Das Wissen um Sexualität, Fortpflanzung und Verhütung ist immer noch eher rudimentär. Das ist auch kein Wunder. Zwar wird in der Schule im Fach Biologie so einiges über „die Bienen und die Blumen“ unterrichtet, eine tatsächliche Sexualaufklärung fehlt allerdings in Österreichs Lehrplänen. Und darum kann es – wie kürzlich auf einer Website zum Thema „Aufklärung für Jugendliche“ gelesen – dazu kommen, dass sich ein junges Mädchen zwar die Pille verschreiben lässt, sie aber dann nur an jenen Tagen nimmt, an denen sie auch tatsächlich Sex mit ihrem Freund hat – so was könnte auch als „russisches Roulette“ bezeichnet werden.
Abbildung 1:
Leider beschränkt sich die Aufklärung in Österreich häufig nach wie vor (beinahe) auf die Bienen und die Blumen. www.wikipedia.org. © Uwe H. Friese, Bremerhaven
Anatomie, Aufbau und Hormone
Um weibliche Sexualität zu verstehen, sollte jede Frau ihre Anatomie kennen. Die Frau weist, wie der Mann auch, primäre und sekundäre Geschlechtsorgane auf. Zu den primären Geschlechtsorganen der Frau zählen die Eierstöcke (Ovarien), die Eileiter (Tuben), die Gebärmutter (Uterus), die Scheide (Vagina) und das äußere Genitale (Vulva), das die Klitoris, die äußeren und die inneren Genitallippen umfasst. Zu den sekundären Geschlechtsmerkmalen zählen die Brüste (Mammae) sowie die Körperbehaarung (Achsel- und Schamhaare).
Jedes Mädchen kommt bereits mit einem kompletten Vorrat an Eizellen – das können bis zu zwei Millionen Eizellen sein – zur Welt. Nach der Geburt kommen keine neuen Eizellen mehr dazu. Diese Eizellen sind in den Eierstöcken, den Ovarien, gelagert. Bis zum Einsetzen der ersten Regelblutung sterben allerdings sehr viele dieser Eizellen ab. Mit dem Einsetzen der Pubertät und der ersten Menstruation (Regelblutung), die auch als Menarche bezeichnet wird, sind noch etwa 200.000 bis 400.000 Eizellen vorhanden, von denen bei einer gesunden Frau Monat für Monat eine Eizelle heranreift, aus dem Eierstock ausgestoßen wird und in die Eileiter wandert. Dort findet, wenn während dieser Zeit ungeschützter Geschlechtsverkehr stattfindet, die Vereinigung von Ei- und Samenzelle statt. Durch den Eileiter wandert das befruchtete Ei in die Gebärmutter, wo es sich einnistet. Findet keine Befruchtung statt, werden Eizelle und Gebärmutterschleimhaut abgestoßen – die Regelblutung setzt ein.
Dieser Vorgang ist zyklusabhängig. Ein Zyklus dauert ungefähr 28 Tage. Die weiblichen Zyklen können aber variieren. Sie können auch nur 25 oder bis zu 34 Tage dauern.
Was passiert nun im Körper einer Frau, bis sie ihre erste Regelblutung bekommt und wie läuft so ein Zyklus ab? Und was haben Hormone mit dieser Angelegenheit zu tun?
Pubertät
Die Entwicklung bis zur ersten Regelblutung, der Menarche, dauert zwischen zehn und 16 Jahren – in den vergangenen Jahrzehnten kam es zu einer Vorwärtsverschiebung des Beginns der Pubertät, was wahrscheinlich auf die gute Ernährung und Hygiene zu tun hat, mit denen Kinder heute aufgezogen werden.
Im Alter zwischen acht und 14 Jahren geht es los – vorerst meist noch unbemerkt vom heranwachsenden Mädchen. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse geben Anlass zur Vermutung, dass ein Gen das Signal zum Beginn der Pubertät gibt. Das Gen heißt GPR54 und liegt auf dem Chromosom 19 – und es soll – ähnlich wie ein Lichtschalter – weitere Gene aktivieren, die dann die Vorgänge rund um die Pubertät auslösen. Ist Gen GPR54 erst einmal eingeschaltet, meldet die Hirnanhangdrüse, die Hypophyse, dass sie nun bereit ist, wichtige Hormone zu produzieren, die diverse körperliche Veränderungen auslösen.
