Eine Bitte: was ich jetzt schreibe bleibt unter uns, ok? Meine Kinder lesen diesen Blog noch nicht. Und wenn sie so weit sind, dann werden sie mich sicherlich verstehen….
Siehst du den Süßigkeiten-Berg auf dem Foto? Das ist die Beute meiner Kinder aus zwei Karnevalsumzügen. Ich betone: ich habe extra nicht dabei geholfen, irgendetwas aufzusammeln. Nur wenn Taschentücher, Schwämme oder Duschgel-Proben geworfen werden, mache ich mit. Ansonsten eher im Gegenteil. Wenn die Kinder nicht geguckt haben, habe ich sogar einmal heimlich mit dem Fuß die Bonbons in den Gulli geschubst….
Aber ich will ihnen den Spaß nicht verderben. Die Kinder lieben Karneval. Und ich kann das so gut verstehen.
Eine meiner schönsten Kindheitserinnerungen ist Karneval im Kindergarten. Es gibt ein Foto von mir, als Prinzessin mit schiefer Krone, blass und müde aussehend… aber ich weiß noch, wie glücklich ich war. Sich tagelang verkleiden dürfen als was man will, und mit der Verkleidung sogar draußen herumlaufen! Und tolle Spiele, haufenweise Süßigkeiten, Konfetti und Luftschlangen!
Und so dürfen meine Kinder sich auch jedes Jahr aussuchen, als was sie sich verkleiden wollen. Und dann geht’s zum Karnevalsumzug.
Da wird gefeiert, und die Süßigkeiten (bei uns heißt das Kamelle) fliegen einem nur so um die Ohren. Und wer – mit einem gesunden Kind – geht da bitteschön hin und sagt: „Du darfst dir den schönen bunten Umzug angucken, aber die Süßigkeiten lässt du bitte liegen!“ ? Ich jedenfalls nicht.
Kommen wir zum eigentlichen Anlass für diesen Artikel: Mein Cousine ist mit ihrem 2-jährigen Sohn zu Besuch. Sie lebt in Kalifornien und wollte die Gelegenheit natürlich nutzen, ihrem Sohn den rheinischen Karneval näher zu bringen. Nachdem sie tütenweise Süßkram gesammelt hatten, regte sich dann wohl doch das schlechte Gewissen. Und so wurde ich gefragt: „Dürfen deine Kinder das ganze Zeug eigentlich essen?“ Ihr Mann war sogar überzeugt davon: Johannas Kinder essen so etwas nicht!
Also, jetzt mal ganz ehrlich. Wie machen wir das mit den Süßigkeiten?
Erst einmal grundsätzlich: Ich finde gesunde Ernährung sehr, sehr wichtig. Genau wie Bewegung, frische Luft, genug Schlaf und Entspannung, ein liebevolles Umfeld, in dem Kinder Geborgenheit und Sicherheit erfahren und Unterstützung dabei, sich selbst entwickeln zu können. Und eine Umgebung mit möglichst wenig Lärm, Rauch und anderen Umweltgiften. Und sicherlich noch einiges, das ich vergessen habe.
Das alles trägt dazu bei, dass unsere Kinder sich gesund und glücklich entwickeln können.
Ich achte also darauf, dass unser Essen frisch gekocht und abwechslungsreich ist. Wir bekommen wöchentlich eine Bio-Obst-und Gemüse-Kiste vom Bauern geliefert, und auch sonst kaufen wir bevorzugt bio und frisch (was leider nicht immer gelingt). Also wirklich, lauter gesundes frisch-bio-Vollkorn-Obst-Gemüse-Vitaminzeugs was wir essen.
Aber es gibt auch Süßigkeiten. Es gibt auch Ausnahmen. Ganze Ausnahme-Tage sogar!
Denn ich bin genauso überzeugt: wenn ich meinen Kindern Süßigkeiten verbiete, wird das nach hinten losgehen. Bevor meine Kinder sich heimlich irgendwo anders etwas Süßes holen, bekommen sie es lieber von mir.
An normalen Tagen sieht das so aus, dass die Kinder nach dem Mittagessen eine Süßigkeit als Nachtisch haben dürfen, und vielleicht dann auch noch einmal nachmittags. Achtung Klischee: Ja, wenn ich selbst etwas Süßes kaufe, ist es meistens „faire“ Schokolade, oder es sind gelatinefreie Gummibärchen.
Und Ausnahme-Tage? Das ist dann zum Beispiel Karneval. Oder Geburtstage. Oder Weihnachten.
Es gibt Tage, da sollen die Kinder auch wirklich merken: das ist ein Feiertag! Im wahrsten Sinne des Wortes: ein Feier-Tag. Wo sie erfahren: das ist jetzt etwas Besonderes, ich geniesse etwas, koste etwas total aus.
Auch wenn ich hinterher leide. Das gehört dann auch mal mit dazu. Die Erfahrung: Ich hab so viel Schokolade gegessen, jetzt ist mir sooo schlecht. Ich kann das süße Zeug nicht mehr sehen! (Es soll auch Erwachsene geben, die das vom Alkohol kennen ;-))
Womit wir wieder bei unserer Karnevals-Ausbeute sind. Am Tag des Umzugs selbst habe ich die Kinder einfach mal in Ruhe gelassen. Sie haben eine Menge genascht und dann die Süßigkeiten nach Farben sortiert und aufgeteilt.
Und am nächsten Tag habe ich die Sachen in eine Kiste gepackt und dabei schon einige der „schlimmsten“ Sachen aussortiert – das sind für mich die Süßigkeiten, die nur aus Zucker und Farbstoff bestehen. Die Kiste steht jetzt im Schrank, und nach dem Mittagessen dürfen sich die Kinder etwas davon nehmen.
Zusammengefasst meine Meinung: wenn wir grundsätzlich darauf achten uns und unsere Kinder gesund zu ernähren, und auch auf das ganze andere Drumherum achten, das ich oben beschrieben habe (und wenn das Kind ansonsten gesund ist und keine Stoffwechselstörung oder Ähnliches hat!) – dann darf man sich auch mal mit Süßkram vollschlagen, ohne dass es einen langfristigen Schaden davon gibt.
Als Eltern sind wir Vorbilder. Und wenn wir Eltern vorleben, dass Obst und Gemüse gegessen wird, wenn wir den Kindern zeigen, wie man kocht, und wenn wir den Kindern erklären, woraus unsere Lebensmittel bestehen und wie man damit umgeht, dann geben wir ihnen die besten Grundlagen mit für ihren eigenen Weg.
Und somit halte ich das Vorbild-Sein für besser, als Dinge zu verbieten, die dadurch umso verlockender erscheinen könnten…
PS.: Ich hoffe natürlich, dass das klar ist, wollte es aber sicherheitshalber noch einmal erwähnen: Wenn ich davon spreche sich den Bauch vollzuschlagen, beziehe ich mich auf Kinder, die keine Stoffwechselstörung, Diabetes oder andere Erkrankungen haben. In diesen Fällen sieht das natürlich ganz anders aus. Aber wer z.B. ein Kind mit Diabetes hat, dem brauche ich das sicherlich nicht zu erzählen…
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