Nicht der optimale Zustand

„Und dieses Schmerzmittel sollte gut helfen.“ – „Ah super, dann versuche ich das mal.“ „Ja melden sie sich wenn sie weiter Schmerzen haben.“


Und hier die gleiche Unterhaltung, wenn man einen drogensüchtigen Patienten vor sich hat:
„Und hier dieses Schmerzmittel…“ „Ja Moment, mein Hausarzt schreibt mir immer das Superschmerzmittel einhundert in 5-facher Dosis auf!“ „Oh hmhm.“ „Und ich habe auch immer dieses Schmerzpflaster. Das habe ich heute Morgen verloren. Da brauche ich ein neues.“
„Wie sie haben das verloren?“ „Weiß ich auch nicht, da kann ich ja nichts dafür. Aber schauen sie, ich habe schon Entzugserscheinungen!“
Es folgt eine lange, nervenaufreibende Diskussion über verschiedene drogenähnliche Medikamente, die der Patient dem Arzt nun zu entlocken versucht und der Arzt hat dann schnell keinen Bock mehr. Gibt er dem Patient nichts, wird dieser in Kürze in Zustandsoption 1 verfallen, d.h. die ganze Station zusammenbrüllen und schreiend sein Krankenbett, das Krankennachttischchen und was sonst noch so rumsteht zertrümmern. Gibt man dem Patienten aber zu viel, so verfällt er ebenso in Kürze in Zustand 2: ein nicht mehr erweckbares Drogenkoma. Der Patient muss dann auf Intensivstation verlegt werden, wo er, sobald er wach wird in Zustand 1 (s.o.) verfällt.

Nun ja: Frau Gimmlily hatte sich schon zuhause mit den Drogen ihrer Wahl in Zustand 2 abgeschossen und war erfolgreich vom Rettungsdienst eingesammelt und auf die Intensivstation transportiert worden. Später wachte Frau Gimmlily auf und trat prompt in Zustand 1 über. Neue Extra-Drogen wollte ihr gerade keine geben und das war nicht nett wo sie abends schließlich immer eine Packung Superschmerzmittel 100 zu sich nähme. Heimgehen ging auch nicht, da zumindest eine 12 h Überwachung angeraten war. Nachdem Frau Gimmlily erfolglos versucht hatte die Intensivfachpflegerin in eine Prügelei zu verwickeln, gaben wir ein Beruhigungsmittel und nachdem das irgendwie keinen Effekt hatte noch ein anderes. Auch das schien jetzt nicht so der durchschlagende Erfolg zu sein. Da ich nun aber andererseits Frau Gimmlily nicht in eine erneute Beruhigungsmittelnarkose versetzen wollte, beschloss ich zur Sicherheit 10 min zu warten, bevor wir weitere Dosissteigerungen veranstalteten.
Ich ließ Frau Gimmlily kurz in der Obhut der Intensivpflegerin zurück und ging woanders hin. Auf Klo glaube ich.
Dort rief mich sofort der aufgebrachte Anästhesist an, der ausnahmsweise eine andere Patientin neben meiner liegen hatten. Was ich meine Patienten denn so rumschreien lassen würde?! Jetzt sei seine Patientin völlig fertig. Die habe er eigentlich verlegen wollen und damit wäre jetzt aber nichts mehr! Im Hintergrund hört ich nun des Anästhesisten Patientin ebenfalls laut schreien: „Ich STERBE!“
Der Anästhesist gab hierauf Frau Gimmlily ungefragt eine größere Dosis des Lieblingsnarkosemedikamentes aller Anästhesisten und das ähm brachte Frau Gimmlily zur äh Ruhe.