Magenspiegelungs-Aufklärungs-Performance


Herr Folb-Gnibzel, war in letzter Zeit immer verwirrter, wütender und noch verwirrter geworden. Deshalb sollte er in eine Psychiatrie ob man diesen Zustand nicht verbessern könne. Da die Verwirrtheit nicht neu war, hatte Herr Folb-Gnibzel schon einen bevollmächtigten Betreuer, seinen Sohn. Und da Herr Folb-Gnitzel aber neu Blut erbrochen hatte, sollte er vor dem psychiatrischen Aufenthalt noch kurz zu einem internistischen Aufenthalt bei uns vorbeischauen.

Herr Folb-Gnitzel bekam ein schönes Zimmer auf meiner Station und sein Sohn stellte sich bequem in den Türrahmen (deshalb ging die Tür auch nicht mehr zu). Ein strategisch günstiger Platz das. Jedes Mal wenn nun Herrn Folb-Gnitzels Sohn eine Frage hatte, konnte er mich gleich sehen und sofort fragen. Das war ungefähr immer dann wann ich mich der Tür auf 5 Meter genähert hatte.
Prinzipiell keine schlechte Strategie. Leider war es immer die gleiche Frage: Wann wir den Vater in die Psychiatrie verlegen würden und wie genau wir das tun würden. Mit Details und so.
Ha dachte ich mir, vielleicht kläre ich Vater und Sohn gleich über die Magenspiegelung morgen auf. Dann sind sie abgelenkt und alles wird weniger aufregend.
Einen Aufklärungszettel in der Hand setzte ich mich also neben Vater und Sohn und begann. Der Vater war schon so weit weg, dass er vermutlich nicht einmal meine Existenz wahrnahm. Der Sohn nickte etwas nervös. Meine ausführliche Magenspiegelungs-Aufklärungs-Performance näherte sich dem Ende, da unterbrach mich der Sohn: „Moment, moment! Sie sprechen gar nicht über die Verlegung in die Psychiatrie, sondern über die Untersuchung morgen?!“
Verwirrt hielt ich inne: Hatte ich nicht deutlich gesagt: „Nun werde ich sie über die geplante MAGENSPIEGELUNG aufklären.“ „So eine MAGENSPIEGELUNG blabla.. usw. Magenspiegelung… blabla weitere 50 Erwähnungen des Wortes Magenspiegelung.“ Währenddessen hatte ich eifrig mit einem Aufklärungszettel herumgewedelt, dessen Titel in Fettgedruckter Schrift da „Magenspiegelung“ war und auf dessen graphische Darstellung einer Magenspiegelung ich mit einem instabilen Krankenhauskugelschreiber repetitiv gedeutet hatte. Jop, ich hatte sogar mit krakeligen Strichen Ergänzungen eingezeichnet!
Verzweifelt überreichte ich dem Sohn nun den Zettel und erklärte er solle doch mal alles durchlesen und ich käme später nochmal. Dann ging ich schnell weg
Eine halbe Stunde später lief die Oberärztin über die Station und ich hörte schon von weitem eine bekannte Stimme fragen: „Und wie genau läuft das dann mit der Verlegung in die Psychiatrie?“