„Medizinstudium – kannst du das empfehlen?“

Das wurde ich schon ein paarmal gefragt und am Samstag habe ich auf Twitter versprochen, das mal ausführlich in einem Blogartikel zu beantworten.

Nun… Nein.

Warum? Das Medizinstudium ist kein Selbstzweck. Entweder mal will Ärztin oder Arzt werden (oder eine andere berufliche Tätigkeit ausüben, für die man ein abgeschlossenes Medizinstudium braucht), oder halt nicht.

Wenn du dir diesen Beruf wünscht und es dein große Traum ist: hell yes!
Dann mach es! Versuch es wenigstens. Es ist nicht leicht, ganz und gar nicht. Aber wie traurig wäre es, nicht wenigstens zu versuchen, die Träume zu verwirklichen?

Wenn du dir nicht sicher bist, was du beruflich machen willst oder einfach nur nen prestigeträchtigen Beruf mit guten Verdienstmöglichkeiten suchst – dann lass es lieber.
Das Studium ist verdammt hart. Wenn ich nicht wirklich Ärztin werden wollen würde, hätte ich keinen Bock darauf. Ich lerne gern (also ich erlange gern neues Wissen), aber so geil bin ich jetzt nicht auf Fachbücher, dass ich mir nichts schöneres vorstellen könnte als am Wochenende zwölf Stunden pro Tag zu büffeln. Ich hätte auch andere Pläne für meine Abende, als bis ein Uhr nachts mit meiner Mitbewohnerin in der Küche zu sitzen und verzweifelt zu versuchen, nicht allzusehr den Anschluss an die Vorlesungen und Seminare zu verlieren. Meine sozialen Kontakte Im Real Life) bestehen nur noch aus anderen Medizinstudierenden, meinen Arbeitskollegen, und meinem Stoffhasen. Einmal die Woche telefonier ich mit meiner Mami und meiner Oma.

Die Studienplätze sind begrenzt und es gibt Menschen, die warten viele Jahre lang auf die ersehnte Studienplatzzusage. Wenn dann Leute „einfach nur so, um mal zu gucken wie das ist“ Medizin studieren (und dann nach ein, zwei Semestern abbrechen), dann nehmen sie einen der wenigen Plätze jemandem weg, dessen größter Wunsch es ist, Arzt zu werden, aber dessen Abiturnoten das leider nur mit Wartezeit hergeben.
Das finde ich persönlich nicht fair. Klar, wer nen Studienplatz bekommt, bekommt ihn, und wer nicht, der nicht.

Darüber hinaus hat das Medizinstudium in der Vorklinik, also den ersten vier Semestern, genau gar nix mit dem späteren Berufsalltag zu tun. Wer daran misst, ob der Beruf was für einen sein könnte, nun, der wird wahrscheinlich einen falschen Eindruck in die Wertung einfließen lassen.

Das erinnert mich daran, dass mein Chef mich zwei Wochen nachdem ich zum Studieren weggegangen bin, gefragt hat ob ich zufrieden mit meiner Entscheidung bin und es immer noch das ist, was ich machen möchte (und zwischen den Zeilen halt, ob ich nicht doch lieber wieder Vollzeit arbeiten möchte). Hä?
Mein Wunsch war es doch nicht, Medizinstudentin zu werden! Ich will Ärztin sein. Das Medizinstudium gehört dazu, ja, aber es war nicht mein Lebenstraum zwischen Hörsaal und Unibib zu pendeln und meinen Schlaf auf das absolute Minimum zu reduzieren.

Deswegen nochmal:

Wenn du gerne Ärztin oder Arzt werden willst, kann ich dir das Medizinstudium empfehlen. Es gibt nämlich keinen anderen Weg dahin.
Wenn du einfach nur mal gucken willst, wie es ist, lass es. Sammle dann bei Interesse lieber erstmal Erfahrung in anderen medizinischen Berufen (das geht zum Teil auch ehrenamtlich, wenngleich du dafür auch eine Ausbildung oder zumindest Lehrgänge und Fortbildungen machen musst) und überleg dir dann nochmal, ob du für den Beruf geeignet bist und deine Seele dafür brennt.

Denn, nicht vergessen: Einen Medizinstudienplatz bekommt man nur einmal.
Wer „nur mal gucken will“, das dann nach einem oder zwei Semestern doof findet (was ich nicht verdenken kann), und dann abbricht, der wird später (sollte dann irgendwie doch der Wunsch, Arzt zu werden, erwachen) keine zweite Chance bekommen. Zumindest nicht in Deutschland.

Es ist ein Fleißstudium, es ist ein Auswendiglernstudium, und es verlangt echt viel ab. Ihr seht ja meine Prokrastinationsscheiße. Das Pfingstwochenende habe ich nicht komplett mit meinen Fachbüchern verbracht, weil ich die letzten Wochen nix getan hab. Das ist alles zusätzlich zu den vielen Stunden, die ich jeden Nachmittag nach der Uni noch lerne.

Das Medizinstudium an sich macht wenig Spaß, dafür ist es viel zu hart. Und wenn man nicht weiß, warum man es macht, steht man es nicht durch.

Ich hoffe, es fühlt sich niemand auf die Füße getreten, denn so ist es nicht gemeint.
Und: das ist meine Meinung. Jemand anderes könnte diese Frage anders beantworten.

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