Gebrochen.

Es ist soweit. Das Studium hat mich gebrochen.


Jamie sagt, sie hat gesehen, wie das Licht in meinen Augen erlosch.
Seitdem male ich, vor und zurück wippend, Aminosäuren auf jede freie Fläche, die ich finden kann – Servietten, Kaffeebecher, verworfene Karteikarten.
Jamie sagt, eines morgens wird sie ihr Zimmer verlassen und einer aufgerollten Klopapierrolle voller Aminosäuren durch den ganzen Ravenclawturm folgen, bis sie mich wimmernd in einer Ecke hockend finden wird.

Ganz so schlimm ist es natürlich noch nicht.

Gut, Aminosäuren male ich tatsächlich auf jedes Schnipselchen, das ich finden kann. Ich empfinde das als meditativ. Andere Leute malen Mandalas aus, ich male Aminosäuren und freue mich, wenn ich ihre Struktur, ihre Namen und ihre beiden Kurzschreibweisen kann.
Ich stehe auch hier und da mal eine Stunde eher auf als notwendig, um das Gelernte vom Vortag wiederholen zu können. Andere Leute freuen sich vielleicht, mal eine Stunde später Uni zu haben als sonst, ich nutze die zusätzliche Stunde, um ein bisschen aufzuholen.
Es sind schon zwei Wochen rum, von den nur zwölf Wochen, die dieses Semester dauert.
In zehn Wochen geht es an die Prüfungen, und das wird knallhart.

*malt vor- und zurückwippend leise zur Selbstberuhigung summend Aminosäuren mit dem eigenen Blut an die Wand*

Biochemie ist mein neues Lieblingsfach, das habe ich zumindest so beschlossen und ich bin gewillt, das eiskalt durchzuziehen. Biochemie ist toll.

Physik macht mich traurig. Ich hab Physik immer (auch schon zu Schulzeiten) geliebt, und letztes Semester mit meiner tollen Versuchspartnerin waren auch die Praktikumstage cool. Sehr lang und schlauchend, aber cool. Dieses Semester hab ich, wie bereits erwähnt, eine eingebildete Schnepfe als Versuchspartnerin, die überhaupt keinen Bock auf unsere Experimente hat und das auch alle paar Minuten sagt. Das find ich halt echt schade, weil unsere Praktika wirklich gut gemacht sind und es meiner Meinung nach auch wirklich was bringt, wenn man selbst mal gesehen hat wie viel weniger Flüssigkeit (in unserem Experiment Wasser, im “wahren Leben” wäre es Blut) durch eine Kapillare fließt, wenn man den Durchmesser nur ein kleines bisschen verringert.
Dann aber nach dem Praktikum groß tönen, dass wir das Protokoll schon diese Woche fertigstellen sollen, und zwar jede für sich, und dann bei nem Treffen im Café nur noch eins aus unseren Protokollen zusammenschreiben und abgeben. Tja, mein Protokoll ist fertig, sie hat ihres nicht mal angefangen.

In Chemie ist es dieses Semester ähnlich. Meine Versuchspartnerin hat auch überhaupt keine Lust mehr und weigert sich jetzt einfach, überhaupt irgendwas zu tun. Das Problem ist, wir müssen die Versuche machen, also am Ende des Tages irgendein vorzeigbares Ergebnis haben. Außerdem vergeht die Zeit nicht schneller, wenn man nur frustriert in die Versuchsanweisungen starrt, ohne irgendwas davon wirklich zu lesen.
Ich war wirklich kurz davor, sie anzubrüllen. Es macht wirklich keinen Spaß, wenn man alles alleine machen muss und sie nichtmal in der Lage ist, mir wenigstens den nächsten Schritt anzusagen, wenn sie doch eh die ganze Zeit in die Versuchsanweisungen glotzt, sondern ich mir sogar das noch selbst anlesen muss, während ich die Pipette mit dem tropfenden NaOH in der Hand halte, weil sie lieber mit ihrem Handy rumspielt. Wir wären bestimmt eine halbe Stunde eher fertig gewesen, wenn sie auch mal mit angepackt hätte.
Dazu kommt noch, dass unsere Vorlesungen einfach nur ätzend sind. Es gibt keine Versuche mehr (die haben letztes Semester immer schön den Druck rausgenommen und Zeit zum Durchatmen gegeben, außerdem war es cool anzusehen und einer der Gründe, warum ich Chemievorlesungen so selten blaugemacht habe) und das, was in den Vorlesungen behandelt wird, hat nichts mit dem zu tun, was wir in den mündlichen Prüfungen an den Praktikumstagen abgefragt werden. Läuft, läuft, läuft bei uns.

Histologie wird wahrscheinlich doch nicht so ein Horrorfach, wie ich anfangs dachte. Hochprismatisches von isoprismatischem Epithel zu unterscheiden, ist nicht unschaffbar, und die Drüsen gehen eigentlich auch. Ich hatte wirklich Angst vor diesem Fach, aber bisher muss ich sagen, meine Erwartungen wurden angenehm untertroffen.

Viele Kurse bedeuten leider auch, viel nachzuarbeiten und vorzubereiten. Und das im kurzen Sommersemester, das muss doch alles ein schlechter Scherz sein.

Mein Wochenende ist dementsprechend auch sehr unilastig. Heute muss ich mindestens drei Fächer nacharbeiten, und wenn es nur oberflächlich ist. Hauptsache, irgendwas getan. Das meine ich ernst. Selbst wenn ich mir nur irgendwelche Texte in der Dualen Reihe durchlesen sollte, bringt das auf lange Sicht schon mal was. Morgen hab ich frei, also zumindest keine Uni, dafür muss ich arbeiten. Ich nehm aber meine Lernsachen mit und versuche, zwischen den Einsätzen ein bisschen was zu machen. Und nachmittags hab ich ja schon wieder frei und dann immer noch genug Zeit, noch ein Fach zuhause nachzubereiten und ein Fach dann während meiner Fahrt im Hogwarts-Express. Wofür gibt es Ohropax?😉

Herr Haustier hat bereits gefrühstückt, jetzt bin ich dran. Die Sendung mit der Maus hab ich auch verpasst, Mist. Gut, dass ich Sendungen aus der Mediathek auf meinem Fernseher angucken kann. Das gönne ich mir gleich beim Frühstück.
Und wenn ich richtig fleißig bin, darf ich heute Abend noch ne Stunde Assassin’s Creed spielen. Oder zwei. Aber nicht zu lange, der Wecker klingelt früh.

Zur Motivation gibts natürlich wieder ein Motivationsbildchen.
Wer meine Facebookseite geliked hat, kennt es vielleicht bereits, es ist gestern entstanden, und es ist wieder mal sehr, sehr schlimm.

ATP-Synthese

 

Ach so, jetzt kommt natürlich die Sonne raus.
Die lachende Sonne und der strahlenblaue Himmel sind ja nur dazu da, mich zu verhöhnen. Ich habe das schlimmste Schicksal von allen …

#medlife #sadlife 

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