Für COPD-Patienten stellt Ungewissheit eine besondere Herausforderung dar. Fehlende Bewältigungs-Strategien für krankheitsbedingte Ereignisse können zu schlechter psychosozialer Anpassung, niedriger Lebensqualität und posttraumatischen Stressantworten (wie Angst und Depression) führen.
Ungewissheit tritt bei chronischen Krankheiten wie COPD auf, wenn die Krankheit selbst oder ihre Behandlung durch folgende Faktoren bestimmt sind:
- Widersprüchlichkeit
- Willkürlichkeit
- Komplexität
- Unvorhersehbarkeit
- Informationsdefizit
In diesen Fällen kann eine Intervention zum Ungewissheits-Management hilfreich sein.
Wie sieht eine Intervention zum Umgang mit Ungewissheit aus?
Die ursprünglich für onkologische Pateinten entwickelte Intervention (Mishel et al., 2005) setzt sich wie folgt zusammen:
- kognitive Umstrukturierung
- Vermittlung von Krankheitswissen
- Verbesserung der Behandler-Patienten-Kommunikation
- Stärkung der sozialen Unterstützung
Angepasst für COPD-Patienten besteht eine Intervention zum Ungewissheits-Management beispielsweise aus:
- kognitiven Strategien
- verhaltensbezogenen Strategien
- Interventions- und Feedback-Kontakten
Wie werden die kognitiven Strategien der „Ungewissheits-Intervention“ eingeübt?
Nach einer Verhaltensanalyse werden gezielt Strategien besprochen und geübt, die beim Auftreten von Ungewissheits-Auslösern ausgeführt werden sollen.
Beispiel: „Atemnot-Diskriminierungs-Übung“ – Ist es meine Psyche (Angst) oder ist es meine Lunge (Exazerbation)?
Wie lassen sich die verhaltensbezogenen Strategien vermitteln?
Hier bieten sich Selbstmanagement- Materialien (Audio CD, Broschüre, App, etc.) an. Wichtig ist die zweigleisige Ausrichtung auf:
- COPD-Informationen
- Ungewissheit und Coping bei COPD
Die COPD-Informationen umfassen beispielhaft folgende Themen:
- Was ist COPD?
- Ursachen und Risikofaktoren für COPD
- Diagnose und Behandlung der COPD
- COPD-Exazerbationen
- COPD-Prognose
Das „Ungewißheit und Coping“-Modul behandelt Themen wie:
- Was ist Ungewissheit?
- Wie beeinflusst Ungewissheit das tägliche Leben?
- Was löst COPD-bezogene Ungewissheit aus?
- Wie gehe ich mit COPD-bezogener Ungewissheit um?
- Was beeinflusst meinen Umgang mit COPD-bezogener Ungewissheit?
- Beispiele für den adäquaten Umgang mit COPD-bezogener Ungewissheit
- Kraftquellen
Wichtig für den Erfolg: die Interventions- und Feedback-Kontakte
Bei vier etwa halbstündigen wöchentlichen Folgekontakten führen die Patienten jeweils eine Bewältigungs-Strategie aus:
- Ablenkung
- beruhigendes Selbstgespräch
- Entspannungsübung
- Wohlfühl-Imagination
Die Patienten werden angehalten, die Bewältigungs-Strategien immer dann anzuwenden, wenn sie mit einem Auslöser von Ungewissheit (real oder antizipiert) konfrontiert sind. Die Selbstmanagement-Materialen (CD, Broschüre, App, etc.) werden erläutert. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Interventionen die medizinische Standard-Behandlung nicht ersetzen, sondern allenfalls krankheitsbezogene Ungewissheit reduzieren und zu einem besseren Umgang mit Krankheits-Problemen anleiten können.
In einer Studie zu den Effekten einer solchen „Ungewissheits-Intervention“ zeigten die Teilnehmer der Interventionsgruppe (im Vergleich zur Kontrollgruppe) signifikante Verbesserungen im 10-Monats-Follow up in den Bereichen
- Ungewissheit
- Bewältigungs-Strategien
- Angst
- Depression
- Lebensqualität
Atemnot als zentrales Krankheitssymptom bei COPD wurde in dieser Interventions-Studie nicht gesondert untersucht. Diesbezügliche Forschung ist wünschenswert, da Ungewißheit prospektiv mit Atemnot verknüpft ist.