Selbstversuch

Ich bin ja der Meinung, dass es gut für die ÄrztInnen/PatientInnen-Kommunikation ist, wenn man empathisch ist. Sich hineinversetzen kann. Vielleicht selbst mal krank im Spital gelegen ist. Um den Budenkoller nachvollziehen zu können.

Vor einem Jahr bin ich selbst operiert worden und klar, im Grunde wünsche ich niemandem eine OP, aber als Chirurgin selbst mal auf dem Tisch liegen zu müssen war eine aufregende und interessante, wenn auch hoffentlich einmalige Erfahrung. Man darf also ab Mitternacht nichts essen und trinken, muss nüchtern im Spital frühmorgens erscheinen. Aufgestanden bin ich natürlich trotzdem direkt zum Kühlschrank gegangen um ein Joghurt rauszuholen – STOPP! Gewohnheit. Nüchtern bleiben. So kommt man also nüchtern im Krankenhaus an, zieht sich dort komplett aus und schlüpft ein Baumwollnachthemd, welches hinten offen ist. Man kann es zwar mit einer einzigen Masche verschliessen, auf die Toilette schleiche ich trotzdem wie ein Krebs seitwärts mit dem Po Richtung Wand, damit nicht jedeR einen Blick auf meinen Allerwertesten werfen kann. Da es sich um eine Bauchoperation handelt, muss auch die Intimregion rasiert werden. Grund: die zu operierende “Fläche” wird im OP grossflächig desinfiziert, und dazu gehört auch dass man die Haare (potentielle Keimfänger) entfernt. Gut, Frau Menschenhandwerkerin, also ich, sitze rasiert, hungrig und etwas aufgeregt im Oma-Nachthemd im Bett und warte und warte und warte… Bis ich nach 2-3 Stunden in den Vorbereitungsraum der Anästhesie geschoben werde. Fühlt sich alles so normal an, in diesen Räumlichkeiten halte ich mich ja täglich auf. Bis mir der Anästhesist in die Vene sticht und mir einfällt – Hallo, ICH bin da heute ja die Patientin! Uarrrrgh! Der Anästhesist scherzt und labert rum, um mich abzulenken, dass ich an etwas Schönes denken soll wovon ich träumen möchte… Und weg war ich.

Heute geht es allerdings nicht um einen operativen Eingriff, sondern um ein in der Bauchchirurgie täglich vorkommendes Thema: das Abführen. Entweder im Rahmen der Vorbereitung für eine Darmspiegelung, oder weil man immens verstopft ist (z. B. aufgrund von Opiateinnahme). Manche PatientInnen haben leider die Arschkarte gezogen und müssen aufgrund von bestimmten Umständen öfter als normal zur Darmspiegelung bei uns antanzen und da wird, je nach Charakter, mal mehr oder weniger über das eklige Abführmittel geklagt. Davon müssen nämlich 24 Stunden vor der Untersuchung mindestens zwei Liter getrunken werden.

Die heutige Challenge lautet also…. MOVIPREP! (Nein, mir steht keine Kolonoskopie bevor, sondern diese Aktion dient ausschließlich der Empathie. Damit ich in Zukunft sagen kann: “Ich weiß, es ist echt eklig, ich habe das auch schon mal getrunken.” – oder: “Es schmeckt zwar nicht so gut wie Limonade, ist aber halb so wild.”.

Wie schreibt man so schön am Ende von Arztbriefen?

Ich werde weiter berichten.