige Technik bereitzustellen. Darüber hat die gematik im Rahmen der Gesetzes-Anhörung öffentlich informiert. Nach den aktuellen Zeitplänen der gematik kann der Roll-out weiterhin im Jahr 2016 beginnen, so dass die gesetzlichen vorgesehenen Sanktionen nicht greifen müssen. Wir erwarten von allen Beteiligten, – der Industrie, genauso wie den Ärzten und Kassen – dass sie mit Hochdruck daran arbeiten, Arztpraxen und Krankenhäuser an das neue Netz anzuschließen, damit die Telematik-Infrastruktur endlich den Patientinnen und Patienten zugutekommt.
Auf der Gesundheitskarte gespeicherte Notfalldaten können Leben retten, ein Medikationsplan kann lebensgefährliche Wechselwirkungen verhindern und die Telemedizin mobil eingeschränkte Menschen unterstützen. Und mit der elektronischen Patientenakte und dem Patientenfach sind die Patienten besser über ihre Diagnosen und Therapien informiert. Sie bekommen zudem erstmals die Möglichkeit, auch selbst Daten – z.B. aus Fitnesstrackern oder sog. Wearables – dem Arzt zu übermitteln. Das E-Health-Gesetz schreibt einen konkreten Fahrplan für die Einführung nutzbringender Anwendungen und einer sicheren digitalen Autobahn im Gesundheitswesen vor. Mit einer sicheren digitalen Infrastruktur, an die alle Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser, Apotheken und Versicherten angeschlossen sind, schaffen wir die Voraussetzungen für die medizinische Versorgung der Zukunft.
Die Schwerpunkte des Gesetzes:
- Ein modernes Stammdatenmanagement (Online-Prüfung und Aktualisierung von Versichertenstammdaten) sorgt für aktuelle Daten in der Arztpraxis und schützt vor Leistungsmissbrauch zu Lasten der Beitragszahler. Diese erste Online-Anwendung der elektronischen Gesundheitskarte soll nach erfolgreichem Probelauf bis Mitte 2018 flächendeckend eingeführt werden. Damit werden zugleich die Online-Strukturen für wichtige medizinische Anwendungen geschaffen. Ab 1. Juli 2018 sind pauschale Kürzungen der Vergütung der Ärzte und Zahnärzte vorgesehen, die nicht an der Online-Prüfung der Versichertenstammdaten teilnehmen.
- Medizinische Notfalldaten sollen ab 2018 auf Wunsch des Versicherten auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden. Damit sind wichtige Informationen über bestehende Allergien oder Vorerkrankungen im Ernstfall schnell verfügbar. Immer noch sterben in Deutschland zu viele Menschen an gefährlichen Arzneimittelwechselwirkungen. Deshalb erhalten Menschen, die 3 oder mehr Arzneimittel anwenden ab Oktober 2016 einen Anspruch auf einen Medikationsplan. Das ist vor allem für ältere und alleinlebende Menschen eine große Hilfe. Der Arzt muss den Versicherten über seinen Anspruch informieren. Apotheker sind von Anfang an einbezogen und bei Änderungen der Medikation auf Wunsch des Versicherten zur Aktualisierung verpflichtet. Ab 2018 soll der Medikationsplan auch elektronisch von der Gesundheitskarte abrufbar sein.
- Um die Ausgabe der Heilberufsausweise zu unterstützen, mit denen Ärzte auf die sensiblen Daten der Gesundheitskarte zugreifen können, werden elektronische Arztbriefe bereits vor Einführung der Telematik-Infrastruktur gefördert, wenn hierfür ein elektronischer Heilberufsausweis mit elektronischer Signatur verwendet wird. Diese Anschubfinanzierung, mit der ein höheres Datenschutz- und Sicherheitsniveau in der elektronischen Kommunikation erreicht wird, gilt für das Jahr 2017.
- Mit dem E-Health-Gesetz wird der Einstieg in die elektronische Patientenakte gefördert. Die gematik muss bis Ende 2018 die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Daten der Patienten (z.B. Arztbriefe, Notfalldaten, Daten über die Medikation) in einer elektronischen Patientenakte für die Patienten bereitgestellt werden können. Patienten sind dann in der Lage, ihre Behandler über ihre wichtigsten Gesundheitsdaten zu informieren.
- Patientennutzen und -selbstbestimmung stehen im Mittelpunkt. Der Patient entscheidet nicht nur, welche medizinischen Daten mit der Gesundheitskarte gespeichert werden und wer darauf zugreifen darf. Die Patienten erhalten außerdem einen Anspruch darauf, dass ihre mittels Gesundheitskarte gespeicherten Daten in ihr Patientenfach aufgenommen werden. Im Patientenfach können auch eigene Daten z.B. ein Patiententagebuch über Blutzuckermessungen oder Daten von Wearables und Fitnessarmbändern, abgelegt werden. Die gematik muss bis Ende 2018 die Voraussetzungen für die Nutzung des Patientenfachs mit der elektronischen Gesundheitskarte schaffen, so dass Patienten ihre Daten auch außerhalb der Arztpraxis eigenständig einsehen können.
- Zur Förderung der Telemedizin, wird die telekonsiliarische Befundbeurteilung von Röntgenaufnahmen ab April 2017 und die Online-Videosprechstunde ab Juli 2017 in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen werden. Das wird Patienten die Kontaktaufnahme mit dem Arzt deutlich erleichtern, gerade bei Nachsorge- und Kontrollterminen.
- Um sinnvolle Anwendungen, wie z.B. die Telemedizin in die Fläche zu bringen, muss sichergestellt sein, dass die verschiedenen IT-Systeme auch miteinander kommunizieren können. Die gematik wird daher verpflichtet, bis zum 30. Juni 2017 einInteroperabilitätsverzeichnis zu erstellen, das die von den verschiedenen IT-Systemen im Gesundheitswesen verwendeten Standards transparent macht. Neue Anwendungen sollen nur noch dann aus den Mitteln der Gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden, wenn die im Gesetz vorgesehenen Festlegungen und Empfehlungen der gematik aus dem Interoperabilitätsverzeichnis berücksichtigt werden.
- Weil immer mehr Menschen Smartphones und andere mobile Endgeräte für Gesundheitsanwendungen nutzen, soll die gematik bis Ende 2016 prüfen, ob die Versicherten solche Geräte etwa zur Wahrnehmung ihrer Zugriffsrechte und für die Kommunikation im Gesundheitswesen einsetzen können.
Weitere Informationen unter www.bundesgesundheitsministerium.de
Pressemitteilung des Bundesminsiteriums für Gesundheit
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