Nicht selten wird das Gehirn als wichtigstes Sexualorgan bezeichnet, was aus mehreren Gründen stimmt, besonders aber vor dem Einsetzen der Pubertät. Denn – nachdem das Licht erst einmal aufgedreht ist, sorgt im Gehirn ein Nervenzellrezeptor, der auf den reizenden Namen „KiSS“ hört, dafür, das der Hypothalamus das Hormon GnRH (Gonadotropin Releasing Hormon) produziert. Und dieses Hormon saust in die Hypophyse, um dort die Produktion von luteinisierendem Hormon (LH) und follikelstimulierendem Hormon (FSH) anzukurbeln. Diese Hormone wirken auf die Eierstöcke, jene Orte also, an denen die Geschlechtshormone produziert und ausgeschüttet werden (wer Fachbegriffe mag: das „Ausschütten“ von Hormonen wird auch als „Sezernierung“ bezeichnet). Bei Mädchen ist dies das Hormon Östrogen. Und dieses Hormon, eines der wichtigsten Hormone im weiblichen Körper, setzt einen Kreislauf in Gang, der zur Entwicklung des weiblichen Körpers sowie der Sexualorgane führt. Seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht diese Entwicklung mit der ersten Regelblutung, der Menarche.
Vor der ersten Regelblutung beginnt die Gebärmutter zu wachsen, nach etwa zwei Jahren entwickeln sich die Brüste, danach die Scham- und Achselbehaarung. Erst dann setzt die Menarche ein. Ein regelmäßiger Zyklus entwickelt sich allerdings erst nach sechs bis 24 Monaten. So lange dauert es, bis sich all diese Vorgänge im Körper eingependelt haben. Diese Zeit wird als Pubertät, gerne auch als „Null Bock-Zeit“ oder auch als jene Zeit, in der die Mädchen wachsen und die Eltern schwierig werden, bezeichnet.
Wichtig: Bereits vor dem Einsetzen der ersten Regelblutung kann das Mädchen schwanger werden, denn der erste Zyklus ist bereits im Gange!
Der weibliche Zyklus
Wenn sich der weibliche Zyklus erst einmal eingependelt hat, reift ungefähr alle 28 Tage eine Eizelle heran und wird – so sie nicht befruchtet wird – mit der Menstruation wieder ausgestoßen. Diese fruchtbare (fertile) Periode im Leben einer Frau dauert bis zur letzten Regelblutung (der Menopause), die zwischen dem 55. und 65. Lebensjahr erreicht wird. Nachdem davon ausgegangen werden kann, dass die meisten Frauen nicht ungefähr 16 Mal im Laufe ihres Lebens schwanger werden wollen, ist daher eine sichere Verhütungsmethode von erheblicher Bedeutung.
Was aber geschieht während eines weiblichen Zyklus genau? Einmal mehr spielen Hormone dabei eine ganz wesentliche Rolle. Ein Zyklus dauert etwa 28 Tage, es sind aber Zyklen zwischen 21 und 35 Tagen normal. Frauen sind eben einzigartige Wesen und dies drückt sich in unterschiedlich langen Zyklen aus.
Im Bann der Hormone
Damit der weibliche Zyklus funktionieren kann, braucht er eine ganze Reihe von Hormonen, die in ganz unterschiedlichen Körperteilen produziert werden:
- Gonadoliberin (wird im Hypothalamus im Zwischenhirn produziert)
Einmal mehr ist es die Hirnanhangdrüse, die eine Kettenreaktion in Gang setzt: Das Hormon Gonadoliberin spaziert in die Hypophyse, regt dort die Produktion von FSH an und schickt das follikelstimulierende Hormon über die Blutbahn auf die Reise in die Eierstöcke. Dort angelangt, beginnt FSH mit der Reifung von Eizellen. Pro Zyklus wachsen zwischen 15 und 20 Eibläschen – die sogenannten Follikel – heran. FSH sorgt aber auch für die Freisetzung von Östrogen in den Eierstöcken. Das fördert die Reifung der Eizellen und sorgt für eine Verdickung der Schleimhaut in der Gebärmutter – damit ein weiches Bett bereitsteht, wenn es zu einer Befruchtung von Ei- und Samenzelle (Spermium) kommt.
