Bundesweit 18,6 Millionen Menschen sollen künftig von mehr Sicherheit bei der Arzneimitteltherapie profitieren. Dafür sorgt ein Projekt, das die BARMER GEK mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), mehreren Universitäten und medizinischen Fachgesellschaften angestoßen hat. Es verbessert die Sicherheit der Arzneimitteltherapie von Patienten, die mindestens fünf Medikamente benötigen und deshalb von Polypharmazie betroffen sind. Das Projekt mit dem Namen „AdAM“ hat dafür jetzt aus dem Innovationsfonds rund 16 Millionen Euro Starthilfe bekommen. „AdAM macht die Therapie der Patienten, die mehrere Medikamente gleichzeitig nehmen müssen, sicherer und effizienter. Bei einer Überführung in die Regelversorgung lassen sich bei allen gesetzlichen Krankenkassen bis zu 2,75 Milliarden Euro einsparen“, betonte Dr. Mani Rafii, Vorstand der BARMER GEK, bei der Vorstellung des Projektes heute in Berlin. AdAM steht für „Anwendung für digital unterstütztes Arzneimitteltherapie- und Versorgungsmanagement“. Das Projekt widmet sich der sogenannten Polypharmazie und den durch die Komplexität der Therapie entstehenden vermeidbaren Risiken der Behandlung. Für Patienten, die an mehreren Krankheiten zugleich leiden, kann eine unzureichend abgestimmte Arznei-therapie zum lebensgefährlichen Risiko werden. Mehr Informationen verbessern Therapie Der Hausarzt bekommt von der Krankenkasse mit Genehmigung des Patienten eine Liste über die ihm verordneten Arzneimittel und behandlungsrelevante medizinische Informationen. Die Arzneimittel des Patienten gehen in dessen Medikationsplan ein, der auch die vom Patienten angegebene Selbstmedikation enthält und für den Patienten ausgedruckt wird. Dieser Überblick über die Gesamtmedikation ermöglicht es dem Arzt, gefährliche Wechselwirkungen zu erkennen. Andere Projektelemente sorgen für eine automatische und patientenspezifische Information des Hausarztes bei neu beschriebenen Risiken von Arzneimitteln und der stationären Aufnahme seiner Patienten in ein Krankenhaus. Zudem tragen sie Sprachbarrieren bei Patienten mit Migrationshintergrund Rechnung oder entwickeln praxistaugliche Handlungsempfehlungen für die Arzneitherapie. „AdAM informiert die Patienten besser über Nutzen und Risiken ihrer Medikamente und fördert ihre Mitarbeit“, so Rafii. Alles zusammen ermögliche es den Hausärzten, inmitten der Behandlungskomplexität Risiken schnell zu erkennen. AdAM sei damit Beispiel für die Ziele der Innovationsstrategie der BARMER GEK. „Über den Innovationsfonds geförderte Projekte sollten ausschließlich Ideen in die Regelversorgung gelangen, welche die Versorgungsqualität für die Patienten verbessern, die Wirtschaftlichkeit erhöhen und die Strukturen und Prozesse der Versorgung optimieren“, so Rafii. Patienten profitieren von besserem Überblick des Hausarztes „Weniger unerwünschte Arzneimittelwirkungen, weniger Krankenhauseinweisungen, weniger Todesfälle, in erster Linie profitiert der Patient vom AdAM-Projekt“, betonte Thomas Müller, Geschäftsführer Zentralstab Unternehmensentwicklung und -steuerung bei der KVWL. Im Versorgungsalltag sei es für den Hausarzt oft schwierig, einen Überblick über alle ärztlichen Verordnungen für seine Patienten zu haben. Mit AdAM ändere sich das: „Der Hausarzt kann die Arzneitherapie koordinieren und optimieren. So werden auch Doppelverordnungen, Wechselwirkungen oder Dosierungsfehler sichtbar, und der Arzt kann reagieren.