Alle zwei Wochen bewertet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Zusatznutzen von neuen Arzneimitteln auf Basis der aktuellen allgemein anerkannten medizinischen Erkenntnisse in einem aufwendigen und transparenten Verfahren. Dabei unterscheidet er in seinen Beschlüssen zum Zusatznutzen sehr differenziert nach unterschiedlichen Patientengruppen oder Behandlungssituationen. Bisher kommt dieses detaillierte Wissen beim niedergelassenen Arzt in der Verordnungspraxis nur bruchstückhaft an – und vor allem viel zu spät, nämlich nur alle zwölf Wochen mit dem Quartals-Update der Praxissoftware. Ärzte können neue Arzneimittel somit weder therapeutisch sinnvoll noch wirtschaftlich verordnen. Leidtragende sind die Patienten. Sie erhalten schlimmstenfalls Arzneimittel ohne Zusatznutzen, aber ggf. mit schweren Nebenwirkungen. Für die Krankenkassen sind neue Arzneimittel im Regelfall teurer als die bisherigen Standardtherapien. Fehlt ein Wissenstransfer, entstehen Mehrkosten ohne zusätzlichen Nutzen für den Patienten. „Ärzte müssen zeitnah zu den G-BA-Beschlüssen erfahren, bei welchen Patienten und in welchen Behandlungssituationen ein Arzneimittel tatsächlich einen Zusatznutzen hat. Nur so können sie sicher ein Arzneimittel auswählen. Hier brauchen wir endlich einen besseren Wissenstransfer in den Versorgungsalltag“, so Johann-Magnus v. Stackelberg, stv. Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes. Der Fall des Arzneimittels Axitinib illustriert eindrücklich, wie wenig die differenzierte Bewertung des G-BA bisher in der Praxis beachtet wird: Der G-BA hatte hier für 99 Prozent der Nierenzellkrebspatienten keinen Zusatznutzen festgestellt; lediglich in einer Patientenuntergruppe von unter einem Prozent konnte er einen Zusatznutzen attestieren. Die tatsächlichen Verordnungen übertrafen dann aber jede Erwartung. Es ist daher zwingend davon auszugehen, dass die weit überwiegende Patientenzahl das Arzneimittel ohne Aussicht auf einen Zusatznutzen eingenommen hat. Unverzichtbar: neutrale Infos anwenderfreundlich aufbereitet Zentral für einen solchen schnellen Wissenstransfer ist der gesetzlich abgesicherte Aufbau neuer Datenströme vom G-BA zum Arzt und zur Krankenkasse. Eine ähnlich lautende Forderung ist mittlerweile auch als Ergebnis des Pharmadialogs aufgestellt worden. Verwunderlich, ja irritierend ist jedoch, dass die Pharmaindustrie in den Konzeptionsprozess eingebunden werden soll. „Herzstück muss eine anwenderfreundliche, auf dem aktuellen medizinischen Wissensstand basierende und von Industrieinteressen unabhängige Arztsoftware sein“, fordert v. Stackelberg. Für ein solches industrieneutrales Wissenstransfersystem müsste der G-BA die verordnungsrelevanten Daten wie z. B. Patientengruppen, Zusatznutzen und zweckmäßige Vergleichstherapie einheitlich erfassen und datentechnisch zum Weiterverarbeiten aufbereiten. Diese Informationen würden den Ärzten über die Praxisverwaltungssoftware (PVS) zur Verfügung gestellt werden. Die PVS-Anbieter wären dann verpflichtet, die Infos des G-BA stets aktuell einzuarbeiten. Möglichst auf einen Blick sähen Ärzte dann, welches Arzneimittel indikationsgerecht die beste Wahl wäre. Ein Ampelsystem könnte hier eine einfache und sichere Orientierung bieten. Die ärztliche Entscheidung würde an die Krankenkasse übermittelt. Sie kann nun indikationsspezifisch und patientengruppengenau das Versorgungsgeschehen entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag monitorieren, analysieren sowie die Beratung von Ärzten und Patienten gestalten. Entsprechende gesetzliche Grundlagen für den G-BA, die Hersteller der PVS-Systeme und die gemeinsame Selbstverwaltung müsste der Gesetzgeber schaffen. Win-Win-Situation für alle Beteiligten „Wenn Ärzte die tatsächliche Werthaltigkeit neuer Arzneimittel kennen, können sie die Versorgung frühzeitig qualitativ verbessern und zugleich wirtschaftlich gestalten. Davon profitieren nicht nur Ärzte und Krankenkassen, sondern auch Patienten und sogar die pharmazeutischen Unternehmen“, so v. Stackelberg. Der Patient wüsste sicher, dass er ein Medikament mit Zusatznutzen in seiner speziellen Patientengruppe (und ohne unnötige Nebenwirkungen) verordnet bekommt. Der Arzt erhält einen leichten Zugang zur fachlichen Bewertung eines neuen Arzneimittels, damit eine verbesserte Orientierung im Therapiegebiet und kann so nutzen- wie indikationsgerecht verordnen. Mit höherer Verordnungssicherheit sinken Aufwand, Konfliktpotential und Kosten für Ärzte wie Krankenkassen bei den Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Unternehmen mit therapeutischen Innovationen profitieren ebenso, da ihre Produkte auch tatsächlich in der Versorgung ankommen. Die Krankenkassen werden um die Mehrkosten für teurere Arzneimittel ohne Zusatznutzen entlastet. Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbandes
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