Der Östrogen-Spiegel steigt weiter an, was für die Hypophyse ein Signal ist, große Mengen an luteinisierendem Hormon (LH) freizusetzen. Auch dieses Hormon macht sich auf die Reise in die Eierstöcke und sorgt dafür, dass der am weitesten gereifte Follikel aufplatzt und eine befruchtungsfähige Eizelle freisetzt. Dieser Vorgang heißt Eisprung, manche Frauen können ihn als kurzen scharfen Schmerz im Bauch fühlen. Die Eizelle wird sanft in den Eileitern abgesetzt.
Abbildung 2: So reift in jedem Zyklus eine Eizelle heran. Quelle: www.wikipedia.org. © Lanzi
Der normalerweise feste Schleimpfropf, der den Eingang zur Gebärmutter verschließt (leider nicht so gut, dass dies als Verhütungsmethode dienen könnte) hindert Spermien normalerweise mehr oder weniger erfolgreich daran, in die Gebärmutter vorzudringen. Rund um den Eisprung sorgt das Hormon Östrogen für eine Verdünnung des Schleims – es wird quasi die Eingangstür für die Samenzellen sperrangelweit aufgesperrt. Befruchtungshungrige Spermien können diese Pforte in großer Zahl überwinden und sich auf den beschwerlichen Weg in die Eileiter machen, um die gereifte Eizelle zu befruchten.
Jede Eizelle ist vor dem Eisprung von einem Follikel, einer Blase, umgeben, die das Ei schützt. Nach dem Eisprung fällt diese Blase in sich zusammen und verfärbt sich gelb, weshalb sie auch „Gelbkörper“ genannt wird. Dieser Gelbkörper beginnt das Hormon Progesteron zu produzieren. Dieses Hormon verschließt die Pforte zur Gebärmutter wieder – es verdickt den Schleim am Eingang zum Uterus derart, dass kein Spermium mehr durchdringen kann. Zudem sorgt auch das Progesteron für eine Verdickung der Gebärmutterschleimhaut, um für das eventuell befruchtete Ei eine weiche, warme und sichere Umgebung herzustellen.
Progesteron wirkt sich auch auf die weiblichen Brüste aus. Sie können während dieser Zykluszeit spannen oder kribbeln. Gleichzeitig wird in der Hirnanhangdrüse die Produktion von FSH eingestellt, damit vorerst keine weiteren Eizellen in den Eierstöcken reifen können.
Schafft eine Samenzelle die Reise zur Eizelle und findet eine Befruchtung statt, wandern die nunmehr vereinigten Zellen in die Gebärmutter und machen es sich an der verdickten und weichen Gebärmutterwand gemütlich. Dieser Vorgang wird Einnistung oder auch Nidation genannt. Die Reise war auch anstrengend genug. Rund sechs Tage dauert die Wanderschaft von den Eileitern in den Uterus.
Kommt es nicht zu einer Befruchtung, sinken die Spiegel von Östrogen und Progesteron ab – der Organismus beginnt Prostaglandine – das sind ebenfalls Hormone – zu produzieren. Das Prostaglandin löst in der Gebärmutter Kontraktionen aus – die zuvor aufgebaute Gebärmutterschleimhaut wird abgebaut und mit der unbefruchteten Eizelle ausgeschwemmt – es kommt zur Menstruationsblutung.
Jeder Zyklus wird vom ersten Tag der letzten Regel an gerechnet. Nach ca. 14 Tagen kommt es zum Eisprung – die fruchtbare Zeit beginnt. Aber Achtung: Samenzellen sind zähe kleine Kerlchen – sie können bis zu fünf Tagen im weiblichen Körper überleben. Es kann also auch dann zu einer Schwangerschaft kommen, wenn rund fünf Tage vor dem Eisprung ungeschützter Geschlechtsverkehr stattgefunden hat.