“ Zum ärztlichen Arzneimittelmanagement gehört jedoch in erster Linie die kontinuierliche Analyse und Priorisierung der notwendigen Therapieprinzipien und deren Optimierung unter qualitativen Gesichtspunkten. „AdAM und die dazugehörigen Beratungsangebote helfen dem Arzt auch neue Arzneimittel gezielt dort einzusetzen, wo sie individuell dem Patienten am besten nutzen. So stärken wir unsere Ärzte in diesem Kernbereich ärztlicher Tätigkeit zum Wohle der Patienten. Für die Ärzte ist die Teilnahme am AdAM-Projekt wirtschaftlich attraktiv“, betonte der KVWL-Geschäftsführer. Von dem Geld, das die BARMER GEK weniger für Arzneimittel ausgibt, könne den beteiligten Ärzten ein angemessenes Honorar für ihren Mehraufwand beim Therapiemanagement gezahlt werden. Besonders wichtig seien der KVWL und der BARMER GEK die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation des Projekts, um den AdAM-Ansatz bei erfolgreichem Projektabschluss in die Regelversorgung integrieren zu können. AdAM begleitet mit wissenschaftlicher Expertise Das AdAM-Projekt ist auf drei Jahre angelegt und soll Ende September 2019 abgeschlossen werden. Partner sind neben der KVWL und der BARMER GEK die Universitäten Köln, Frankfurt/Main, Bochum und Bielefeld sowie die Uniklinik Köln. Sie werden unter anderem für die Evaluation der Projektergebnisse sorgen. Hilfestellungen für den Arzt zum Management von Polypharmazie wird die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin liefern, die hier mit mehr als 20 weiteren Fachgesellschaften, u.a. der DEGAM, kooperiert. Insgesamt ist die BARMER GEK an 13 Projekten beteiligt, die durch den Innovationsfonds mit insgesamt 128 Millionen Euro gefördert werden. Das Wichtigste zu „AdAM – Anwendung für digital unterstütztes Arzneimitteltherapie-Management“ Warum AdAM? Die Arzneimitteltherapie birgt viele potenzielle Fehlerquellen. Dazu gehören fehlende Informationen, Sprachbarrieren, unvollständige Medikationspläne, Wechselwirkungen zwischen ärztlich verordneten Medikamenten und Selbstmedikation, mangelnder Informationsaustausch zwischen Hausarzt und Krankenhausärzten, fehlende Instrumente für eine systematische Optimierung von Medikationen und vieles mehr. All diese Risiken können mit Hilfe von AdAM reduziert werden. Was passiert bei AdAM? Erster Schritt ist immer die Einwilligung des Patienten. Mit seiner Erlaubnis fordert der Arzt bei der BARMER GEK behandlungsrelevanten Daten über Arzneimittel und die medizinische Vorgeschichte an. Auf dieser Basis kann der Arzt zum Beispiel einen bundeseinheitlichen Medikationsplan für den Patienten erstellen und die Arzneimitteltherapie elektronisch unterstützt für einzelne Patienten prüfen. Außerdem erhält der Arzt konkrete patientenbezogene Hinweise, sobald neue Arzneimittel oder neue Risiken bekannt werden und der Gemeinsame Bundesausschuss Beschlüsse zu Arzneimitteln gefasst hat. Auf diese Weise können zum Beispiel wichtige Informationen zu Arzneimittelinnovationen und der Nutzenbewertung schnell im Versorgungsalltag berücksichtigt werden. Für besonders risikogefährdete Patienten kann der Arzt zudem einen pharmakotherapeutischen Expertenrat einholen. Wird ein Patient im Krankenhaus aufgenommen, erhält der Hausarzt automatisch eine Information und kann so relevante Informationen an das Krankenhaus weitergeben. Wer, wo, wie viele? Umgesetzt wird AdAM in Westfalen-Lippe. Ziel ist es, dass sich 85 Prozent der 440.000 von Polypharmazie betroffenen BARMER GEK Versicherten in das Projekt einschreiben. 1.000 Ärzte haben bereits ihr Interesse bekundet. Das Projekt ist auf 36 Monate angelegt und soll bis Ende September 2019 Ergebnisse liefern. Angestrebt wird eine Überführung in die Regelversorgung, wo das Projekt bis zu 18,6 Millionen Patienten helfen könnte. Pressemitteilung der BARMER GEK
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