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Sex nach Hüftgelenksersatz
In Österreich werden jährlich rund 12.000 Hüftgelenksprothesen eingesetzt. Im Durchschnitt sind die PatientInnen zum Zeitpunkt einer Hüftgelenksersatzoperation 70 Jahre alt. Es können aber auch jüngere Menschen betroffen sein.
Ein Hüftgelenksersatz kann die Lebensqualität und die Mobilität der – zum Teil auch jüngeren – Betroffenen enorm steigern. Aber es sind auch Risiken damit verbunden, wie etwa die Gefahr von Luxationen bei extremer Beugung und zusätzlicher Außenrotation oder extremer Adduktion. Deshalb ist auch beim Geschlechtsverkehr Vorsicht geboten.
Die Hüftgelenksendoprothetik ist ein etabliertes Standardverfahren in der Orthopädie und Unfallchirurgie. In Deutschland werden jährlich mehr als 150.000 Hüftprothesen implantiert.
Durch neue Techniken, wie etwa Kurzschaftprothesen, sowie andere, Knochen sparende, Prothesenformen erfolgt dies auch bei immer jüngeren PatientInnen. Hüftendoprothesen verbessern zwar die Beschwerden und die Mobilität, es sind damit aber auch Risiken verknüpft. Insbesondere durch Unachtsamkeit und falsche Bewegungen, speziell bei extremer Beugung sowie zusätzlicher Außenrotation oder auch bei extremer Adduktion des Hüftgelenks, kann es zu einer Hüftluxation kommen.
Risiken im Alltag
Im Alltag sind Hocken, tiefes Sitzen, zum Beispiel auf einem niedrigen Toilettensitz, aber auch Bewegungen wie das Schuhe zubinden mit tiefer Beugung der Hüftgelenke oder Beine beim Sitzen übereinanderschlagen zu vermeiden. Die Angst vor einer Schädigung, einer Lockerung, einer Abnutzung oder einer Luxation der Prothesen begleitet und hemmt viele PatientInnen in ihrem täglichen Leben. Dies kann zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität und insbesondere auch der Sexualität führen.
Erhöhter Informationsbedarf zum Thema „Sexualität“ mit totaler Endoprothese (TEP)
Stern et al. stellten bei 89 Prozent ihrer PatientInnen mit Hüftgelenksendoprothesen einen erhöhten Informationsbedarf zum Thema „Sexualität“ fest, insbesondere zur Frage, ab welchem Zeitpunkt nach der Operation Geschlechtsverkehr und in welcher Stellung möglich sei.
Zu dieser Thematik versandten Dahm et al. einen anonymisierten Fragebogen an alle 821 Mitglieder der American Association of Hip and Knee Surgeons. 31 Prozent der KollegInnen antworteten. 80 Prozent der OperateurInnen führten bezüglich der Sexualität kein Gespräch mit den PatientInnen.
Unter den 20 Prozent jener KollegInnen, die die Thematik erörterten, wandten nur vier Prozent mehr als fünf Minuten ihrer Zeit dafür auf. 45 Prozent der OperateurInnen händigten zwar einen schriftlichen Aufklärungsbogen aus, davon jedoch die Hälfte nur auf Nachfrage durch die PatientInnen.
Welche Stellungen sind nach der Hüft-TEP noch möglich?
In der gleichen Befragung wurden den KollegInnen zwölf verschiedene Schemazeichnungen von Stellungen beim Geschlechtsverkehr gezeigt. Sie sollten antworten, ob diese für PatientInnen mit Hüftgelenksendoprothesen zu empfehlen oder abzulehnen seien. Fünf der zwölf Stellungen wurden als ungefährlich für Hüftendoprothesenträger eingestuft (Abb. 1), drei als geeignet für Hüftprothesenträgerinnen (Abb. 2). Wenn beide GeschlechtspartnerInnen Prothesenträger sind, wurde lediglich eine Stellung, bei der beide stehen, als ungefährlich erachtet (Abb. 3).
Speziell können extreme Beugung und zusätzliche Außenrotation des künstlichen Hüftgelenkes eine Luxation der Prothese bewirken. Die von den OperateurInnen empfohlenen Positionen beim Geschlechtsverkehr decken sich mit diesen allgemein gültigen Ansichten und vermeiden alle eine extreme Außenrotation, Flexion oder Adduktion im Hüftgelenk. Die Hüftluxation nach Endoprothese ist eine schwere und mit bis zu sieben Prozent auch häufige Komplikation. Etwa 60 Prozent der Fälle treten innerhalb der ersten drei Monate auf.
Über die Inzidenz beim Geschlechtsverkehr ist wenig bekannt. Zudem muss von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Dahm et al. stellten fest, dass sich 20 Prozent der befragten ChirurgInnen an mindestens einen Fall erinnern konnten, bei dem sich die Luxation während des Sexualaktes ereignete.
Sexuelle Karenz über ein bis drei Monate
Als sexuelle Karenzzeit nach Hüftgelenksersatz werden ein bis drei Monate empfohlen. Im Allgemeinen wird dies von der Heilung des perikapsulären Gewebes und dem Wiederaufbau der Muskulatur abhängig gemacht. Bei Revisionsoperationen sollte aufgrund des oft größeren operativen Traumas der Zeitpunkt des ersten Geschlechtsverkehrs später gewählt werden.
Fazit für die Praxis
Lebensqualität und vor allem Mobilität können durch einen Hüftgelenksersatz enorm gesteigert werden. Allerdings wird bei weniger als 10% der Patienten das Thema „Sexualität“ durch die Operateure angesprochen. Eine adäquate Aufklärung kann jedoch vielen Patienten ihre Ängste nehmen, die Gefahr einer Hüftluxation vermindern und somit die Lebensqualität auch in diesem tabuisierten Bereich deutlich verbessern.
Informationen zum Weiterlesen
Originalarbeit in Münchner Medizinische Wochenschrift 2008,159(51-52).