Die Eizelle ist nach dem Eisprung etwa 12 bis 24 Stunden befruchtungsfähig. Etwa 72 Stunden vor dem Eisprung und bis etwa 12 Stunden danach besteht die Möglichkeit, schwanger zu werden.
Menstruation
Eine Regelblutung kann zwischen zwei und acht Tage dauern. Das ist von Frau zu Frau sehr unterschiedlich. Auch die Wahl des Verhütungsmittels kann die Dauer der Menstruation stark beeinflussen.
Nicht wenige Frauen berichten aus den Tagen vor ihrer Menstruation von Stimmungsschwankungen, spannenden und schmerzenden Brüsten, Wassereinlagerungen im Körper, Kopfschmerzen und Unwohlsein. Diese Zeit wird auch als prämenstruelles Syndrom – PMS – bezeichnet. Rund jede zweite Frau spürt einzelne oder alle genannten Symptome – PMS kann zwei Wochen bis vier Tage vor Beginn der Regelblutung einsetzen. Etwa zwei Prozent der Betroffenen leiden derart intensiv unter diesen Beschwerden, dass eine Behandlung sinnvoll ist. So können etwa hormonelle Verhütungsmethoden den Zyklus unterdrücken – es kommt lediglich zu einer sogenannten Entzugsblutung, die Symptome von PMS mildern sich oder verschwinden zur Gänze.
Ein hormonhältiges Verhütungsmittel unterdrückt den Zyklus. Es reift keine Eizelle heran, die Gebärmutterschleimhaut baut sich nur geringfügig auf – deshalb kommt es im verhütungsfreien Intervall (wenn keine Pille genommen wird oder der Ring aus der Vagina entfernt wird, zu einer Entzugsblutung. Bei manchen hormonellen Verhütungsmitteln kann die Regel auch ganz ausbleiben, was weder gesundheitsschädlich noch sonst irgendwie gefährlich ist. Es kann sich in der Gebärmutter kein „Blut anstauen“, wenn hormonell verhütet wird. Der größte Teil der Menstruation ist übrigens auch gar kein Blut. Die Menge an Blut, die während einer Menstruation ausgeschieden wird, entspricht ungefähr einem Teelöffel. Die übrigen Bestandteile der Menstruation sind Gebärmutterschleimhaut, die abgebaut wurde. Mittlerweile sind sogar hormonelle Verhütungsmittel in Entwicklung, die die Regelblutung komplett ausschalten. So soll etwa schon bald eine Pille auf den Markt kommen, die permanent eingenommen wird. Damit wird gar keine Schleimhaut mehr aufgebaut, es kommt nicht zur Reifung einer Eizelle – also entsteht auch keine Regelblutung.
Rezeptoren
Werden auch als „Empfänger“ bezeichnet. Rezeptoren sind Zellen, die bestimmte Reize im Gehirn und anderen Körperregionen weiterleiten.
Hypothalamus
Der Hypothalamus ist ein kleiner Bereich im Zwischenhirn, der die Hirnanhangdrüse und dort stattfindende Hormonproduktion steuert.
Hypophyse
Drüsen, wie etwa die Hypophyse, sind menschliche Organe, in denen Hormone produziert und ausgeschüttet werden. Hormone sind Botenstoffe, die über das Blut zu anderen Organen gelangen und dort bestimmte Vorgänge auslösen. Die Hypophyse ist die wichtigste Drüse im menschlichen Körper. Sie wird auch als Hirnanhangdrüse bezeichnet, weil sie durch den Hypophysenstiel mit dem Gehirn verbunden ist.
Weibliche Sexualität
Die weibliche Sexualität ist zum Teil immer noch ein Mysterium. Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Frauen sexuell gesehen, in bestimmten Bereichen, doch deutlich anders „funktionieren“ als Männer. Das wichtigste weibliche Sexualorgan ist das Gehirn. Wie kommt es zur Erregung? Was passiert im weiblichen Körper, wenn Sie Sex haben? Ist der „klitorale Orgasmus“ besser oder schlechter als der „vaginale Orgasmus“?
