Kein Mangel an Innovationen
Ein Bericht der Ärzte Zeitung vom 20.01.2016 über den Kongress des Bundesverbands Managed Care (BMC) beschäftigt sich mit dem Einsatz innovativer Technologien im Gesundheitswesen. Zitiert wird hier u. a. Professor Thierry Carrel, Direktor der Uniklinik für Herz- und Gefäßchirurgie in Bern, der darauf hinwies, dass grundsätzlich kein Mangel an innovativen Ideen besteht, die wenigsten jedoch umgesetzt werden, da die Kommunikation zwischen Hochschulen, Industrie und Startup-Unternehmen nur unzureichend ausgebildet ist und kein Geld investiert wird.
Manche Ansätze sind nicht marktfähig
Und tatsächlich wird der Gesundheitsmarkt gegenwärtig von digitalen Konzepten und Ideen überflutet, die darauf ausgerichtet sind, Defizite zu beseitigen, die Produktivität zu erhöhen oder Prozesse und Verfahren zu erleichtern. Doch nicht jede Idee, die ins Leben gerufen wird, kann erfolgreich sein. Das liegt zunächst grundsätzlich in der Natur des unternehmerischen Handelns, denn manche Ansätze stellen sich bereits in der Erprobung als sachlich doch nicht geeignet heraus.
Zu geringe Nutzensensitivität
Ein zweiter Grund besteht – wie Startup-Beratungen zeigen – in einer zu geringen Nutzensensitivität des Marketings für Innovationen. Der Begriff bezeichnet die sog. Tiefenwirkung der Positionierung: um sich durchsetzen zu können, darf sich die Darstellung von Konzepten und Leistungen nicht allein auf die primären Vorteile beschränken, deren Referenz beobachtbare Konstellationen und Situationen sind, sondern muss auch ideell-emotionale Abwehrbarrieren durch Nutzerdarlegungen überwinden. Diese Profilierung ist nicht nur im Hinblick auf Investoren wichtig, sondern vor allem in Bezug auf die potentiellen Anwender. Eine entscheidende Rolle spielt ergänzend eine Zielgruppen-adäquate sprachliche Darstellung, ein Aspekt, der im Startup-Marketing häufig übersehen wird.
Mediziner sind häufig Innovations-ablehnend
Ein Vorteil kann z. B. für die Zielperson „Arzt“ einleuchtend und positiv sein, er setzt das Konzept dennoch nicht ein, da die Folgen der Implementierung für ihn nicht überschaubar sind, z.B., weil er sich in der Materie nicht auskennt, weil er bestimmten Techniken, die eingesetzt werden (z. B. Cloud-Dienste) negativ gegenüber steht oder weil er Innovations-ablehnend eingestellt ist. Startup-Vermarktungskonzepte scheitern daran, dass der Profilierungs-Fokus allein auf die sachlich-realen Lösungsvorteile gelegt wird, die ideell-emotionalen Implikationen und die Anwendungs-Konkretisierung jedoch unberücksichtigt bleiben.
Startups betreiben zu wenig “richtige” Marktforschung
Ursächlich ist hierfür, dass die Jung-Unternehmen zu wenig oder falsch ausgerichtete Marktforschung betreiben. Zwar klopft man den generellen Einsatz- und Handlungsrahmen ab, um einen Businessplan zu erstellen und schnell starten zu können, verschafft sich jedoch keinen ausreichenden Einblick in die Entscheidungspsychologie der Zielpersonen. Aber gerade hier besteht der Ansatzpunkt für ein kommunikativ starkes Marketing, dass Ideen in die Umsetzung führen.
© Klaus-Dieter Thill / IFABS
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