Gesundheit ist ein wichtiges Gut, für das in jeder Gesellschaft gesorgt und bezahlt werden muss. Nicht jede Person könnte sich ohne weiteres eine angemessene Versorgung bei Krankheit leisten. Aus diesem Grund sind wir auf systematisierte Gesundheitssysteme angewiesen. Die meisten Gesundheitssysteme funktionieren nach dem Solidaritätsprinzip: Viele bezahlen einen überschaubaren Betrag, damit wenige sich teure Behandlungen leisten können. In diesem und in den nächsten Blogartikeln werden wir uns die Gesundheitssysteme diverser Länder anschauen und uns die jeweiligen Unterschiede bewusst machen.
Dabei sollen zentrale Fragen im Vordergrund stehen: Wie ist die Organisation gestaltet? Wer finanziert das System? Welche Vorteile gibt es und wo treten Probleme auf?
Mit dem Gesundheitssystem Dänemarks haben wir Euch ein steuerfinanziertes, mit dem der USA ein privatfinanziertes System vorgestellt. Nun, im dritten Artikel unserer Reihe, holen wir das deutsche Gesundheitssystem auf den Prüfstand.
Das Fundament des deutschen Gesundheitssystems
Für das deutsche Gesundheitssystem sind vier Prinzipien unumgänglich.
Erstens sind alle BürgerInnen pflichtversichert und gehören zunächst einer gesetzlichen Krankenkasse an. Die Entscheidung für oder gegen eine private Krankenkasse kann erst ab einer gewissen Einkommensgrenze erfolgen. Unter dieser Grenze können ausschließlich Zusatzversicherungen privat gewählt werden.
Zweitens zahlen die Bürger und Bürgerinnen die Beitragszahlungen in der Regel selbstständig. Im Unterschied zu Dänemark, wo der Staat die Gesundheitskosten mit Steuerzahlungen finanziert, hält sich der Bund damit in Deutschland zurück.
Das führt uns zum dritten Grundprinzip. Der Staat schafft lediglich die Rahmenbedingungen für die gesundheitliche Versorgung seiner Bürger. Die Akteure des Gesundheitswesens verwalten sich ansonsten selbstständig, erheben zum Beispiel die Beiträge und schließen Verträge miteinander.
Viertens gilt das Solidaritätsprinzip. Das haben wir bereits oben erläutert. Es bedeutet, dass alle zusammen das persönliche Risiko eines Einzelnen tragen.
Staat, Ausschuss, Verbände
An oberster Stelle des deutschen Gesundheitssystems steht die Politik, denn das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gibt den Rahmen für Versicherer, Leistungserbringer und des ganzen Systems vor.
Darunter ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) angesiedelt. In ihm entscheiden Vertreter verschiedener Leistungserbringergruppen (Ärzte, Physiotherapeuten etc.), der gesetzlichen Krankenkassen, der Krankenhäuser und der Patienten über die Leistungsmerkmale der gesetzlichen Krankenversicherung; kurzum über die Frage, welche Leistungen die Kasse bezahlt. Zusätzlich hat dieser Ausschuss die Aufgabe, die Versorgungsqualität sicherzustellen.
Die verschiedenen Leistungserbringer sowie Krankenhäuser des Gesundheitssystems werden durch Verbände vertreten, die ihre Ziele durchsetzen und Verträge mit den Krankenkassen abschließen. Das findet in beiderseitigem Interesse statt, denn die Krankenkassen haben die Aufgabe die Versorgung sicherzustellen und verwalten letztlich das Geld des Gesundheitswesens.
Tücken des Gesundheitssystems
Gesetzliche Krankenkassen haben sich an die Rahmenbedingungen zu halten und leisten in den meisten Belangen die gleichen Leistungen für Erkrankte. Das System, welches dahintersteht, ist komplex und unübersichtlich. Für Versicherte kann das Nachteile mit sich bringen.
So brauchen etwa moderne Behandlungsverfahren relativ lange, bis sie von den Krankenkassen anerkannt und ihre Kosten übernommen werden. Auch sind inzwischen Zuzahlungen bei Zahnbehandlungen üblich, denn übernommen werden nur Regelversorgungen. Ferner ist die Wahl besonderer Versicherungsleistungen nur mit einem Abschluss von kostenpflichtigen Zusatzversicherungen möglich. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen sind nämlich für jeden, auf diese Weise versicherten, gleich.
In Deutschland gibt es sowohl gesetzliche als auch private Krankenversicherungen. Für Ärzte sind besonders letztere reizvoll, denn die Patienten zahlen privat und direkt und sind für außergewöhnlichere Behandlungen zugänglicher. Der Eintritt in eine private Krankenversicherung erfolgt in der Regel freiwillig, ausgenommen sind bestimmte Gruppen wie Beamte, die sich berufsbedingt privat versichern müssen. 2014 waren etwa elf Prozent der Versicherten privat versichert. Das Solidaritätsprinzip wird damit auf mehrere Bevölkerungsgruppen aufgeteilt und damit gewissermaßen torpediert. Die Leidtragenden sind Geringverdiener, denen keine Alternative zur gesetzlichen Versicherung offensteht.
Kritiker des Zwei-Klassen-Systems gehen sogar so weit und behaupten, dass Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse aufgrund der schlechteren Versorgung und langer Wartezeiten weniger lange leben. Zwar stimmt es, dass Mitglieder einer privaten Krankenkasse im Schnitt etwa fünf Jahre länger leben, als der Durchschnitt der Bevölkerung; das kann aber auch an Faktoren liegen, die mit der Versicherung direkt nichts zu tun haben. Es könnte beispielsweise sein, dass die privat Versicherte sich im Schnitt etwa gesünder ernähren, mehr Sport treiben oder aufgrund anderer Faktoren einfach seltener krank werden. Dass das Zwei-Klassen-System selbst die Menschen „krank mache“, ist zumindest eine gewagte Behauptung.
Eine Ungleichbehandlung der Kranken könnte vermutlich nur verhindert werden, wenn es keine privaten Versicherungsangebote gäbe. In der Schweiz ist das der Fall. Dort zahlt jeder Bürger gleich viel für die gleichen Leistungen.
Das deutsche Gesundheitssystem liegt kostentechnisch, im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, über dem von Dänemark, unter dem der USA, und insgesamt über dem OECD-Durchschnitt (Stand 2013). Damit ist es im Vergleich relativ teuer.
Welche Art Gesundheitssystem findet Ihr persönlich am besten? Mit welchem werden Kranken am besten abgesichert und möglichst gleich – wortwörtlich genommen – behandelt?
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Bild: Pixabay; CC0 1.0
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