Danke für diesen Blogparadenbeitrag von Judi – wer noch mitmachen möchte kann das: bis am 5. Mai!
Ich habe viele gute Erfahrungen mit Apotheken gemacht, diese hier war wohl die eindrücklichste und ist mir aber auch nachfast 28 Jahren sehr positiv im Gedächtnis.
Es war Weihnachten, meine Oma bei uns über die Feiertage zu Besuch, 60 km entfernt ihrer Heimatstadt, ihres Arztes und ihrer Stammapotheke. Am 1. Feiertag bekam sie furchtbare Schmerzen im Bein – kompletter Venenverschluss. An einem normalen Tag kein Problem – Krankenwagen rufen und alles geht seinen Weg. Nun hatte es vormittags geregnet und dann gab es einen Temperatursturz – Blitzeis, die komplette Landschaft war mit einem massiven Eisfilm überzogen, der Winterdienst funktionierte nicht, mehrere Krankenwagen hatten beim Ausfahren Unfälle, Straßen waren dicht etc. . Man sagte uns beim Alarmieren, solange es nicht hochlebensbedrohlich wird müssten wir uns auf lange Wartezeiten einrichten, ein Notarzt sei gerade nicht verfügbar weil es zwei Massenkarambolagen gegeben hatte und der Heli würde für schwere Notfälle gebraucht.
Meine Oma wurde von uns ins Bett verfrachtet, ich setzte mich zu ihr und nahm den Fuß auf die Schulter. Sie wimmerte nur noch immer wieder „Lieber Gott, hol mich, damit die Schmerzen aufhören“.
Mein Vater rutsche zu unserem Hausarzt, der ein paar Häuser weiter wohnte. Er hatte keinen Dienst sondern saß mit seinen Lieben beim Weihnachtsessen, kam aber trotzdem sofort – allerdings ohne Medikamente, die lagen unerreichbar bei ihm in der Praxis etwas weiter weg, ebenso wie die BTM-Rezepte.
In unserer Gegend gab es nur eine einzige Apotheke die bei solchen Bedingungen irgendwie erreichbar war. Die Apothekerin wohnte über der Apotheke, hatte aber keinen Dienst, der Arzt nutzte die Privatnummer – und auch die Apothekerin ließ ihre Familie beim Weihnachtsbraten alleine um uns zu helfen. Der Arzt setze anstelle das Morphiums ein Mittel aus Hustensaft (Codein?) und einem Zusatzmittel zusammen, außerdem orderte er Heparin.
Trotz der Glätte und der inzwischen sehr unwirtlichen Wetterbedingungen hat die Apothekerin den Weg zu uns auf sich genommen. Sie kam zu Fuß, Auto war für den Weg (durchgehend bergauf) nicht denkbar, sie selbst hangelte sich wohl eine halbe Stunde lang an Gartenzäunen entlang. Obwohl der Arzt es nicht „bestellt“ hatte, brachte sie auch noch alles Mögliche an „Werkzeug“ mit – Spritzen, Kanülen für einen Zugang, auch alles nötige für eine Infusion zur Kreislaufstabilisierung – und die war wirklich nötig, als sie dann bei uns ankam.
Wer weiß, wie es ohne die Hilfe dieser beiden tollen Menschen mit meiner Oma weitergegangen wäre. Klar wäre sie an dem Verschluss an sich nicht verstorben, aber der Stress durch die Schmerzen nahm sie so sehr mit, dass es wirklich „spitz auf Knopf“ stad.
Irgendwann kam dann der RTW und der Spuk nahm ein Ende – Arzt und Apothekerin blieben bei uns, bis sie da waren. Seit diesem Weihnachtsfest waren die beiden für mich „Helden des Alltags“ und ich bin ihnen noch heute dankbar.
Mal abgesehen von Schmerzhaft ist so eine Venenverschluss auch potentiell ziemlich gefährlich, weil sich daraus ein Blutgerinsel (Thrombose) lösen könnte – und die landet dann am Normalfall in der Lunge. Aber Super Einsatz von Arzt und Apotheke!
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