Ein Praktikum mit Mehrwert in der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Conna ist angehende Psychotherapeutin. Wir haben mit ihr über ihren klinischen Praxisteil in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und –psychosomatik (KJPP) der St. Anna-Virngrund-Klinik Ellwangen gesprochen. Mehr lest Ihr im folgenden Interview.

gesundheitshelden.eu_Conna_Praktikum_KJPP Ellwangen_qGesundheitshelden: Herzlich willkommen, Conna. Magst Du Dich unseren LeserInnen kurz vorstellen?

Conna: Hallo und vielen Dank. Ich heiße Constanze Thelen (oder auch Conna), bin Sozialpädagogin und habe Mitte 2014 meine Ausbildung zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (verhaltenstherapeutisch)  begonnen. Den klinischen Praxisteil habe ich in der KJPP Ellwangen absolviert.

Gesundheitshelden: Was begeistert beziehungsweise fasziniert Dich an der Kinder- und Jugendpsychiatrie?

Conna: Als Streetworkerin und Bewährungshelferin (meine bisherigen Arbeitsfelder, bevor ich meine Ausbildung begonnen habe) habe ich viele junge Erwachsene kennengelernt, die bereits in ihrer frühen Kindheit und Jugend massive psychische Schwierigkeiten hatten. Diese wurden oft nicht gesehen oder nicht adäquat behandelt. Häufig habe ich Klienten in solchen Fällen in psychotherapeutische Settings übergeleitet. Ausgehend von diesen Klienten und deren Geschichten habe ich beschlossen Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche zu werden; das hat den Anstoß gegeben.

Mich fasziniert, dass man oft durch genaues Beobachten, Nachfragen und kleine Veränderungen viel bewegen kann.

Gesundheitshelden: Warum hast Du Dich für die St. Anna-Virngrund-Klinik Ellwangen entschieden? Welche Aspekte haben Dich überzeugt?

Conna: Die KJPP der St. Anna-Virngrund-Klinik hat sowohl menschlich als auch fachlich (insbesondere im Bereich der Verhaltenstherapie) einen guten Ruf.

Gesundheitshelden: Wie lange hat Dein Praktikum insgesamt gedauert?

Conna: Ich war insgesamt ein Jahr lang in der KJPP in Ellwangen. Dieser klinische Praxisteil umfasst 1200 Stunden, welche man innerhalb von mindestens einem Jahr absolvieren muss.

Vielfältige Aufgaben und interessante Krankheitsbilder

Gesundheitshelden: Während der Zeit in der Klinik konntest Du sowohl in den stationären als auch ambulanten Bereich einen Einblick bekommen. Welche Aufgaben hast Du übernommen?

Conna: Wie erkläre ich das am einfachsten?! Man durchläuft normalerweise Kinderstation, Jugendstation und den ambulanten Bereich.

Im stationären Bereich nimmt man an den täglichen Übergaben und den verschiedenen Visiten teil. Dies ist so vorgesehen, damit wir PIPs (Psychotherapeut*innen im Praktikum) möglichst umfassend die Patient*innen und deren Krankheitsbilder kennenlernen sowie den Krankheitsverlauf, den Behandlungsverlauf und die dahinter stehenden Überlegungen der Therapeut*innen, Ärzt*innen und der Mitarbeiter*innen des Pflege- und Erziehungsdienstes verfolgen können. Auf den Stationen gibt es zudem feste Therapiegruppen und Gruppenaktionen an denen man mitwirkt.

Im stationären wie auch ambulanten Bereich ist man in einzelne Fälle (von Aufnahme bis Entlassung) eingebunden. Generell ist man als PIP für die Testdiagnostik zuständig. Man erlernt verschiedene Testverfahren, deren Durchführung, Auswertung und wie man aus diesen Daten aussagekräftige Befunde erstellt. Das ist großartig und interessant, da man in niedergelassenen Praxen selten so viele verschiedene Testverfahren kennenlernen kann.

Im ambulanten Bereich macht man viele Testungen und kann aber ebenso an den therapeutischen Gesprächen teilnehmen beziehungsweise an gruppentherapeutischen Angeboten mitwirken.

Gesundheitshelden: Kannst Du uns von einem Patienten oder einem Fall berichten, der Dir nachhaltig im Gedächtnis bleiben wird?

Conna: Eine Jugendliche kam mit einer suizidalen Krise zu uns. Die ersten Tage weinte sie fast durchgehend über lange Zeiträume hinweg. Man konnte ihr ansehen, wie sehr sie litt. Sie sah keine Zukunftsperspektive, fühlte sich leer und wertlos und konnte sich an nichts erfreuen.