Sexualität gehört zum Leben, Sexualität ist allgegenwärtig, wir leben in einer sexualisierten Gesellschaft. Werbung und Medien bombardieren jede und jeden mit sexuell aufgeladenen Botschaften und Bildern. Interessanterweise nimmt gleichzeitig die Anzahl jener Menschen, die Probleme mit ihrer Sexualität haben, stark zu. Das ist kein Zufall, denn was in der Werbung, in Filmen und Zeitschriften und – natürlich im Internet – zum Thema Sexualität geboten wird, hat mit der Realität der meisten Frauen nicht das Geringste zu tun. Da ist die Arbeit, da sind die Kinder, da ist der Haushalt und natürlich ist da auch der Partner/die Partnerin. Die meisten Frauen haben jeden Tag etwa 300 Millionen Pflichten, denen sie nachgehen müssen. Es ist dann nicht wirklich einfach, nach einem stressigen Tag ins Seidennegligé zu springen, die strategisch günstigen Stellen zu parfümieren und mit dem Mann/der Frau seines Herzens mit sinnlichem Augenaufschlag sexuelle Höhenflüge zu erleben.
Sexualität ist für jede Frau anders. Die eine lebt ihre aus, die andere lebt im (selbstgewählten) Zölibat und erlebt ihre Sexualität, indem sie sich selbst stimuliert. Auch wenn die Gesellschaft heute „so frei und offen“ ist, wissen viele Frauen noch immer nicht, wie sie ihre Sexualität leben können, sollen oder dürfen. Eine Regel könnte lauten: Erlaubt ist, was gefällt und niemanden verletzt. Das bietet ein breites Spektrum, in dem sich jede Frau die Sexualität aussuchen kann, die ihr gefällt. Das gilt natürlich für ein ideales Leben – in der Praxis – siehe oben – sieht es meist anders aus.
Trotzdem: Zumindest grundsätzlich ist der Zugang zu Sexualität und das Ausleben derselben in der Gegenwart einfacher geworden; wenn auch Männer, die viele sexuelle Erfahrungen sammeln, immer noch als Casanovas bewundernd umschwärmt werden, während Frauen, die das gleiche tun – naja, sie wissen schon… Ich hoffe, Sie sind mutig genug, sich diesen gesellschaftlichen Tendenzen entgegen zu stellen und ihre Sexualität so zu leben, wie Sie das wollen.
Eine internationale Runde von ExpertInnen hat die weibliche Sexualität übrigens wie folgt definiert:
Abbildung 3: Definition weiblicher Sexualität von der Association of Reproductive Health Professional. 2005. Quelle: Johannes Bitzer: Die sexuelle Dysfunktion der Frau. Ursachen und aktuelle Therapieoptionen. Unimed Verlag 2008
Frauen sind übrigens nicht prinzipiell lustlos, wie dies oft propagiert wird, vor allem dann, wenn das Sexleben im Laufe der Beziehung ein bisschen einschläft – ihre Lust will geweckt werden, mit einem gemeinsamen Dinner, dass der Partner/die Partnerin kocht (und dann auch die Küche aufräumt), mit sanfter Musik, guten Düften und natürlich der Nähe des geliebten Partners/der geliebten Partnerin. Dann klappt`s auch mit dem Sex!
Geheimnisvolle Vulva
Vagina heißt wörtlich übersetzt „Scheide“. Dieser Begriff bedeutete, als er eingeführt wurde, so etwas wie „Schwertscheide“, im Grunde also nichts anderes als ein empfangendes Gefäß. Der Begriff Vagina wurde kritiklos verwendet, um das weibliche Genitale zu beschreiben – er ist aber falsch. Denn Vagina, das beschreibt eben nur die Körperöffnung, die das sichtbare weibliche Genitale mit den inneren Geschlechtsorganen verbindet. Korrekt sollten von Vulva gesprochen werden. Diese umfasst das gesamte äußere Genitale, also große und kleine Genitallippen, Klitoris und Vagina.
