Wo sechs Menschen auf engem Raum miteinander leben, kommt man selbstverständlich nicht darum herum, den anderen gelegentlich einen Streich zu spielen. Manche Crewmitglieder eignen sich dafür besser als andere, weshalb sie häufiger in den Genuss dieser zweifelhaften Aufmerksamkeit geraten, andere dagegen verstehen überhaupt keinen Spaß. Einige unserer Streiche sind geradezu Standard, wie etwa das Post-It mit albernem Kommentar – Cyprien hält den Rekord der längsten unentdeckten Nachricht – einige der anderen will ich hier vorstellen.
„Ich brauche keine Computerhilfe“
Einen der allerersten Streiche habe ich Cyprien gespielt, nachdem er mir sagte, dass er keine Hilfe mit seinem Computer braucht – unmittelbar nachdem ich eines seiner Computerprobleme gelöst hatte. Am Abend schnappte ich mir also seinen Laptop und klebte ihn mit viel Duck Tape unter ein Regalbrett im Labor. Da mir das zu einfach erschien – ich konnte die Kante des Laptops schon von der Tür aus sehen – entfernte ich das Netzwerkkabel von seinem Laborcomputer, umwickelte es mit Klebeband, und steckte es zurück.
Mit etwas Hilfe fand Cyprien seinen Computer am nächsten Morgen . Der Umstand, dass er im Gegensatz zu mir den Laptop nicht aus der Ferne sehen konnte, führte anschließend zu einem unserer zahllosen „Ich bin nicht klein“-Streits mit Handgemenge zwischen ihm und mir. Den manipulierten Stecker fand er übrigens nicht selbst – er suchte den Fehler in der Software und startete den Computer neu, statt dessen Anschlüsse zu überprüfen.
Etliche Monate später hat Tristan den ersten Teil des Streichs noch einmal ausgegraben und mein Tablet über einer Lampe versteckt.
Der Karton
Einen Monat nach dem ersten Streich war wieder Cyprien unser Opfer, diesmal aber vor allem, weil die anderen einen Streich ausheckten, während er und ich im Lagerraum unsere neu angelieferten Vorräte verstauten. Mit den Worten „Cyprien, da ist ein großer Karton für dich angekommen, schau mal, wo der hin muss“ holte Tristan Cyprien in den Gemeinschaftsraum. Kurz darauf hörte ich ein Brüllen, einen Schrei und dann Gelächter. Andrzej (der nicht gerade klein ist) hatte sich in dem Karton versteckt und war Cyprien beim Öffnen entgegen gesprungen.
Das T-Shirt
Eines Tages kam Cyprien mit einem eigenartigen T-Shirt in den Aufenthaltsraum. Die restlichen Crewmitglieder waren sich sofort einig, dass dieses das mit Abstand scheußlichste T-Shirt auf dem simulierten Mars sein musste und beschlossen seine Vernichtung. Cyprien wehrte sich natürlich, aber am Ende gewannen wir: Beim nächsten Waschgang „verschwand“ das T-Shirt aus dem Trockner und ist seitdem nicht wieder aufgetaucht. Cyprien fragt gelegentlich, wo es ist, worauf wir meist antworten „innerhalb eines Radius von 10 Metern“.
Die Maus
Um von unserem Lieblingsopfer Cyprien, der unsere Streiche mit bewundernswertem Humor hinnimmt, einmal wegzukommen, haben wir vor einigen Monaten unseren Mission Support als Opfer auserkoren. Unseren Aprilscherz hatte ich ja schon früher erwähnt; quasi als Dessert gab es einige Tage später ein Foto von unserem neuen Haustier: Während Tristans letztem Haarschnitt hatte Carmel einige Haare aufgesammelt und in einen Ball geformt. Auf der Hand gehalten, hatte dieses Fellbündel gewisse Ähnlichkeit mit einer Maus. Schade, dass es ihr ein wenig an Lebendigkeit fehlte.
„Es ist ziemlich kalt hier oben“
Unser Meisterwerk haben wir jedoch an Shey ausprobiert. Sie hat die Angewohnheit, ihre halbgetrunkenen Teetassen erst herumstehen zu lassen und dann in der Mikrowelle wieder aufzuwärmen. Gelegentlich finden wir ihre Tasse vergessen in der Mikrowelle. So auch an einem (zugegeben recht kühlen) Januarmorgen. Noch bevor Shey aufwachte, stellten Carmel und Tristan die Teetasse in das Tiefkühlfach und anschließend zurück in die Mikrowelle. Als Shey aufwachte und ihre Tasse fand, berichtete sie sogleich Mission Support, wie kalt es hier auf dem Berg doch sei, dass ihr Tee sogar in der Mikrowelle gefror.
PS: Für diesen Blogpost habe ich Tristan, unseren Oberstreicher, zu Rate gezogen. Zusammen haben wir nicht nur über unsere bisherigen (und veröffentlichungsfähigen) Streiche resümiert, sondern sind auch zu dem Schluss gekommen, dass wir eher noch zu wenige Streiche gespielt haben. Carmel, die den Ruf hat, wirklich alles zu finden, wird daher in den nächsten Tagen ihre Zahnbürste an einem Ort wiederfinden, der für eine Zahnbürste noch unüblicher ist als ihr Stiftebecher.