Auf den strukturierten Tagesablauf und die an sie gestellten Aufgaben reagierte sie zunächst wechselnd mit Rückzug oder Aggression. Sie glaubte einfach auch nicht, dass sich etwas verbessern könnte (beziehungsweise konnte es aufgrund ihrer psychischen Verfassung zu dem Zeitpunkt einfach nicht glauben). Aber dadurch, dass sich die Therapeut*innen und die Mitarbeiter*innen des Pflege- und Erziehungsdienstes, welcher den Tagesablauf auf den Stationen leitet und koordiniert, eng absprachen und immer gleich „gelassen aber bestimmt“ reagierten, sich freundlich motivierend gegenüber der Jugendlichen verhielten und die Aufgaben konsequent einforderten, kam sie nach und nach wieder in ein normales Leben. Sie trat mit anderen in Kontakt, erlebte wieder positive Dinge und konnte diese Erlebnisse auch nach und nach anerkennen.

Am Ende ihrer stationären Zeit konnte sie wieder lachen und albern sein und freute sich auf ihre Familie, Freunde und (sogar) auf die Schule. Dieser Fall war sehr beeindruckend für mich, weil er den mühsamen Weg von tief empfundener Verzweiflung zu einer Normalisierung der Gefühlswelt gezeigt hat.

„Eine gute und sorgfältige Diagnostik ist die halbe Miete.“

Gesundheitshelden: Welche Erfahrungen hast Du aus dem Praktikum mit nach Hause genommen?

Conna: Eine gute und sorgfältige Diagnostik ist die halbe Miete. Eine gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Professionen ist unabdingbar. Um eine gute Therapeutin zu sein, muss man fachlich was versiert sein und den Patient*innen zeitgleich vermitteln können, dass es einem um ihre Gesundheit und sie als Person geht. Transparenz für die Patient*innen, die Eltern und die Kolleg*innen ist immer hilfreich und trägt sehr zu einem positiven Therapieverlauf bei. Freundliche/herzliche Bestimmtheit. Fragen und Unsicherheiten im Team immer offen ansprechen und so von und mit anderen lernen.

Gesundheitshelden: Vielen Dank für das Interview und Deine Erfahrungen. Wir wünschen Dir viel Erfolg in Deiner Ausbildung und darüber hinaus.

Conna: Bitte gerne!

Das ist die KJPP Ellwangen:

Die Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und –psychosomatik (KJPP) der St. Anna-Virngrund-Klinik Ellwangen ist ein Aushängeschild der Klinik und in der Region für ihre Qualität bekannt. Die Abteilung wurde 2003 gegründet und bietet Kindern und Jugendlichen 20 Betten auf zwei Stationen.

Das multiprofessionelle Team behandelt die jungen Patienten sowohl ambulant als auch stationär und bietet ein umfangreiches Leistungsspektrum.

Stationär werden unter anderem Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörungen, Depressionen, Substanzmissbrauch und Entwicklungsstörungen, wie zum Beispiel Asperger-Autismus behandelt. Die Diagnostik erfolgt nach den aktuellen Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM-V und der klassischen kinder- und jugendpsychiatrischen Krankheitslehre.
Die therapeutischen Angebote reichen stationär von Einzel- und Gruppentherapien über Ergo-, Musik-, Sport-, Bewegungstherapien bis hin zu tiergestützten Therapien mit dem speziell ausgebildeten Therapiehund.

Besonders hervorzuheben sind die diversen Kooperationen mit Akteuren der Umgebung: darunter befinden sich ambulante Dienste, Schulen, Jugendhilfeeinrichtungen und niedergelassene Kollegen. Regelmäßige Fortbildungen sichern überdies die fachliche Kompetenz des Personals.

Auch ambulant bietet die Klinik vielfältige Therapieangebote an und verzichtet nicht auf kreative und übungsorientierte Behandlungsmethoden. Das ambulante Leistungsspektrum erstreckt sich unter anderem von der Behandlung von Angststörungen über posttraumatische Belastungsstörungen bis hin zu selbstverletzendem Verhalten. Die Anwendung aktueller Klassifikationssysteme (ICD-10, DSM-V) stellt die diagnostische Qualität sicher.

Die Kinder- und Jugendpsychiatrischen Institutsambulanzen (KJPIA) in Ellwangen, Aalen und Schwäbisch Gmünd der St. Anna-Virngrund-Klinik sichern die Versorgung junger Patienten. Das Angebot wird durch eine Privatambulanz sowie die Notfallambulanz vervollständigt.

Die Klinik legt bei der Behandlung besonderen Wert auf die Zusammenarbeit des multiprofessionellen Teams, eine alltagsnahe Behandlung mit Einbezug aller Bezugspersonen und die Unterstützung bei der Eingliederung und Teilhabe im Alltagsleben.

Du möchtest in der KJPP Ellwangen arbeiten? Aktuelle Stellenangebote findest Du auf ihrem Partnerprofil unserer Seite.

Bild: Constanze Thelen

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