Und erst in allerjüngster Zeit hat sich auch die Wissenschaft des Themas angenommen und erforscht Aussehen, Aufbau und Funktion des äußeren weiblichen Genitales. Dabei wurden einige durchaus sensationelle Entdeckungen gemacht. So ist beispielsweise die Klitoris deutlich größer als bisher angenommen wurde. Wie bei einem Eisberg ist nur die Spitze dieses wichtigen Teils der äußeren Geschlechtsorgane zu sehen, der größte Teil der Klitoris befindet sich unsichtbar im Körper. Und so sieht eine Klitoris, vollständig dargestellt, aus:
Abbildung 4: Darstellung einer Klitoris. Quelle: www.wikipedia.org. Autor: Amphis
Wie an diesem Bild deutlich zu sehen ist, sind die Unterschiede der Klitoris zum Penis relativ gering. Der sichtbare Teil der Klitoris sitzt am oberen Ende der kleinen Genitallippen. Sie ist – im Ruhezustand – unter einer Vorhaut verborgen. Die Klitoris verfügt über eine Eichel – ähnlich wie ein Penis – die besonderberührungsempfindlich ist. Was hier nur angedeutet ist, ist der sichtbare Teil der Vulva. Der übrige Teil der Klitoris befindet sich unsichtbar in Inneren des Körpers. Da finden sich große Schwellkörper, die die Vulva unsichtbar umschließen. Außerdem hat jede Klitoris zwei Schenkel. Die Schwellkörper schwellen – wie der Name schon sagt – bei Erregung an. Sie füllen sich mit Blut und dies führt zu einer Erektion von Eichel und Klitorisschaft. Zusätzlich weitet sich der Scheidenvorhof, das ist der Bereich rund um die Harnröhre und den Scheideneingang.
Versorgt werden Klitoris, Vulva und Vagina durch ein dichtes Nervengeflecht, das von der Wirbelsäule über das kleine Becken reicht. Das sollten Sie deshalb wissen, weil bei Operationen im kleinen Becken, etwa bei Entfernung der Gebärmutter oder bei anderen Eingriffen, dieses Nervengeflecht verletzt, Teile der Nervenversorgung Ihres äußeren und inneren Genitales sogar ihre Funktion verlieren können. Das bedeutet: Sie empfinden bei Stimulierung der Klitoris, bzw. der Vulva deutlich weniger oder gar nichts mehr.
Und während nervenschonende Operationsmethoden bei Männern – etwa wegen einer Prostatakrebs-OP – mittlerweile bereits eher die Regel als die Ausnahme sind, ist dies bei Eingriffen im weiblichen Becken leider noch nicht zur Routine geworden.
Wenn Sie also einen Eingriff in diesem Bereich Ihres Körpers durchführen lassen müssen, sprechen Sie bitte immer mit mehreren ÄrztInnen und versuchen Sie, eine Chirurgin/einen Chirurgen zu finden, der auf das empfindliche Nervengleichgewicht im kleinen Becken Rücksicht nimmt. Fassen Sie sich ein Herz und fragen Sie solange, bis Sie jemanden gefunden haben, der derartige nervenschonende Operationsmethoden anwendet (Informationen dazu auch im Anhang).
Zum Ende dieses Kapitels noch ein paar Worte über den G-Punkt.
Die G-Zone befindet sich an der vorderen Wand der Scheide, einige Zentimeter vom Scheideneingang entfernt. Diese Zone besteht aus Klitorisschwellgewebe und ist rund um die Harnröhre zu finden. Nicht jede Frau hat gleich viel Schwellgewebe, und davon hängt es wohl auch ab, warum für manche Frauen Ihr G-Punkt nicht zu finden ist. Dieses Schwellgewebe ist übrigens mit der männlichen Prostata „verwandt“. Manche Frauen können, bei Reizung dieser Zone, beim Orgasmus aus der Harnröhre Flüssigkeit ausstoßen. Dies wird als weibliche Ejakulation bezeichnet.
Seinen Namen hat der G-Punkt vom Gynäkologen Ernst Gräfenberg, der diese Zone entdeckt hatte. Er selbst gab der G-Zone allerdings nicht seinen eigenen Namen. Dafür verantwortlich ist die Sexualforscherin Beverly Whipple, die den G-Punkt populär gemacht hat. Die Forscherin wollte die Zone zuerst eigentlich nach sich benennen, sah aber dann aus Rücksicht auf ihre Familie davon ab.