Beim Umgang mit Atemnot-Ängsten lässt sich das Repertoire der neuen Gewohnheiten noch erweitern. Besonders die folgenden zwei Spielarten der Aufmerksamkeit zeigen hilfreiche Wirkungen: die fokussierte Aufmerksamkeit (bei der achtsamen Wahrnehmung) und die gelenkte Aufmerksamkeit (bei Ablenkungs-Strategien). Beide sind unkompliziert, sofort und überall einsetzbar.
Erinnern Sie sich noch an Walter? Walter begleitet uns als „typischer COPD-Patient“ durch die Übungen zum Umgang mit Atemnot-Ängsten. Er hat bereits:
- sein Wissen über die Atemnot-Angst-Spiralen vertieft
- unterschiedliche Bewertungs-Muster von Atemnot kennengelernt
- das Unterscheidungs-Training „Ist es Angst oder ist es meine Lunge?“ absolviert
- sich für die regelmäßige Teilnahme am Lungensport entschieden – und belohnt!
Im folgenden Beitrag lernt Walter zwei Aufmerksamkeits-Techniken kennen. Wenn Sie mögen, können Sie gleich mitmachen …
3. Achtsame Wahrnehmung beruhigt
Walter hat nach dem letzten Beitrag eine Pause gewählt. Vielleicht haben auch Sie eine Pause gewählt und diese damit verbracht,
- einfach nur aus dem Fenster zu schauen
- die Blumen im Garten beim Blühen zu betrachten
- oder „Löcher in die Luft“ zu starren
Wenn Sie eine dieser Pausen-„Tätigkeiten“ gewählt haben, können Sie die nächste Übung überspringen. Bei der „achtsamen Wahrnehmung“ geht es nämlich genau darum: Beruhigung durch Aufmerksamkeits-Fokussierung.
Wer die „achtsame Wahrnehmung“ gegen Angst und Panik noch nicht beherrscht, kann es mit der folgenden Übung versuchen.
Achtsamkeitsübung gegen Angst und Panik
Vorbereitung:
„Suchen Sie sich einen ruhigen Platz (drinnen, draußen), an dem Sie nicht gestört werden. Ideal ist ein Platz in den Garten oder auf einen Baum. Lockern Sie enge Kleidung, Gürtel, etc. Vielleicht können Sie mit Socken üben, um guten Bodenkontakt zu spüren.
Durchführung:
Nehmen Sie zunächst die Außenwelt bewusst wahr. Zählen Sie beispielsweise im Geiste zehn Dinge auf, die Sie gerade sehen können. Dann konzentrieren Sie sich auf zehn Dinge, die Sie hören können (das Summen des Kühlschrankes, Kinderrufen, Vogelgezwitscher, etc.). Wenn möglich, fixieren Sie mit Ihren Augen einen Punkt (am besten auf dem Teppich oder dem Fußboden). Nehmen Sie nun den Kontakt wahr – wie Ihr Rücken sich anlehnt, Ihr Gesäß auf dem Stuhl oder Sessel oder Sofa aufliegt. Spüren Sie Ihrem Gewicht auf der Sitzfläche nach und machen Sie sich innerlich bewusst: Nichts kann mich umwerfen.
Atem-Wahrnehmung:
Wenden Sie nun Ihre Aufmerksamkeit der Atmung zu. Atmen Sie ruhig und gleichmäßig – nicht zu tief, nicht zu langsam – einfach ruhig und gleichmäßig. Versuchen Sie, sich auf eine Körperstelle zu konzentrieren, an der Sie die Atmung wahrnehmen können. Das kann beispielsweise ein Nasenloch sein an dem der Luftzug deutlich spürbar ist – oder Ihr Bauch, der sich gleichmäßig hebt und senkt. Bleiben Sie einige Minuten (zwei bis drei Minuten) in dieser Wahrnehmung.
Rücknahme:
Richten Sie danach Ihre Aufmerksamkeit wieder nach außen und zählen Sie im Geiste fünf Dinge auf, die Sie gerade sehen können. Dann fünf Dinge, die Sie gerade hören können.“
Eine wichtige Bemerkung:
Manchmal kann es anfangs schwierig sein, die achtsame Wahrnehmung auf die Atmung zu lenken. Falls Sie glauben, durch die Atem-Wahrnehmung in Atemnot zu geraten, lassen Sie bei der Übung diesen Teil einfach weg …
Vielleicht haben Sie durch diese Übung – wie Walter – die achtsame Wahrnehmung als hilfreich erlebt. Es gibt zahlreiche Anleitungen zur achtsamen Wahrnehmung – probieren Sie einfach mal die ein oder andere davon aus …
Und wenn Sie jetzt noch Lust haben auf eine andere Aufmerksamkeits-Technik – bitte sehr:
4. Ablenkung beruhigt
Studien belegen den positiven Effekt von Ablenkung auf die Wahrnehmung von Atemnot.
Dabei wird vor allem die gefühlte „Unangenehmheit“ der Atemnot bei körperlicher Belastung deutlich gemindert. Im Klartext: Mit Ihrer Lieblingsmusik im Ohr strampeln Sie auf dem Ergometer bei gleicher Atemnot viel entspannter!
Wenn das keine gute Nachricht ist für Ihre Lungensport-Trainingspläne…
Bei Anspannung können Sie auf kurzzeitige Ablenkungs-Strategien zurückgreifen. Sehr hilfreich ist die 5-4-3-2-1-Methode:
- 5 Gegenstände in der Umgebung aufmerksam betrachten und benennen
- 5 Geräusche/Laute aufmerksam wahrnehmen und nennen
- 5 Farben in der Umgebung entdecken und benennen
dann:
- 4 Gegenstände beobachten und nennen (es können dieselben wie oben sein oder andere)
- 4 Geräusche/Laute …
- 4 Farben …
danach:
- 3 Gegenstände …
- 3 Geräusche/Laute
- 3 Farben …
usw… Sie haben das Prinzip längst verstanden, oder?!?
Demnächst folgen weitere Selbst-Management-Techniken für den Umgang mit Atemnot-Ängsten. Wie wäre es an dieser Stelle mit einer Pause und Ihrer Lieblingsmusik?