Später eine eigene Praxis zu führen, ist für angehende Ärzte eine reizvolle Vorstellung; sein eigener Chef sein, einen eigenen Kundenstamm auf- oder einen bestehenden ausbauen und sich ein eigenes kleines Praxisreich schaffen. Besonders gut sieht die Lage momentan in der Allgemeinmedizin aus, denn Hausärzte gehen in Rente, während der Nachwuchs nur schleppend nachrückt. Hier gibt es einen Bedarf. Das ist nicht zuletzt am derzeitigen Angebot von Förderungen durch Bund und Kommunen und der Diskussion bezüglich einer Landarztquote zu erkennen. Möchte man sich niederlassen, stehen verschiedene Optionen bereit. Wir fassen sie Euch zusammen, damit Ihr wisst, was möglich ist.
Deine Praxis, Deine Entscheidung – Einzelpraxis
Mit einer Einzelpraxis als Niederlassungsform fallen Verantwortung und Gestaltungsfreiheit zusammen. Ohne einen Partner seid Ihr für die rechtlichen Belange ebenso verantwortlich, wie für Urlaubsvertretungen, Bereitschaftszeiten und die Finanzierung der Praxis. Das ist anspruchsvoll und zeitaufwendig, und kann finanziell schwer ins Gewicht fallen. Dafür darf die Praxis komplett nach den eigenen Vorstellungen gestaltet werden: Dazu gehören zum Beispiel Urlaubs- und Sprechzeiten und selbstverständlich auch die berufliche Ausrichtung, Behandlungsschwerpunkte und –grundsätze.
Für den Betreiber einer Einzelpraxis bietet sich die Möglichkeit, über Praxisnetze Erfahrungen auszutauschen und mit Fachkollegen zu kommunizieren. Das sichert eine gute Behandlungsqualität und erleichtert die Entscheidungsfindung in kniffligen Situationen.
Geringere Kosten und viele Freiheiten – Praxisgemeinschaft
In der Praxisgemeinschaft behaltet Ihr Euren eigenen Kundenstamm und rechnet Eure Leistungen eigenständig ab. Auch seid Ihr ChefIn, was Eure Behandlungsgrundsätze betrifft. Im Vergleich zur Einzelpraxis ist die finanzielle Lage aber deutlich entspannter, was den größten Pluspunkt dieser Niederlassungsform ausmacht. Praxispersonal, medizinische Geräte und die Praxisräume teilt Ihr Euch mit einem Kollegen oder einer Kollegin aus dem gleichen oder einem anderen Fachbereich. In gewisser Weise integriert man so einen kleinen Teil des angesprochenen Praxisnetzes in seine eigenen Räumlichkeiten, kann sich fachlich austauschen und hat gleichzeitig einen Partner, der die Urlaubsvertretung übernehmen kann.
In einer Praxisgemeinschaft tauscht man also Freiheiten gegen finanzielle und fachliche Unterstützung. Ob diese Sicherheit die Einbußen wert ist, muss am Ende natürlich jeder selbst entscheiden.
Gleicher Kundenstamm, gleiche Praxis – Gemeinschaftspraxis
Die Gemeinschaftspraxis geht noch einen Schritt weiter. Zusätzlich zur Teilung der Räumlichkeiten, des Personals und medizinischer Geräte, kommt die Führung des gleichen Kundenstamms. Deshalb sollten die Fachbereiche der zusammenschließenden Ärzte bzw. Ärztinnen sich entweder ergänzen oder sogar gleich sein; ein Hausarzt und ein Dermatologe könnten etwa in einer Gemeinschaftspraxis gut zusammen arbeiten. Ihr müsst Euch mit Eurem Partner bezüglich der Behandlung eventuell etwas abstimmen, dennoch bleibt Ihr medizinisch unabhängig und handelt eigenverantwortlich.
Die Abrechnung erfolgt gemeinsam über eine Abrechnungsnummer. Außerdem muss eine Gemeinschaftspraxis genehmigt werden; das entfällt bei den bisher genannten Niederlassungsformen.
Ein Job, zwei Ärzte – Job-Sharing
Job-Sharing ist eine Spezialform der Gemeinschaftspraxis. Sie eignet sich in Gebieten, in denen Neuzulassungen gesperrt sind. Ihr schließt Euch mit einem Partner zusammen, er tritt zeitlich etwas zurück und Ihr übernehmt die übrigen Stunden. In der Zeit erhaltet Ihr lediglich eine beschränkte Zulassung, die in jedem Fall nach zehn Jahren zu einer Vollzulassung wird, wenn die Sperrung nicht vorher schon aufgehoben wird. Zu beachten ist, dass das Leistungsvolumen nicht ausgeweitet werden darf. Ihr behandelt also den gleichen Kundenstamm und seid darauf angewiesen, Euch aufeinander abzustimmen. Ärzte, die ihre Praxis für Job-Sharing öffnen, haben gegebenenfalls eine genaue Vorstellung, wie sie ihre Praxis führen möchten. An diese müsst Ihr Euch anpassen, weshalb im Vorfeld geprüft werden sollte, ob die Chemie zwischen Euch stimmt. Dafür ist hier fachlicher Austausch möglich und über eine Urlaubsvertretung oder ähnliches müsst Ihr Euch kaum Sorgen machen.
Hobby, Praxis und Familie – Teilzulassung
Bei einer Teilzulassung, die seit 2007 möglich ist, verringert sich der Versorgungsauftrag auf die Hälfte der Stunden; von 20 auf 10. So habt Ihr Zeit für Hobbies, die Familie oder eine Anstellung als Arzt. Wenn Ihr Eure Zeit verringert, geht Ihr allerdings das Risiko ein, dass eine Umwandlung der Teilzulassung in eine Vollzulassung nicht mehr möglich ist.
Verschiedene Fachbereiche unter einem Dach – Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)
Das MVZ ist bei dieser Niederlassungsform Inhaber der Zulassung. In ihm finden sich freiberufliche und/oder angestellte Ärzte verschiedener Fachbereiche zusammen. Fachlicher Austausch, Vertretungen und die Teilung der Kosten für Personal und sonstige Ressourcen sind einige Vorteile dieser Niederlassungsform.
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Als Nachwuchsmediziner direkt mit einer Einzelpraxis zu beginnen ist vielleicht reizvoll, bringt aber auch viel Verantwortung mit und wirkt sich schnell negativ auf die Work-Life-Balance aus. Für den Start ist die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Arzt deshalb eventuell sinnvoller. So könnt Ihr von seiner Erfahrung profitieren und erkennt, ob Ihr einer Einzelpraxis gewachsen seid. Den Partner solltet Ihr aber nicht von heute auf morgen auswählen, denn diese Wahl ist mit der eines Ehepartners vergleichbar.
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Bei allen rein weiblichen oder männlichen Formen ist selbstverständlich auch immer das jeweils andere Geschlecht gemeint.
Bild: Arzt-Interieur, Bildausschnitt u. Farbkorrektur; heartbeaz; CC-BY 2.0
Der Beitrag Sei Dein eigener Chef – Niederlassungsformen für den Praxisstart erschien zuerst auf gesundheitshelden.eu – Deine Karriereplattform.